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Dunkle Ernte

Dunkle Ernte

Titel: Dunkle Ernte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Mockler
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er längst seinen Dienst quittiert und sich einen lukrativeren Job gesucht. Die finanzielle Seite konnte durchaus eine Rolle spielen, aber sie würde nicht der ausschlaggebende Faktor sein. Nein, er würde an Sir Clives Abenteuerlust und an seine Eitelkeit appellieren müssen. Ihn mit dem Nervenkitzel locken, unter großem Druck eine schwierige Aufgabe zu erledigen. Das Geld wäre dann nur ein angenehmer Nebeneffekt.
    »Was kann ich für Sie tun, Mr Newman?«, sagte Sir Clive, als der Amerikaner zwei große Pappbecher mit Kaffee auf den Metalltisch stellte.
    Harvey lächelte. »Die Frage ist eher, was wir für Sie tun können.« Er nahm einen Schluck Kaffee und verzog mit einem angewiderten Laut das Gesicht. »Entschuldigen Sie bitte das Spülwasser. Dieses Land kann vieles, nur keinen anständigen Kaffee machen.«
    Sir Clive ging nicht darauf ein. Smalltalk interessierte ihn nicht.
    »Haben Sie auf der Messe irgendetwas Spannendes entdeckt?«, fuhr Harvey im Plauderton fort, begriff aber im selben Moment, dass ihn diese Taktik nicht weiterbringen würde. Sir Clive blieb stumm und hielt seine klaren blauen Augen auf ihn gerichtet, ohne zu blinzeln, die Lippen locker geschlossen.
    Dann würde er eben gleich zum Punkt kommen. »Wir schätzen Ihre Arbeit, Sir Clive«, sagte Harvey mit gesenkter Stimme. »Wir beobachten Sie schon eine ganze Weile. Im Irak. In Nigeria. Sie gehen präzise und effizient vor und setzen Ihre Einheiten geschickt ein. Das gefällt uns.«
    Sir Clive erlaubte sich ein vorsichtiges Lächeln. Das mündete zweifellos in ein Verkaufsgespräch. Vermutlich nahm der Mann an, dass er zum Einkaufen hier war, und würde ihm gleich einen dicken Deal über irgendein überteuertes, ungetestetes und dazu völlig nutzloses Flugkörpersystem vorschlagen.
    »Wir könnten jemanden wie Sie in unserem Vorstand gebrauchen. Auf reiner Beraterbasis, versteht sich, sodass Sie nicht mehr als einen Tag pro Monat investieren müssten.«
    Sir Clive war überrascht. Mit dieser Wendung hatte er nicht gerechnet. Aber er ließ sich nichts anmerken. »Warum ich?«, fragte er ruhig.
    »Sie haben Erfahrung mit Afrika. Wir könnten dort Rat und Hilfe gebrauchen. Haben Sie schon mal etwas von Coltan gehört?«
    Sir Clive nickte. »Selbstverständlich. Es ist der Grund dafür, dass die Zivilbevölkerung im Ost-Kongo von drei verschiedenen Staaten und ein paar Milizen gleichzeitig massakriert wird. Dass eine der schönsten Regionen der Welt zur Hölle auf Erden geworden ist. Aber für diese Erkenntnisse brauchen Sie keinen Geheimdienst. Darum kümmern sich schon die Menschenrechtsorganisationen.«
    »Da haben Sie vollkommen recht. Wir brauchen Ihren Rat auch mehr in einer strategischen Frage. Wir entwickeln im Auftrag der US -Regierung eine neue Waffe, für die wir das Metall benötigen. Im Augenblick stocken die Lieferungen, und das wenige, was wir bekommen, ist so teuer, dass unsere Gewinnmargen darunter leiden.« Er nahm einen Schluck Kaffee und schnitt erneut eine Grimasse. »Und wir schätzen es nicht, wenn unsere Gewinnmargen leiden.« Er öffnete seine Aktentasche und schob ein Foto über den Tisch. Clement Nbotou, mit Handy am Ohr, in Zürich vor einer Bank im Sonnenschein. Ein Geschäftsmann im Maßanzug und frisch gestärktem weißem Hemd. Seine goldumrandete Christian-Dior-Sonnenbrille schimmerte im hellen Licht.
    »Wissen Sie, wer das ist?«
    Sir Clive betrachtete das Bild. Er nickte, sprach den Namen jedoch nicht aus. »Wir haben ihn im Visier. Ein intelligenter, hoch gefährlicher Mann. Nicht einer von den üblichen Westentaschendiktatoren.«
    »Clement Nbotou.« Harvey sah so zornig aus, als hätte ihn der Mann persönlich beleidigt. »Er hat sich eine Privatmiliz aufgebaut und die ganze Gegend unter seine Kontrolle gebracht. Er ist der Grund dafür, dass wir bei diesem Projekt rote Zahlen schreiben.« Er tippte mit dem Finger auf das Foto.
    »Was soll Ihrer Meinung nach mit ihm passieren?«, fragte Sir Clive zurückhaltend.
    Harvey schüttelte grinsend den Kopf. »Nun, wir hatten gehofft, dass Sie uns dort unten ein wenig unter die Arme greifen könnten. Ich weiß, dass Sie für den Secret Service verdeckte Operationen in Nigeria geleitet haben und dass Sie sich mit Dschungelkrieg auskennen und wissen, wie man Milizen spaltet und zerschlägt.«
    Sir Clive runzelte die Stirn. Es war tatsächlich ein Verkaufsgespräch, allerdings versuchte ihm der Amerikaner kein windiges Waffensystem anzudrehen, sondern einen Auftrag.

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