Dunkelheit soll dich umfangen: Thriller (German Edition)
förmlich, dass er hinter dir und Johnny zur Tür hereinkommt. Er fehlt mir so.«
»Wer?« Garrett kam mit strubbeligen Haaren und roten Augen in die Küche geschlendert.
»Jim«, antwortete Brian.
Auf einen Schlag wich alles Blut aus Garretts Gesicht, und er rieb sich mit zwei Fingern die Stirn, als hätte er starke Kopfschmerzen. »Können wir bitte über was anderes reden? Immer, wenn wir zusammen sind, kommen wir irgendwann auf Jim. Das deprimiert mich.«
»Ich muss los, Weihnachtsgeschenke einkaufen«, sagte Vanessa und stand auf.
»Puh, das ist ja noch deprimierender«, meinte Garrett. »Ich hasse Weihnachten. Diese ganze bescheuerte Musik und diese fröhlichen kleinen Elfen, die in der Mall Amok laufen …«
Vanessa lachte und drückte ihm rasch einen Kuss auf die Stirn. »Du solltest mehr schlafen und weniger feiern, Garrett. Du bist viel zu jung, um so missmutig zu sein.«
Er grinste sie halbherzig an, als Johnny zurückkam. »Ich bin fertig«, sagte der Junge. Mutter und Sohn verabschiedeten sich.
»Fahrt ihr nach Hause?«, fragte Dan, als Vanessa und Johnny durchs Wohnzimmer kamen.
»In die Mall«, antwortete Vanessa.
»Viel Spaß«, sagte er, ohne den Blick vom Fernseher zu wenden.
Im Hinausgehen dachte Vanessa, wie sehr ihr Schwiegervater sich in den letzten zwei Jahren verändert hatte. Mit Jims Tod war etwas in Dan zerbrochen. Er hatte sich von seiner Familie zurückgezogen, saß den ganzen Tag vor dem Fernseher und schaute sich Wiederholungen uralter Sitcoms an.
»Können wir heute Mittag im Crazy Ed essen?«, fragte Johnny im Auto, als sie Richtung Mall fuhren.
Das Crazy Ed hatte sich auf Kinder bis zu zwölf Jahren spezialisiert. Vanessa fand das Restaurant mit den Unmengen von Spielkonsolen und Puppentheatern schrecklich. Doch Johnny liebte es.
»Okay, aber wir bleiben nur eine Stunde und keine Minute länger.« Kinder konnten im Crazy Ed leicht die Zeit vergessen.
»Eine Stunde«, sagte er und nickte. »Glaubst du, vor Weihnachten gibt’s Schnee?«
»Laut Wetterbericht eher nicht, aber kalt genug wäre es.«
»War’s schön gestern Abend mit Mr. Connor?«
»Ja.« Sie wollte nicht an Christian denken. Später hatte sie noch genug Zeit, sich in den Hintern zu treten, weil sie mit ihm ins Bett gegangen war, ohne ihm vorher ein paar wichtige Fragen zu stellen. Aus Schaden wird man klug, dachte sie. Beim nächsten Mal würde sie ihre Fragen rechtzeitig stellen.
Trotz des dumpfen Schmerzes und der Enttäuschung, die sie beim Gedanken an Christian empfand, verlief der Tag erstaunlich unbeschwert. Die Mall war festlich geschmückt, und aus Lautsprechern erklangen Weihnachtslieder. Glocken wurden geläutet, und Kinder lachten, während einige Mütter und Verkäuferinnen kurz vor dem Nervenzusammenbruch zu sein schienen. Johnny suchte Geschenke für seine Großeltern, Onkel und Tanten aus, und als sie das Crazy Ed betraten, waren er und Vanessa mit Päckchen beladen.
Nachdem sie etwas zu essen bestellt hatten, verschwand Johnny mit einer Handvoll Spielchips in Richtung seiner Lieblingskonsole.
Ich hab’s eigentlich nicht so mit Kindern . Christians Worte hallten in Vanessas Kopf wider. Es nicht so mit Kindern haben, was sollte das eigentlich heißen? Dass er Kinder nicht ausstehen konnte? Nie hätte sie das von ihm gedacht.
Natürlich war sie nicht gerade objektiv, wenn es um Johnny ging, aber alle mochten ihren Sohn. Er war so aufgeweckt und wohlerzogen, kein bisschen altklug oder anstrengend. Das Schicksal hatte ihn um seinen Vater betrogen, und er hatte einen Stiefvater verdient, der ihn genauso lieben konnte wie ein leiblicher Vater. Wenn sie so jemanden nicht fand, würde es eben keinen Mann in ihrem Leben geben.
Als sie nach Hause kamen, war es schon nach vier. Der Anrufbeantworter blinkte nicht, Christian hatte also nicht angerufen. Nicht, dass es ihr etwas ausmachte. Nicht, dass es irgendetwas geändert hätte. Er hatte seine Position klargemacht, und die war für sie nicht akzeptabel.
Während der nächsten zwei Stunden packten Vanessa und Johnny die Weihnachtsgeschenke ein und versahen sie mit Namen. Danach ging Johnny nach oben, um an seinem neuen Bild weiterzumalen, und Vanessa schaltete den Computer ein und druckte Flyer für diverse Häuser aus.
Sie wollte etwas tun. Sie musste etwas tun, um nicht die ganze Zeit an Christian Connor zu denken. Trotz seiner Eröffnung bereute sie die Stunden, die sie in seinen Armen verbracht hatte, nicht. Diese Nacht hatte sie daran
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