Dunkelerde: Gesamtausgabe
Koschna.
„Gut genug, um ihm so weit vertrauen zu können, dass er meine Schätze auf dem Rücken seiner Kamele laden darf.”
„Wie willst du ihn bezahlen, Barasch-Dorm? Mit Goldstücken, die in Wahrheit Steine sind?”
Ein müdes Lächeln flog über Barasch-Dorms Gesicht.
„Nein, gewiss nicht. Schtusska-Al-Noschass hat selbst Magier in seinen Diensten, wenn auch nur solche, die mit recht geringen Kenntnisse ausgestattet sind, aber die Gefahr, dass ein solcher Illusionszauber entdeckt würde, wäre mir zu groß. Schließlich ist Schtusska-Al-Noschass ein mächtiger Mann und sein Zorn könnte uns in große Schwierigkeiten bringen.”
„Er wird diese Karawane kaum ausrüsten, um dir einen Gefallen zu tun, Barasch-Dorm”, stellte Koschna fest.
„Gewiss nicht”, bestätigte der Magier. „Er wird am Gewinn dieser Reise beteiligt werden.”
„Mmh, das ist mir neu”, sagte Koschna. „Wie viele Teilhaber gibt es denn noch an diesem Gewinn?”
„Keine Sorge, Koschna. Für dich wird genug übrig bleiben.”
„Das will ich hoffen.”
„Du kannst dich darauf verlassen.”
„Gut.”
Bevor sich Koschna auf den Weg machte mit dem Magier, nahm er Jule und Pet beiseite. „Was ich euch schon immer mal fragen wollte, aber nie Gelegenheit dazu hatte: Wieviel wollt ihr eigentlich von dem Schatz?”
Jule und Pet wechselten einen raschen Blick.
„Gar nichts!”, antwortete Pet stellvertretend für beide. „Ich habe dir schon einmal erklärt, warum wir bei dir sind, Kapitän. Wir sind so eine Art Schutzengel, nicht mehr und auch nicht weniger. Haben wir dir das nicht auch ausreichend bewiesen?”
Koschna nickte. „Ja, das habt ihr. Aber irgendwann wird es beendet sein, dieses Abenteuer. Die Wege des Magiers werden sich von den unsrigen trennen.”
„Du fragst dich: Was dann?” Wieder wechselten Jule und Pet einen Blick. Was sollten sie sagen? Sie wollten auf jeden Fall zurückkehren nach Hause und glaubten beide, dass der Magier mit der Schriftrolle sich selber die Möglichkeit eröffnen wollte, ein Tor zur Erde zu öffnen. Auch er wollte weg von Dunkelerde. Deshalb konnte er auch vollmundig erklären, nicht am Schatz beteiligt werden zu wollen.
Und sie beide? Sie waren fest überzeugt davon, dass dies ihre einzige Gelegenheit war, die sie unbedingt nutzen mussten. Nein, sie wollten auf keinen Fall für immer auf Dunkelerde bleiben. Ganz gewiss nicht.
„Sobald unsere Aufgabe erledigt ist, wollen wir zurückkehren, aber es liegt nicht allein in unserer Macht”, erklärte Pet und war ziemlich stolz auf seine diplomatische und vor allem plausible Erklärung: „Die göttliche Macht, die uns ausgesendet hat, wird letztlich darüber entscheiden, was aus uns wird.”
„Nicht der Magier?”
„Der nur indirekt: Wir sind da, damit er dich nicht herein legt und niemals über dich und deine Leute triumphiert.”
„Ihr seid der Ausgleich der Kräfte, nicht wahr?”
„Das ist richtig.”
„Also müsst ihr mit von Bord gehen. Wir werden gemeinsam eine Menge Aufsehen erregen, so fremdartig wie wir aussehen, aber ob ihr nun dabei seid oder nicht, spielt keine große Rolle. Vielleicht sogar sehen diese abergläubischen Leute hier durch euer Beispiel, dass wir keineswegs Kinder auf dem Speiseplan haben.”
Jule lachte trocken: „Beruhigend zu wissen!”
Koschna lachte ebenfalls: „Na, wenn ich dich so sehe: Soviel zartes Fleisch hat man unterwegs kaum jemals!”
Jule zuckte erschrocken zusammen und ärgerte sich maßlos darüber, dass sie es nicht hatte verhindern können.
Koschna lachte stärker, aber es klang gutmütig: „Kommt ihr jetzt mit?”
Pet nickte und Jule tastete nach seiner Hand.
Hand in Hand liefen sie hinter Koschna drein. Es dämmerte bereits, als sie mit Koschna und Barasch-Dorm an Land gingen, um Schtusska-Al-Noschass aufzusuchen. Begleitet wurden sie zusätzlich auch noch von Palosch Übergroß und Schauron Axtmann.
Sie gingen durch die engen Gassen Kaschinirs, die auch nach Einbruch der Dämmerung noch geschäftig waren. Dabei erregten sie weit weniger Aufsehen als Koschna befürchtet hatte: Umso besser!
Überall wurden Waren feil geboten. Prächtige Sandsteinbauten schachtelten sich in Kaschinir ineinander. Es war sofort erkennbar, dass hier seit langer Zeit ein Zentrum des Handels, der Wissenschaft und der Kultur war. Darum sicher auch die Toleranz ihnen gegenüber, die sie in diesen Straßen als absolut fremdartig gelten mussten.
Der Mir von Kaschinir regierte diese Stadt
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