Dunkle Beruehrung
der Baracke.
Samantha warf Lucan einen ungnädigen Blick zu, ging um den Bau herum und hielt an. Das Desinfektionsmittel konnte den Geruch von Blut und Schießpulver nicht ganz überdecken.
Lucan untersuchte die Wand. »Dort.« Er wies auf rosa Spuren am Boden.
Samantha ging in die Hocke und musterte den Beton. »Keine Patronenhülsen, aber …« Sie drückte die vernarbte Hand auf einen Fleck im Gras und schloss die Augen.
Ihr Geruch – so dunkel und verführerisch wie die Mitternacht am Amazonas – wurde stark und erregend.
»Er hieß Theodor«, murmelte sie entrückt. »Nein – Ted. Er brütet über einem Kreuzworträtsel und sucht die ›Frucht der Versuchung‹ mit fünf Buchstaben.«
»Apfel«, sagte Lucan und rief dem Wächter, der aus der Baracke kam, zu: »Bleiben Sie drin und rühren Sie sich nicht vom Fleck.«
Der Mann strahlte. »Ganz wie Sie wünschen, Sir.«
Samantha öffnete die Lider, doch ihre Augen waren wie blind, als sie die Zufahrt zum Gebäude hinaufschaute. »Del ruft hier an und sagt, ich soll ihn aufhalten. Es gibt ein Problem. Jemand ist verletzt.« Sie erhob sich langsam und ging zur Zufahrt vor. »Verdammt, der hat ja trainiert. Wie ist der bloß so rasch so stattlich geworden? Gut, ich muss die Sache angehen, wie Del es will. Er wird schon auf mich hören.« Sie schwieg, doch ihre Lippen formten weiter Worte. Ihr Körper zuckte heftig, und dann schnellte sie zurück, als wäre sie gestoßen worden.
Hätte Lucan sie nicht von hinten aufgefangen, wäre sie gegen die Wand gekracht, genau dort, wo die Blutspritzer waren. »Samantha!«
Sie schüttelte energisch den Kopf. »Nein, oh Gott – nein.« Sie schlug die Hände an die Schläfen, sank gegen ihn, wandte sich ihm zu und vergrub das Gesicht an seiner Brust.
Lucan wusste, dass Samanthas Begabung sie das Blut der Toten lesen und so die letzten Minuten von deren Dasein miterleben ließ, wodurch sie oft erfuhr, wer ihr Mörder war. So sehr ihr das bei der Polizeiarbeit half, forderte es doch einen schrecklichen Preis: Sie durchlebte auch aus erster Hand den Tod des Opfers.
»Lucan, oh Gott«, keuchte sie, und so sehr sie sich zu fassen suchte, zitterte sie doch unkontrollierbar. »Der Ermordete hat ihn gekannt. Sie waren Freunde. Und er hat ihm den Kopf abgerissen. Mit den Händen. Mit bloßen Händen.«
»Schsch.« Er wiegte ihren Kopf und drückte ihre Wange an sein Herz. »Es ist ja ausgestanden.« Über ihre Schulter hinweg sah er einen stämmigen Mann in einem Golfkarren auf sie zukommen. »War der Mörder einer von uns?«
Sie rieb sich das feuchte Gesicht. »Nein – wenigstens glaube ich das nicht. Aber etwas stimmte nicht mit ihm. Er roch wie …« Sie schüttelte den Kopf, straffte die Schultern und schien die Beherrschung zurückzugewinnen. »Ich weiß es nicht – er roch jedenfalls nicht wie wir. Und auch nicht menschlich. Er roch
verkehrt
.«
Der Mann im Karren hielt ein wenig entfernt, stieg aus und schritt mit wichtigtuerischem Gebaren zu ihnen herüber. Dieses verließ ihn jedoch sofort, als ihm Lucans Geruch in die Nase stieg.
»Blumen?«, murmelte er und wirkte verwirrt.
Lucan winkte ihm zu und legte dabei den Arm stützend um Samanthas Taille. Sie hatte sich von ihrer Vision erholt, doch er spürte, wie schockiert sie noch war. »Kennen Sie den Mann, der gestern Abend Ihren Wächter ermordet hat?«
»Ja.« Die Miene des Dicken verzog sich. »Er heißt Bradford Lawson und läuft Amok.« Er lächelte Sam gezwungen an. »Verzeihung, Ma’am. Ich heiße Delaporte, aber alle nennen mich Del.«
»Gut, Del.« Samantha sah ihm in die Augen. »Und warum hat Lawson Ted Evans umgebracht?«
»Ted wollte ihn aufhalten, und Bradford wollte sich nicht aufhalten lassen«, erwiderte Delaporte achselzuckend.
»Mit welchem Auto fuhr er vom Gelände?«, fragte sie.
»Er hat Dr. Kirchners Wagen gestohlen.« Delaporte beschrieb ihr das Fahrzeug und nannte ihr das Kennzeichen.
Samantha trug die Informationen in ihr kleines ePad ein. »Und weiß jemand, warum dieser Mann Amok läuft?«
»Er will herausfinden, wo Jessa Bellamy ist«, erwiderte Delaporte. »Um sie umzubringen.«
Lucan runzelte die Stirn. »Wieso? Waren sie ein Paar?«
»Nein. Bellamy hat ihn vor den Augen unseres Chefs erniedrigt; ihr Freund hat ihm mit dem Messer die Kniesehnen durchtrennt und ihn zum Krüppel gemacht.« Delaporte seufzte. »Ich kann es den beiden nicht verdenken. Bradford war Frauen gegenüber immer ein Scheißkerl.«
Samantha warf
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