Dunkelmond
gehorsam, und sie trug schwer an der Verachtung, die ihr dafür nicht zuletzt von Eurem Bruder, aber auch von Euch und ihren Gefährten entgegenschlug«, widersprach Sinan. »Sie ertrug es trotzdem, Eurem Bruder zu Willen zu sein, weil sie wusste, dass Ihr uns alle strafen würdet, wenn sie es nicht täte. Dafür gebührt ihr Respekt. Doch nun ist ihre Seele gegangen, weil sie in dem Körper, den der König mit eisigem Wasser durchspülte, nicht mehr leben kann.«
Telarion stutzte und starrte Sinan verblüfft an. »Deshalb also bist du wirklich hier«, sagte er leise. »Sie ist die, um die es dir wirklich geht.«
Sinan hielt den Blick gesenkt. Es reichte, dass er vor dem Elb immer noch kniete, als sei dieser einer der vier Schöpfergeister. Der Heermeister musste nicht auch noch sehen, dass Sinan bei seiner Feststellung errötet war.
Als Sinan widersprechen wollte, schnitt Telarion Norandar ihm das Wort ab. »Kein Wunder, dass du das verheimlicht hast, als du hier hereinkamst. Sie ging gestern nicht hinten aus dem ethandin meines Bruders, du und dieser Musikant, ihr habt sie gesehen. Deshalb haben du und vielleicht sogar der Geschichtenerzähler das Erdbeben ausgelöst – du warst eifersüchtig! Und deshalb hat dein Gehilfe meinen Bruder verbrannt!«
Aufgeregt schritt der Heermeister ein paar Schritte in seinem Zelt auf und ab.
»Deine Unehrlichkeit, Schmied, widert mich an! Wie dumm ich doch war! Ich habe mich von meinem Schwur, das Leben zu respektieren und es zu schützen, egal, wer es in sich hat, davon abhalten lassen, dich und deine Spießgesellen so zu behandeln, wie ihr es verdient – als die Sklaven, die ihr seid!«, stieß er hervor und ballte die Fäuste.
Schließlich nahm er einen Becher vom Tisch und schleuderte ihn durch den Raum.
Sinan schwieg. Er wollte den Zorn des Heermeisters ertragen, wenn dieser sich nur darauf besann, was als Heiler seine Aufgabe war.
Doch Telarion Norandars Zorn war zu groß. »Was bist du wirklich?«, verlangte er von Sinan zu wissen. »Ein Spion des Zaranthen, geschickt, um mich und unser Heer zu schwächen? So, wie diese Schankdirne, die die Königin in der Stadt gefangen hat und die versuchte, einen Aufstand anzuzetteln? Ihr Menschen seid alle gleich, ihr könnt nur vernichten. Ihre Feuermagie reichte aus, um die Wassermagie eines meiner Männer auszubrennen, so, wie deine Kraft wohl reichte, mein Heer zu verwunden, und wie dein Gehilfe meinen Bruder verletzte!«
Sinan zuckte zusammen, als der Fürst erwähnte, dass ein Schankmädchen über eine so große Feuerkraft verfüge. Er hob zum ersten Mal den Blick zum Heermeister.
Es gab nur wenige, die so viel Magie besaßen, dass sie einen Elben besiegen konnten, und Sinan kannte trotz der Jahre, dieer in Bandothi gelebt hatte, dort nur eine Dunkelmagierin, die imstande gewesen wäre, das zu tun: Sanara.
Hatte die Königin wirklich seine Schwester gefangen?
Er vergaß, dass er sich vorgenommen hatte, Berennis zuliebe jeden Vorwurf und jede Strafe auf sich zu nehmen, die der Heermeister über ihn zu verhängen beliebte.
Er sprang auf und wollte mit der Faust ausholen, doch der Hauptmann des Heerführers war schneller. Er griff nach seinem Handgelenk und drehte es so hart und fest auf den Rücken, dass Sinan vor Schmerz aufstöhnte und wieder in die Knie ging. Auch Gomaran ließ ein leises Ächzen hören, denn Sinans glühende Wut konnte er so nicht unterdrücken. Für den Hauptmann war es wohl, als umklammerten seine Finger ein glimmendes Holzscheit. Doch Gomaran ließ nicht locker.
Telarion Norandar sank auf ein Knie, um Sinan ins Gesicht schauen zu können. Seine grünen Augen funkelten hasserfüllt.
»Ich lasse nicht zu, dass ein Dunkelmagier mich gegen meinen Willen berührt und meine Magie beschmutzt«, sagte er. »Genauso wenig, wie ich zulassen werde, dass diese Feuerhexe, die du offenbar kennst, meinem Volk weiterhin schadet. Seid ihr beide Spione des Zaranthen?«
Sinan versuchte, sich aus dem erbarmungslosen Griff von Hauptmann Gomaran zu befreien, doch es war vergeblich. Er stöhnte wieder auf, bevor er antwortete. »Nicht jeder, der die Magie des Dunklen Mondes in sich trägt, will Euch schaden! Ys und Syth schufen die Menschen und die Elben gleich! Wenn Ihr und Euer Bruder diesen Willen der Ys anerkennen würdet, könnte es Frieden geben!«
Der Heermeister schüttelte langsam den Kopf. »Nein. Die Schöpfergeister gaben uns das Leben und euch den Tod. Schon allein diese Entscheidung macht deutlich,
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