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Dunkelmond

Dunkelmond

Titel: Dunkelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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Telarions Bewusstsein das Leben vorbei, das sich in den Wäldern ausgebreitet hatte, doch gegenwärtig wirkte der sonst so lebendige Wald so tot wie die Wüste von Solife. Kein Geräusch war zu hören. Kein Rascheln erklang zwischen den Zweigen, kein Vogel sang.
    Nur die Melodien und die angenehme Stimme des Musikanten, der wie der Schmied die Hitze sichtlich genoss, waren zu hören.
    Telarion verdrängte die ungute Stimmung und machte sich auf zu seinem Bruder. Der König besaß nur wenig von der Lebensmagie, die sein Zwilling selbst im Überfluss von Vanar erhalten hatte. Doch vielleicht spürte auch er, dass etwas nicht in Ordnung war. Der Heermeister warf im Vorbeigehen einen misstrauischen Blick auf den Schmied und den Musikanten, dann begab er sich ohne Umweg zum ethandin seines Bruders.
    Die Wachen, die auf den breiten Wurzeln eines Lokantabaums neben dem Eingang des Königszelts fast eingeschlafen waren, sprangen auf, als der Heermeister herantrat.
    Telarion achtete nicht auf sie. Erst als einer der Soldaten ihm in den Weg trat, blieb er stehen und betrachtete den Mann unwillig.
    »Herr, der König befahl, ihn nicht zu stören«, stotterte der Soldat und stand mit geneigtem Kopf vor ihm. Er wagte nicht, seinen Heerführer anzusehen.
    Telarion schwieg kurz, dann erwiderte er: »Ich nehme es zur Kenntnis.« Er schob den Mann beiseite und betrat den Innenraum des ethandin , wo es angenehm dämmrig und kühl war. Nur ein paar goldene und silberne Laternen hingen an den Pfählen, die die schwere, dunkelblaue Zeltplane stützten.
    »Tarind?«
    Er hörte leise Geräusche, die hinter einem kostbaren Wandschirm hervorklangen, hinter dem, wie Telarion wusste, TarindsSchlaflager lag. Der Wandschirm war aus leichtem, nahezu weißem Eisholz, das leuchtend blau bemalt war und auf das mit Blattgold und -silber Wasserlilien appliziert worden waren. Jemand unterdrückte ein Stöhnen, dann raschelten Seidenlaken.
    Ärgerlich warf Telarion die Pergamentrolle auf den Tisch, auf dem Landkarten und Schreibzeug unordentlich übereinanderlagen. Er erhob seine Stimme und legte seine Autorität als Heermeister hinein.
    »Mein König, ich komme mit beunruhigenden Nachrichten, von denen Ihr wissen solltet.«
    Es dauerte ein paar Augenblicke, bis der Wandschirm ein wenig beiseitegeschoben wurde und Tarind erschien. Er hatte sich hastig ein weißes Hemd übergestreift, doch während der Heermeister sein gewickeltes Hemd ordentlich mit einer Schärpe gebunden hatte, hing dem König das seine nun unordentlich über der Hose. Der bei den Elben sonst übliche Knoten im hüftlangen Haar Tarinds fehlte, sodass ihm die rabenschwarzen Haare über die Schläfe ins Gesicht fielen.
    Telarion nahm die Schriftrolle, die er gerade auf den Tisch geworfen hatte, auf und reichte sie Tarind. Seiner Stimme war nicht anzuhören, dass er das Verhalten seines Bruders missbilligte. Doch der Blick, der am König vorbei auf den Wandschirm fiel, sprach von seinem Unmut.
    »Es ist ein Schreiben deiner Königin. Der Bote brachte es zu mir, denn man teilte ihm mit, dass du nicht gestört werden willst.«
    Tarind warf dem nur geringfügig jüngeren Zwilling einen belustigten Blick zu, doch er nahm die Rolle entgegen und ließ sich in einen der Sessel fallen, die den Tisch umstanden. Kaum hatte er ein paar Zeilen gelesen, warf er seinem Bruder einen finsteren Blick zu.
    »Ireti hat mehrere Spione des Zaranthen in der Stadt entdeckt«, sagte er ernst. »Und darunter war auch eine Frau, deren Macht über das Feuer einen meiner Soldaten seine Wassermagie kostete. Sie versuchten, einen Aufstand anzuzetteln, doch ein Hauptmannnamens Brynjar konnte die Rädelsführer gefangen nehmen und ihren Unterschlupf ausräuchern. Wir müssen in die Hauptstadt zurück.«
    Telarion antwortete nicht. Stattdessen ging er zum Schlaflager seines Bruders, schob den Wandschirm beiseite und sah auf die junge Frau, die dort in den Fellen und Kissen lag und versuchte, keinen Laut von sich zu geben. Ihr hochgestecktes, rotbraunes Haar hatte sich teilweise gelöst und hing in unordentlichen Locken in die Stirn. Sie erbleichte, als der abfällige Blick des Heermeisters sie traf, raffte eine Decke an sich und bedeckte damit notdürftig ihre Blöße.
    »Deine Dienste werden heute nicht mehr benötigt.«
    Das Mädchen wechselte angesichts der Verachtung in der Stimme des Heermeisters die Farbe. Mit geröteten Wangen schlang es die Decke enger um sich, während es nach seinem Kleid Ausschau

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