Dunkle Begierde 2
ganz langsam
auf die am Boden liegende Kathrin zu.
Er
zitterte am ganzen Körper und jeder Schritt kam ihm unmöglich schwer vor, so,
als hätte er an jedem Bein eine Kugel von mehreren Hundert Kilo zu schleppen. Dann
war er genau über ihr.
Er
schaute sie an. Angstschweiß überkam ihn. Sie schien zu atmen. Er erschrak, da
sie auf einmal ihre Augen öffnete. Er konnte sie nur ungläubig anschauen. Ihre
Augen glänzten. Das Blau der Iris überstrahlte die Trauer in ihrem Gesicht.
Kleine
glänzende Tränen flossen ihre hübschen Augen hinunter. Und Thomas war sich
sicher zu sehen, dass sie auf ihrem Weg entlang des Gesichts zu Eis gefroren.
Ihr Gesicht strahlte nur noch Ratlosigkeit aus. Und dann begann sie zu
sprechen, mit ganz schwacher und verzweifelter Stimme sagte sie: „Warum? Ich
habe Papa nichts gesagt …“, dann schloss sie ihre Augen. Thomas konnte keinen
Atem mehr in der Kälte sehen. Kathrin war tot.
Sie war
gestorben im Ungewissen darüber, warum Thomas sie in den Teich schmiss. Sie,
die Person, die ihn über alles liebte. Thomas brauchte ihren Puls nicht zu
fühlen, eine innere Stimme sprach zu ihm.
„Sieh,
was du angerichtet hast. Bist du jetzt zufrieden?“
Es war
die Stimme der Liebe, die sich aus ihrem dunklen Versteck traute um jetzt, da
die Angst gewichen war, mit geballter Ladung sein Herz mit Schuldgefühlen zu
vergiften. Schuldgefühle, die ihn bis zum Tode immer wieder heimsuchen sollten.
Thomas
Gesicht verzog sich und er schien zu begreifen, was er angerichtet hatte.
Eine
ehrliche Träne, eine Träne des Bedauerns und der Scham, lief sein junges
Gesicht runter und ließ ihn ein drittes Mal leiden, obwohl dem Anschein nach er
der Täter war, fühlte er sich wieder einmal als Opfer. Diese Träne schien auf
die jungen, zarten und toten Lippen von Kathrin zu fallen, um dort zu Eis zu
erstarren. Eis, welches ihre Lippen verschloss und zum Schweigen zwang.
Sie
ist tot du Narr, TOT!
Er hatte
sie verloren. Seine über alles geliebte Schwester. Er verfluchte seine Angst
und seine Wahnvorstellungen und fing an, hemmungslos zu weinen.
„Ich
verfluche dich, Andreas. Warum hast du mir das angetan, Vater? Was habe ich
getan? Sieh her, was du mich gezwungen hast zu tun. Warum nicht mich, statt
ihr? Ich verfluche euch, euch die ihr mich liebtet“, schrie er in den Wald und
den Teich hinaus.
Kein
Echo, kein Vogel und kein Fisch, der ihm antwortete. Aber auch kein Polizist,
der dieses Geständnis, welches den Held hätte entlasten können, war in der
Nähe. Doch dies war Thomas egal, da er nun weinte um seine Schwester, die er
verloren hatte. Diesen Verlust sollte er nie wirklich verkraften.
Das war
das Zünglein an der Waage, welches über seinen wahren Charakter entschied. Er
war nun der Thomas Mann, den er in vielen, vielen Jahren vollends zur
Entfaltung bringen sollte, den Claudia und Tobi noch kennenlernen und hassen
sollten.
Doch
jetzt war er über Kathrin gebückt und weinte. Er weinte und bekam nicht, mit
wie Klaus Brinks, der Dorfpolizist, mit vier Kollegen auf ihn zukam.
Unbeabsichtigt
hatte er sich so ein weiteres Stück Alibi beschafft. Diese Tränen und diese
Szene rührten die Polizisten sehr. Einer von ihnen begann auch zu weinen, als
er die tote Kathrin am Boden liegen sah und über ihr den in Tränen aufgelösten
Thomas.
Ein
Polizist stellte den Tod Kathrins fest.
Klaus
Brinks hob Thomas behutsam auf und nahm ihn in den Arm.
Er hatte in diesem Moment Mitleid mit ihm. Er kannte Thomas. Denn er war auch
damals der Polizist gewesen, der Andreas im Keller der Kirche vorfand. Und er
war der Polizist gewesen, der damals den Vorfall zwischen seinem Vater und
seiner Mutter untersucht hatte.
Klaus
konnte sich sehr gut vorstellen, welche Qualen Thomas nun durchlitt.
Und er
hatte Mitleid mit ihm, da er schon so viel durchgemacht hatte. Manchmal schien
Gott nicht gerecht zu sein. Wann hatte ein Mensch genug gelitten?
Und vor
allem - warum lässt dieser angebliche Gott den einen weniger Glück zukommen
als anderen, warum diese ungerechte Verteilung?
Ein
Tipp: KARMA
Thomas
hatte mehr als genug gelitten. Auch, wenn es Klaus ungewöhnlich vorkam, dass
der Täter Kathrin in zwei Jacken eingehüllt hatte, schenkte er dieser
Merkwürdigkeit vorerst keine Beachtung.
Da die
Polizisten Schüsse gehört hatten, machten sich drei der vier Kollegen auf die
Suche. Ein Kollege blieb bei Thomas und Kathrin, bis der Krankenwagen kam.
Sie
hatten vorerst auf ein Verhör
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