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Dunkel

Dunkel

Titel: Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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schwarz. Sie pafften Zigaretten und stampften wegen der Kälte mit den Füßen. »Ich bleib' nicht mehr viel länger«, sagte der farbige Junge.
    »Ist viel zu kalt.« Sein Name war Wesley, und er hatte wegen Taschendiebstahl Bewährung.
    »Sei ruhig und warte noch. Wird nicht mehr lange dauern«, entgegnete einer seiner Gefährten. Sein Name war Vincent und er war auf Bewährung, nachdem er seinen Stiefvater beinahe umgebracht hätte.
    »Ich weiß nich', is' spät«, sagte der dritte Jugendliche. »Glaub' nich', daß jemand kommen wird.« Sein Name war Ed und seine Freunde glaubten, dies sei die Abkürzung für Edward, aber tatsächlich war es die Kurzform von Edgar - er hatte kürzlich seine Verbrecherlehre an einer anerkannten Schule abgeschlossen.
    »Was wollt ihr denn - heimgehen?« fragte Vincent seine beiden Freude. »Habt ihr Geld für morgen abend?«
    »Nee, aber mir ist verdammt kalt«, sagte Wesley noch
    einmal.
    »Dir is' immer kalt. Vermißt die Karibik, was?«
    »War nie da. Bin doch hier geboren, in Brixton.«
    »Steckt dir im Blut. Du vermißt den verdammten Sonnenschein. Deshalb ist dein Haar auch so kraus.«
    »Laß ihn doch, Vincent«, sagte Ed, der aus der Haltestelle spähte. »Er schließt sich doch bestimmt der Front an, oder?«
    »Die werden ihn nich' nehmen. Ist doch selbst 'n Nigger.«
    »Schon - aber ich will nich', daß noch mehr von denen kommen. Vor allem diese Pakis«, protestierte Wesley. »Sind zu viele.«
    Die beiden anderen Jungen kreischten vor Freude. Die Vorstellung, daß Wesley mit der Nationalen Front marschieren und dabei ein Transparent tragen würde, auf dem stand: BRITANNIEN BLEIBT WEISS, war zuviel. Wesley war zu verblüfft über ihr Gelächter, um beleidigt zu sein. Bald lachte er mit ihnen.
    »Ruhig, ruhig«, sagte Ed plötzlich. »Ich glaub', da kommt jemand.«
    »Ja ... Du bist dran, Ed«, flüsterte Vin. »Ich und Wes warten drüben in den Büschen.»
    »Warum immer ich?« protestierte Ed. »Du bist doch dran.«
    Vincent täschelte ihn auf die Wange, und der letzte Schag war ein bißchen heftiger als die anderen. »Du bist so hübsch, darum. Die mögen dich mehr als uns. Glauben, du seist einer von ihnen.«
    Nicht zum ersten Mal verfluchte Ed sein gutes Aussehen. Er hätte lieber ein so hartes, pockennarbiges Gesicht wie Vince gehabt und kurzes braunes Haar statt seinem blonden, das so mädchenhaft aussah. »Und was ist mit Wes?«
    »Nee, die trauen Farbigen nicht'. Glauben, das seien alles Gangster.« Er gab seinem schwarzen Freund einen spielerischen Knuff. »Is' doch richtig, Wes?«
    Wes grinste im Dunkel. »Die hab'n verdammt recht, Mann«, sagte er, wobei er den Akzent seines Vaters nachäffte.
    Vince und Wesley huschten leise aus der Haltestelle, wobei sie sich im Laufen dicht beieinander hielten. Ed wartete ruhig, nahm einen letzten Zug aus seiner Zigarette und lauschte den nahenden Schritten. Die Haltestelle war ein Lieblingsplatz für Liebespaare aller Art, und davon gab es eine Menge, seit die umliegende Arbeitergegend von Bewohnern der Mittelklasse infiltriert worden war. Ed warf den Stummel auf den Boden und nahm eine andere lose Zigarette aus einer Jeansjackentasche. Er wollte aus der Bude ins Licht treten, als er bemerkte, daß jemand kam. Es waren zwei. Er wich in den Schatten zurück.
    Das Paar ging an der Bude vorbei, jeder einen Arm eng um die Hüften des anderen geschlungen. Ed wurde klar, daß der Gestank alten Urins in der Bude jedes Pärchen abhalten würde, egal, wie notwendig sie es hatten. Er fluchte verhalten und steckte seine Hände tief in die Taschen. So spät werden jetzt keine Schwulen mehr unterwegs sein, sagte er zu sich. Aber er wußte aus Erfahrung, daß die späte Stunde für gewisse einsame Männer nichts zu bedeuten hatte, und auch nicht die Abgelegenheit der Plätze, die sie aufsuchten. Manchmal fragte sich Ed, ob sie nur deswegen rausgingen, um angegriffen zu werden. Vielleicht genossen sie das. Oder vielleicht war es eine unterbewußte Art, sich selbst für das zu bestrafen, was sie waren. Der letzte Gedanke wurden augenblicklich durch einen anderen ersetzt, der für Ed viel einleuchtender war: Vielleicht waren sie nachts einfach scharf.
    Er spähte in die Dunkelheit dorthin, wo Vince und Wes verschwunden waren. Das schwache Glühen einer nahen Laterne trug wenig dazu bei, die Schatten zu durchdringen. Er wollte ihnen etwas zurufen und stellte sich vor, daß die beiden kicherten und im Dunkel herumspielten, als er weitere

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