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Dunkelkammer: Frank Wallerts erster Fall (German Edition)

Dunkelkammer: Frank Wallerts erster Fall (German Edition)

Titel: Dunkelkammer: Frank Wallerts erster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Jahn-Nottebohm
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hätte aber sowieso keine Chance, ihre Eltern zu erreichen. Sie hatte wegen solcher Sachen noch nie Schwierigkeiten bekommen. Auf dem letzten Zeugnis standen zwar 73 unentschuldigte Fehlstunden, aber ihre Eltern hatten das Zeugnis wohl gar nicht angesehen, denn es lag länger als eine Woche auf ihrem Schreibtisch, ohne dass es unterschrieben worden wäre. Zuletzt hatte sie einen ganzen Abend darauf verwendet, die Unterschrift ihrer Mutter, die einfacher war als die ihres Vaters, zu üben und das Zeugnis selbst unterschrieben. Das war niemandem aufgefallen. Ihr Blick fiel zufällig auf den großen Spiegel an der Tür ihres Schrankes. Langsam zog sie ihr Pyjama-Oberteil über den Kopf, dann streifte sie die Hose ab. Sie stellte sich vor den Spiegel, der sie jetzt in Lebensgröße zeigte, und betrachte sich. Ein Lächeln ging über ihr Gesicht, als sie mit den Händen die Linien ihres Körpers nachzeichnete. Sie hob die Arme über den Kopf, führte dort ihre Hände zusammen, stellte ihr rechtes Bein angewinkelt auf die Zehen und drehte sich auf dem rechten Fußballen nach links, ohne ihr Spiegelbild aus den Augen zu lassen. Dabei streckte sie den Oberkörper und war sehr zufrieden mit dem, was sie sah.
    Ich bin schön
, dachte sie,
mindestens die Schönste in der Klasse
.
    Sehr gut gelaunt und tänzelnd ging sie ins Badezimmer, um sich auf ihren großen Tag vorzubereiten.
    ***
    Rainer Kirchhoff saß an seinem Schreibtisch. Es war fast zwölf Uhr. Er hatte gleich noch eine Freistunde und musste dann für eine Stunde Gesellschaftslehre in die 10A. Dann war Wochenende. Normalerweise war er froh, wenn die Woche so weit fortgeschritten war. Heute nicht. Er fühlte sich nicht wohl in seiner Haut. Nach dem Gespräch gestern mit Herrn Weingerber und seiner Tochter – Alexandra hatte nochmal mit ihren Worten bestätigt, was ihr Vater ihm schon erzählt hatte – war der Lehrer ins Grübeln geraten. Heute fehlte Steffie. Dabei hatte er sich vorgenommen, mit ihr zu reden. Der obligatorische Anruf-Versuch bei Wiberts hatte erwartungsgemäß keinen Erfolg, und so konnte er das Versprechen, das er Alex gegenüber abgegeben hatte, nämlich sich noch heute um die Sache zu kümmern, nicht einlösen. Das machte ihn äußerst unzufrieden, und deshalb konnte er sich nur wenig auf das Wochenende freuen. Er drehte sich mit dem Stuhl nach links und schaute aus dem Fenster. Gerade tobte die 7A mit einer Sportlehrerin über den Schulhof. Am Ende der ausgelassenen Horde stolzierten zwei Mädchen, die keine Sportkleidung trugen, in einigen Metern Abstand hinterher und unterhielten sich.
    Das ist es
, schoss es Herrn Kirchhoff durch den Kopf.
    Er sprang von seinem Stuhl, riss die Tür auf und rannte die Treppen hinunter Richtung Schulhof, um die beiden Mädchen abzufangen.
    ***
    Steffie war bereits im Forum, wo sie sich für vierzehn Uhr mit Robert verabredet hatte. Ziellos streifte sie umher und ging von einem Schaufenster zum anderen. Bald stellte sie aber fest, dass sie sich eigentlich nicht wirklich etwas ansehen wollte. Sie fuhr mit der Rolltreppe nach oben. Stolz bemerkte sie, dass viele Leute sie anschauten, viele Männer blickten ihr sogar hinterher. Sie sah an sich herab und als sie oben an der Rolltreppe angelangt war, betrachtete sie sich im Vorübergehen in einem Schaufenster. Sie trug das hellblaue bauchfreie Top, obwohl es – zugegebenermaßen – draußen etwas kalt war, und dazu einen sehr kurzen, leicht ausgestellten Rock in gleicher Farbe. Sie hatte sich heute Morgen gegen Strümpfe bzw. Strumpfhose entschieden, da sie sonst die blauen Sandaletten nicht hätte anziehen können – das hätte nicht gepasst! Sie gefiel sich ausgesprochen gut, und um das Ganze noch zu toppen, hatte sie sich an den Kosmetiksachen ihrer Mutter vergriffen und geschminkt. Ihre Augenlider waren schwarz und ihre Lippen dunkelrot, umgeben von einem dünnen schwarzen Rand.
    Sie lief nach Schaulandt hinein und schaute sich ausgiebig unter den Neuerscheinungen bei den CDs um. Da waren ein paar ganz tolle Sachen dabei, die sie sich bald würde leisten können, denn Robert hatte ihr wieder 50€ versprochen.
    „Mindestens 50!“, hatte er gesagt. „Vielleicht werden es auch hundert, wenn du am Freitag besonders gut bist!“
    Sie würde heute besonders gut sein, das hatte sie sich vorgenommen! Als sie aus der Tür des Ladens kam, sah sie einen freien Tisch im Eiscafé nebenan. Sie beschleunigte ihren Schritt und setzte sich, als sie den Tisch erreicht hatte.

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