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Dunkle Ernte

Dunkle Ernte

Titel: Dunkle Ernte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Mockler
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Erwarten nüchtern sein sollte, müsste man ihn eben verschwinden lassen.
    Ready for departure. Cleared for take-off . Gedämpft schnarrte die Stimme des Piloten durch die Lautsprecher in die Kabine. Monsieur Blanc verkrampfte sich leicht in seinem Sitz und legte seine Hände fest auf die Armlehnen. Er war schon einige Male mit Privatjets geflogen. Im Gegensatz zu den großen Verkehrsflugzeugen fühlten sie sich alles andere als sicher an. Er versuchte nicht daran zu denken, dass sie auf dem schmalen Streifen Asphalt landen würden, den Clement Nbotou in den Dschungel gelegt hatte.
    Als sich die Maschine in die Nacht erhob, drehte er den Kopf zur Seite und sah aus dem Fenster. Ein wolkenloser blauschwarzer Himmel spannte sich über den Osten Englands, Dörfer und Städte verschmolzen zu Haufen gelb leuchtender Perlen in der Landschaft. Der Student war noch nicht wieder zu sich gekommen. Monsieur Blanc hatte nicht darauf geachtet, wie viel von dem Sedativum er ihm verabreicht hatte, hoffentlich genug für mindestens acht Stunden. So lange würde es nämlich dauern, bis sie gelandet wären und möglichst auch das Modul aus ihm entfernt hätten.
    »Wollen Sie es nicht jetzt gleich herausnehmen?«, fragte Gustav, sein treuer Assistent, sobald sie die Flughöhe erreicht hatten. Monsieur Blanc zuckte lässig mit seinen fleischigen Schultern, so wie er es sich in seiner Pariser Zeit bei den Franzosen abgeschaut hatte.
    »Ich weiß nicht, wo genau es liegt, und außerdem ist das hier nicht mein Flugzeug«, entgegnete er.
    Gustav sah ihn fragend an.
    »Nun, stellen Sie sich doch mal vor, was das für eine Sauerei gäbe«, erklärte Monsieur Blanc und schwenkte seinen Arm durch den Raum. Der Flieger, den Centurion zur Verfügung gestellt hatte, war ein Learjet auf dem neuesten Stand der Technik und mit dicken Teppichen und behaglichen Ledersesseln ausgestattet – nicht gerade die richtige Umgebung für eine improvisierte Operation mit Klappmesser und Löffel.
    Gustav nickte. »Ich sehe nach, ob das Tape hält. Nicht dass er aufwacht und einen Anfall bekommt.« Damit ging er zum Heck des Fliegers, wo Jack mit Klebeband an ein Gepäckregal fixiert war.
    Das Sedativum hatte sich in Jacks Körper rasch abgebaut. Ein kleinerer Mann wäre mehrere Stunden bewusstlos geblieben, doch Jack spürte bereits, wie die Benommenheit nachließ. Er öffnete leicht die Augen und horchte auf die Geräusche um ihn herum, das tiefe Dröhnen der Triebwerke, das Rauschen der Klimaanlage im Passagierraum. Vor ihm auf dem Boden standen zwei schwarze Stiefel. Eine Hand packte ihn grob am Haar, riss seinen Kopf zurück und zerrte prüfend an dem Klebeband.
    Die Stiefel entfernten sich wieder. »Alles okay. Puls, aber sonst keine Lebenszeichen«, sagte eine Stimme.
    Jack überlegte, wohin die Reise ging. Versuchte sich zu bewegen, aber das Tape machte ihn vollkommen handlungsunfähig. Sein Bauch schmerzte an der Stelle, wo man ihm das Modul wieder eingesetzt hatte. Es steckte knapp unter der Haut, aber durch seine gekrümmte Haltung wurde es tief in den Bauchraum gedrückt. Die örtliche Betäubung ließ allmählich nach. Ob Sir Clive ihnen folgte? Irgendwie hatte Jack daran seine Zweifel. Aus unerfindlichen Gründen hatte der Mann zugelassen, dass man ihn verschleppte. Ein beklemmender Gedanke formte sich in Jacks Kopf. Nicht daran, dass man bald versuchen würde, das Modul brutal aus ihm herauszuschneiden, oder dass sein Leben in Gefahr wäre, sobald seine Entführer das Modul in der Hand hatten. Nein. Er dachte daran, dass er doch auf seinen Vater hätte hören sollen und dass er schon wieder einen Riesenfehler gemacht hatte, den der Alte ihn mit Sicherheit bis ans Ende seiner Tage spüren lassen würde.

30
    Centurion International, Los Angeles
    »Läuft alles nach Plan?«, fragte Harvey Newman in sein Handy, während er rastlos in seinem Büro auf und ab ging. Das Treffen mit der Außenministerin war ziemlich frustrierend verlaufen. Sie hatte gedroht, den Auftrag zurückzuziehen, da angeblich über Kürzungen im Verteidigungshaushalt nachgedacht würde. Offenbar war die Regierung nicht länger bereit, für das, was Firmen wie Centurion großspurig als »nationale Sicherheit« verkauften, Blankoschecks zu unterschreiben.
    Die Waffe an sich hatte sie jedoch ganz offensichtlich beeindruckt, und da hatte Harvey gepokert. Wenn die US-Regierung den milliardenschweren Vertrag tatsächlich kündigen wollte, müsse man sich leider andere Auftragnehmer

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