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Dunkelmond

Dunkelmond

Titel: Dunkelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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Schreckenslaut hatte von sich geben können.
    Mehtid war wie von Sinnen. Bevor Sanara ihn zurückhalten konnte, war er schon an ihr vorbei und packte die Ranke, die sich um den Hals des Webers gewickelt hatte. Er zerrte daran, als könne er allein Jarondin aus den Klauen der Soldaten befreien.
    Zuerst starrten die Soldaten überrascht auf den mageren Halbwüchsigen, doch sie fingen sich rasch. Während der Hauptmann Mehtid im Nacken packte wie eine wildgewordene Katze, beschwor einer seiner Männer eine weitere Ranke, fast so dick wie Mehtids Unterarm. Der Weber, der dadurch Zeit hatte, um zu Atem zu kommen, sank in sich zusammen.
    Einen Augenblick später erfasste die Ranke den Jungen und schlang sich um seinen mageren Körper.
    Nur wenige Menschen standen um Sanara und die Soldaten herum; die meisten hatten zu viel Angst. Angst vor dem, was die Soldaten vielleicht mit ihnen tun würden, wenn sie sich nicht zurückhielten, Angst, selbst die Kraft zu verlieren. Die Wenigen, die in der Nähe ausgeharrt hatten, wichen noch weiter zurück.
    Auch Sanara schloss kurz die Augen. Die Furcht vor den goldenen Zauberkräften kroch ihr wie ein eisiges Insekt zwischen den Schulterblättern hinab und überwältigte sie beinahe. Doch dann hörte sie, wie Mehtid verzweifelt nach Luft rang, während sich die Ranke immer fester um ihn schloss.
    Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte sie, die Stimme ihres Bruders zu hören.
    Wut, kleine Schwester. Suche die Wut in dir, und lass sie die Flamme schüren, die in dir brennt, wenn sie dich benutzen und dir deine Kraft nehmen wollen. Dann kannst du ihnen trotzen, denn damit rechnen sie nicht.
    Sie war frei und kein Elb würde sie vom Gegenteil überzeugen können, trotz der Angst, die sie allenthalben verbreiteten.
    Sie straffte sich, trat festen Schrittes neben den Hauptmann und sprach ihn an.
    »Herr! Mendaron, bitte!«
    Der Elb drehte sich nicht einmal um. »Was willst du?«
    »Lasst ihn gehen! Er ist doch noch ein Kind und weiß nicht, was er tut!«
    Der Hauptmann richtete seinen Blick nun zögerlich auf Sanara. Er war gut einen Kopf größer als sie, und als Sanara in die eisfarbenen Augen schaute, deren Pupillen so fremd wirkten, wäre sie beinahe zurückgewichen. Doch sie riss sich zusammen. Mit dieser Arroganz, dieser Überheblichkeit, hatte sie schon einmal ein Elb angesehen.
    Doch sie war ein Mensch und frei. Damals wie heute.
    »Er ist ein Kind«, wiederholte sie hartnäckig und brachte sogar einen Knicks zustande, um dem Hauptmann ihren Respekt zu bezeugen. »Er sah seinen Bruder von der Hand eines der Euren sterben, als er klein war. Verzeiht ihm die Trauer!«
    Die Mundwinkel des Hauptmanns zuckten. Er wandte sich ab und gab einem seiner Männer ein Zeichen.
    Zu Sanaras Entsetzen war Mehtid einen Wimpernschlag später von einem schimmernden Wasserwirbel eingehüllt.
    »Wie könnt Ihr so grausam sein!«, schrie sie auf und wollte nach vorne stürzen, um Mehtid aus dem Wirbel herauszuziehen. Doch der Hauptmann hielt sie grob zurück.
    »Die Order kommt vom Heermeister selbst!«, knurrte er. »Niemand mit einem Zeichen des Akusu darf seine dunkle Magie vor ihm oder seinem Bruder, dem König, verbergen – oder er wird bestraft!«
    »Der Heerführer ist Bruder des Königs und ein grausamer Mann!«, schrie Sanara wütend.
    »Er ist ein Herr des Lebens und hasst den Tod! Und wer die dunklen Zauber ausübt, ohne es zu melden, dient dem Tod!«
    Der Mann verstärkte seinen Griff und zog Sanara noch ein Stück von Mehtid und seinen Männern fort. Sie spürte, wie sich die Wärme ihres Blutes durch die Stelle, an der er ihren Oberarm umklammert hielt, davonstahl. Ihre Knie wurden weich.
    Er nahm ihr die Kraft.
    »Das dürft Ihr nicht!«, schrie sie wieder. Doch es hatte nur zur Folge, dass noch mehr Kraft aus ihr in den Hauptmann verschwand. Das Blut, das ihren rechten Oberarm durchströmte, schien zu erkalten und diese Kälte mit in den Rest ihres Körpers zu nehmen.
    Sanara konnte sehen, dass Mehtids Lippen sich in dem eisigen Wasser, das wieder und wieder um ihn herumfloss, bläulich färbten.
    Sie schloss die Augen.
    Bevor sie wusste, was sie tat, hatte sie in den Strudel, der Mehtid umgab, hineingegriffen und hielt den Jungen an der Schulter fest. Einen Wimpernschlag später war ihr Ärmel durchnässt, denn ein Schwall eisigen Wassers hatte von Mehtid auf sie übergegriffen. Ihre dünne Bluse klebte wie eine zweite Haut an ihrem Oberkörper. Der Hauptmann lachte spöttisch, als

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