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Dunkel wie der Tod

Dunkel wie der Tod

Titel: Dunkel wie der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.B. RYAN
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geraten.“
    â€žSie haben sich aber wieder rechtzeitig in den Griff bekommen“, erwiderte Will.
    â€žNun ja … gerade so. Es war sehr knapp.“
    â€žAm besten ist es, wenn man sich gar nicht erst aus der Ruhe bringen lässt oder die Kontrolle über sich verliert“, meinte er. „Sobald uns Gefahr droht, beginnt unser Herz zu rasen. Wir fangen an zu zittern, atmen schneller, der Schweiß bricht uns aus. Die Kunst besteht darin, die Angstreflexe des Körpers zu überwinden. Sie müssen Ihre Gedanken loslösen von dem, was Ihnen gerade geschieht. Denken Sie über sich selbst hinaus – am besten schon dann, bevor Sie tatsächlich in Gefahr sind.“
    â€žDenken Sie über sich selbst hinaus?“, wiederholte sie skeptisch.
    â€žEs ist schwer in Worte zu fassen, aber so stelle ich es mir vor – als wäre man nur Zuschauer dessen, was passiert, als selbst daran beteiligt. Es hilft mir, klar zu denken, die Schritte meines Gegners vorherzusehen, meine besten Treffer zu landen.“
    â€žMit etwas Glück werde ich mich nie wieder in einer solchen Lage befinden.“
    â€žWenn Sie das allein Ihrem Glück überlassen, wäre ich mir da nicht so sicher.“
    â€žSie wissen, dass ich mich nicht allein auf mein Glück verlassen werde“, erwiderte sie. „Ich sagte bereits, dass ich es fortan vermeiden werde, mit Harry allein zu sein.“
    Will schaute zu Gracie hinüber, rieb sich nachdenklich den Nacken. „Ich weiß, was Sie von ihm halten, aber hätten Sie ihn vor dem Krieg gekannt, als er einfach nur einer von diesen sorglosen Jungs war … Natürlich war er immer schon sehr lebenslustig, aber er war kein schlechter Kerl. Der Tod unseres Bruders Robbie hat ihn sehr mitgenommen. Danach hat er sich verändert – er wurde nicht nur maßlos selbstsüchtig, sondern auch selbstzerstörerisch. So, wie er den Absinth in sich hineinschüttet, könnte er sich ebenso gut regelmäßige Dosen Arsen zuführen oder eine Schlinge um den Hals legen, die sich langsam zuzieht …“
    â€žFalls Sie meinen, ich würde nun Mitleid mit ihm empfinden, obwohl er mich …“
    â€žDu liebe Güte, nein! Natürlich nicht. Was er Ihnen angetan hat, ist unverzeihlich.“
    â€žUnd dennoch versuchen Sie, ihn zu entschuldigen“, stellte sie fest.
    Daraufhin schaute Will sie einen langen Augenblick an, während über ihnen der Regen immer noch stetig auf die straff gespannte schwarze Seide des Schirms trommelte. Schließlich breitete sich ein feines Lächeln über sein Gesicht. „Ich meinte es ernst, als ich gestern Abend sagte, ich hätte Sie vermisst.“
    Haben Sie mich vermisst? Da sie nicht wollte, dass er sie das erneut fragte, sagte sie rasch: „Alle Welt sucht ständig nach Entschuldigungen für Harry. So wird er sich nie für seine Sünden verantworten müssen.“
    â€žDa wäre ich mir an Ihrer Stelle nicht so sicher.“ Bevor sie ihn fragen konnte, was er damit meine, fuhr er auch schon fort: „Harry hat sich zwar etliche Fehltritte geleistet, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er irgendetwas mit dem Verschwinden von Bridie Sullivan zu tun hat.“
    â€žJa, weil er Ihr Bruder ist.“ Wie konnten zwei Männer, die dieselbe Mutter hatten, nur so grundverschieden sein? Nell fand, dass Wills Loyalität zwar für ihn sprach, hier jedoch völlig unangebracht war. Was bedurfte es noch, damit er sich endlich eingestehen würde, wie Harry wirklich war? „Bridie hatte Harry auf lange Sicht erpresst. Sobald er von Virgil erfahren hatte, war er jedoch nicht mehr bereit, auf ihre Forderungen einzugehen, würde aber auch nicht riskieren wollen, dass sie ihn bei seinem Vater anschwärzte, der ihn dann gewiss enterbt hätte.“
    â€žWas glauben Sie denn, was Harry ihr angetan hat?“
    â€žIch weiß nicht, ob er ihr etwas getan hat, aber ich kann die Möglichkeit nicht außer Betracht lassen, nur weil er Ihr Bruder ist. Mir ist bewusst, dass Sie ihn lediglich für unreif halten – oder dem Absinth die Schuld geben –, aber ich glaube nun einmal, dass es Böses auf dieser Welt gibt, dass manche Menschen das Böse in sich tragen und Harry einer von diesen Menschen ist. Der Umstand, dass er Absinthtrinker ist, macht seine Schuld nur noch wahrscheinlicher. Es tut mir leid, Will, aber ich bin es Ihrer Mutter

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