Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkel wie der Tod

Dunkel wie der Tod

Titel: Dunkel wie der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.B. RYAN
Vom Netzwerk:
dürfen – mit ihrem kleinen rosa Schirm ihre neu erlernten Walzerschwünge unter dem Schutz einer riesigen Eiche.
    Im Laufe von Nells Erzählung war Will noch blasser als zuvor geworden, alle Farbe war ihm aus dem Gesicht gewichen, bis es nun im silbrigen Licht unter dem Schirm wie knochenbleich schimmerte. Schweigend und mit ernster Miene hatte er ihr zugehört und sie nur manchmal unterbrochen, damit sie irgendetwas ausführlicher darlege – meist eines der eher unschönen Details, die sie lieber übergangen hätte.
    â€žNein, niemand weiß davon“, bestätigte Nell. „Wem hätte ich es auch sagen sollen?“ Trotz ihrer Drohungen Harry gegenüber war das nie in Betracht gekommen.
    â€žDer Polizei vielleicht?“, meinte er. „Nicht dass ich meinen Bruder unbedingt im Gefängnis sehen wollte – ich glaube zudem, dass es der Absinth war, der ihn an jenem Abend dazu getrieben hat, sich so zu verhalten –, aber an Ihrer Stelle hätte ich ihn angezeigt.“
    Nell konnte nicht anders – sie musste lachen. „Ihr Vater hätte schon dafür gesorgt, dass ich damit nicht weit gekommen wäre, Will! Das wissen Sie ganz genau. Vergessen Sie nicht, dass es passiert ist, bevor er zu dem Schluss kam, Harry nicht länger alles nachzusehen. Leo Thorpe hätte dem Polizeipräsidenten einen hübschen dicken Umschlag zukommen lassen, und damit wäre die Sache erledigt gewesen.“
    â€žUnd was ist mit dem Konstabler von der Wache in Williams Court, mit dem Sie sich so gut verstanden haben? Bulliger Ire, wuchtiger Schädel …“
    â€žColin Cook? Er ist nicht mehr in Williams Court. Kurz nachdem wir von Falconwood zurückkamen, traf ich ihn zufällig in der Stadtbibliothek – er ist zur Kriminalbehörde in der City Hall befördert worden. Wie er meint, habe Polizeipräsident Kurtz ihm diese Ehre nur zuteilwerden lassen, um sich bei den Iren einzuschmeicheln.“ Sie legte sich beide Hände an den Mund und rief: „Bleib da, wo ich dich sehen kann, Gracie!“
    â€žSie hätten dennoch zu ihm gehen können“, befand Will. „Vielleicht hätte er …“
    â€žStadtrat Thorpe davon abhalten können, die Wahrheit unter einem Haufen Dollarnoten zu begraben? Mal angenommen, es wäre ihm gelungen – was dann?“
    â€žNun ja, Harry wäre dann endlich einmal zur Verantwortung gezogen worden.“
    â€žUnd Ihre Mutter hätte der Tatsache entgegensehen müssen, dass einer ihrer Söhne – einer der beiden, die ihr noch geblieben sind, wohlgemerkt – zu solch einer Barbarei fähig ist.“
    â€žAch ja“, seufzte Will, „stets um das Wohl von Lady Viola besorgt.“
    â€žWeil sie vor vier Jahren um mein Wohl besorgt war“, stellte Nell nachdrücklich klar. „Sie hat mich aus meinem recht bescheidenen Dasein auf Cape Cod herausgeholt und mir das Leben geschenkt, das ich nun hier führe. Es wäre noch eine Untertreibung, wenn ich sagte, dass ich in ihrer Schuld stehe und ihr zutiefst dankbar bin.“
    Er sah beiseite, seine Haltung angespannt.
    In etwas versöhnlicherem Ton fuhr sie fort: „Will, ich verstehe den Groll, den Sie für Ihre Mutter empfinden, weil Sie als Kind nach England geschickt wurden und dort von Ihrer Familie getrennt aufwuchsen – wenngleich ich mir wünschen würde, dass Sie ihr vergeben könnten. Aber was mich angeht … zu mir war Ihre Mutter stets gut, liebenswürdig und großzügig. Und sie hat schon so viel durchmachen müssen. Es könnte sie umbringen, die Wahrheit über Harry zu erfahren.“
    Will lachte kurz und bitter. „So leicht ist meine Mutter nicht unterzukriegen.“
    â€žIch habe dabei auch nicht nur an sie gedacht“, gestand Nell, „sondern auch an mich selbst. Hätte ich Harry angezeigt, würde ich gewiss meine Stelle verloren haben.“
    â€žUnd Gracie.“
    Nell nickte und blickte zu Boden. Dass Will Vater des Kindes war, das sie mittlerweile schon als das ihre betrachtete, schien sie enger aneinanderzubinden – eine merkwürdige Beziehung, für die es keinen Namen gab.
    Und keine Regeln.
    â€žNachdem Sie Harry an den Stuhl gefesselt hatten, sind Sie also einfach so davongegangen“, meinte Will, „und haben diesen höchst unerfreulichen Zwischenfall seitdem aus Ihren Gedanken verbannt?“
    Eine plötzliche

Weitere Kostenlose Bücher