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Dunkle Beruehrung

Dunkle Beruehrung

Titel: Dunkle Beruehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Viehl
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die Polizei verständigen –«
    »Inzwischen hat Lawson Sie angezeigt«, erwiderte er und erstaunte sie erneut. »Er hat sicher gesagt, Sie hätten mich beauftragt, ihn anzugreifen, und seien mit mir geflohen. Und wir seien bewaffnet und gefährlich. Die Polizei wird nach uns suchen, Straßensperren errichten und die Leute vor uns warnen. Und sie wird im Fernsehen nach uns fahnden.«
    Jessa erstarrte. »Wenn Sie wissen, dass er das getan hat, müssen Sie mit ihm unter einer Decke stecken.«
    Er hielt an einer roten Ampel und wandte sich ihr zu. »Sie sind nicht die Erste, die entführt wird. Und Sie werden nicht die Letzte sein.«
    Jetzt würde er ihr erzählen, wie viele Frauen er schon ermordet hatte und wie er sie umbringen wollte. »Sie haben so etwas also schon getan?«
    »GenHance hat es getan. Und zwar oft.« Er sah die Ampel grün werden und konzentrierte sich wieder auf die Straße.
    Jedes Buch mit Serienmörder, das Jessa gelesen hatte, enthielt so eine Szene: Das frisch entführte Opfer bettelte gefesselt und hilflos um seine Freiheit, den zufriedenen Killer aber kümmerte das Flehen nicht oder er verhöhnte es. Bisher war Matthias auf keine ihrer Bitten eingegangen, und seine geheimnisvollen Bemerkungen mochten auch dazu dienen, sie zu verspotten. Selbst seine Zusage, sie in Sicherheit zu bringen, steigerte ihr Wohlbefinden um keinen Deut.
    Die Sicherheit galt womöglich eher ihm als ihr.
    Was er ihr während der Fahrt angelegt hatte, war ein Dreipunktgurt, der sie von den Schultern bis zu den Hüften im Sitz fixierte. Als sie ihn lockern wollte, merkte sie, dass er nicht nachgab und der Gurtclip zu ihrer Linken keinen Auslöser hatte.
    Sie saß in der Falle – genau wie zuvor im Restaurant. »Wenn Sie mir wirklich helfen wollen, Gaven, dann nehmen Sie mir bitte diesen Gurt ab. Er ist so eng, dass ich nicht atmen kann.«
    Ohne sie anzusehen, nahm er die Autobahnauffahrt. »Dann wären Sie längst bewusstlos.«
    Er war der Letzte, den Jessa berühren wollte, aber wenn sie wüsste, was er getan hatte, wäre sie auf das gefasst, was er ihr antun wollte. Mühsam zog sie einen Arm unter dem Gurt hervor und legte ihre Linke auf seine Rechte.
    Zwielicht
.
    Ein schneidender Wind trieb ihr kleine, schmerzende Eiskristalle ins Gesicht, und das weiße Licht blendete sie so, dass sie die Augen zukneifen musste. Einzuatmen fühlte sich an, als würde ihr ein Messer in die Lunge gestochen. Der frische Pulverschnee reichte ihr halb bis zu den Knien, und sie spürte ihre Füße taub werden.
    Aufgrund des Blizzards konnte sie die Umgebung kaum erkennen, doch sie war draußen, sie war allein, und sie zitterte vor Kälte, so hilflos, als hätte sie einen Anfall. Falls Matthias in der Nähe war, konnte sie ihn nicht sehen, doch sie schleppte sich vorwärts, stakste mühsam Schritt für Schritt und kämpfte sich voran, bis der Schnee unter ihr nachgab und sie auf allen vieren landete. Da erst sah sie den undeutlichen Umriss eines Mannes, der sich vor ihr durch den Schnee schlug.
    Es fiel ihm nicht leicht, sich trotz des Sturms aufrecht zu halten. Unterm Arm trug er ein verschneites Bündel, das für einen Menschen zu klein, für Wäsche zu groß war. Der eisverkrustete Schal um seinen Kopf ließ nur die Augen frei, doch es war Gaven Matthias – das spürte sie so deutlich wie Sturm und Kälte.
    Aber sie konnte seine Gedanken nicht lesen. Er schien an nichts anderes zu denken als daran, auf den Beinen zu bleiben und den nächsten Schritt zu tun.
    Jessa hörte es donnern, als käme ein Düsenjet im Tiefflug vorbei, und sah auf. In diesem Moment explodierte die Bombe mit solcher Gewalt, dass der Sturm zerstob und alles ringsum für kurze Zeit sichtbar war. Sie erblickte einen Berggrat mit einem riesigen Schneebrett, das immer größer zu werden schien.
    Erst als weitere, kleinere Bomben losgingen und sich am Fuß des Grats eine weiße Wolke bildete, begriff sie, dass nicht der Berg wuchs, sondern dass das Schneebrett zu Tal ging und sie unter sich begraben würde.
    Jessa riss den Arm hoch, als der verharschte Schnee auf sie einprasselte wie kleine Steine, und dann krachte eine weiße Brandung über ihr zusammen, hob sie vom Boden, schleuderte sie herum, warf sie gegen Baumstämme, ließ sie gegen Felsen prallen und verschluckte sie dann ganz und gar.
    Während ein erdrückendes Gewicht auf sie niedersank, waren ihre Gedanken ein einziges, ungläubiges Wirrwarr.
Schnee? Berge? Nicht Atlanta. Sondern wo? Und wo ist er? Was hat

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