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Dunkle Ernte

Dunkle Ernte

Titel: Dunkle Ernte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Mockler
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verlassen hatte. Es war nicht der schwarze Astra, sondern ein blauer Ford, der zunächst auf Abstand blieb und dann allmählich näher heranrückte. Ein Flugzeug hatte an diesem Abend abgehoben, und er hatte sich die Leitwerknummer notiert. Jetzt wollte er so schnell wie möglich nach Hause, um im Internet Flugpläne zu recherchieren, doch mit dem Ford im Nacken änderte er seinen Plan. Wer auch immer das war, sollte auf keinen Fall vor seiner Haustür landen.
    Stattdessen steuerte er im zügigen Tempo auf die Londoner Innenstadt zu. Es war kaum Verkehr auf der Autobahn und weit und breit keine Polizei zu sehen. Er trat das Gaspedal durch, doch die Scheinwerfer hielten den Abstand. Wenn er nicht nach Hause konnte, musste es eben eines der Vierundzwanzig-Stunden-Internetcafés in der Edgware Road tun. In einer Seitenstraße fand er einen Parkplatz, marschierte zunächst Richtung Café und schlug dann einen Haken, um ein schäbiges Hotel mit greller Leuchtreklame über der Tür zu betreten. Ärgerlich fragte er sich, warum er keine Ersatzkleidung mitgenommen hatte. Das war immer noch die beste Methode, um Verfolger abzuschütteln. Er war eindeutig aus der Übung.
    Das Hotel besaß einen zweiten Ausgang über die Pianobar. Der Anblick, der sich Archie im schummrigen Licht bot, war deprimierend: Geschäftsleute mittleren Alters, die mit Hostessen vom Begleitservice um zwei Uhr morgens billigen Champagner tranken, die jungen Frauen mit aufgesetztem Lächeln, die Männer mit roten Gesichtern und erfüllt von der Gewissheit, dass sie sich nicht weiter ins Zeug legen mussten, um an ihr Ziel zu gelangen.
    Wieder auf der Straße, entdeckte Archie neben einer U-Bahn-Haltestelle einen dieser neuen Sandwich-Shops, die überall in der Stadt wie Pilze aus dem Boden schossen. Er trat ein und bestellte ein sogenanntes Dreißig-Zentimeter-Sub mit Speck, Ei, Salat, Chili, Huhn, Tomaten und allem möglichen anderen Kram. Das Ding sah aus, als hätte jemand in einem Supermarkt eine Bombe hochgejagt und dann mit einem labberigem Weißbrot den Boden aufgewischt. Noch nicht einmal der Speck war frisch gebraten, stellte er beim ersten Bissen angewidert fest.
    Draußen warf er einen Blick die Straße hinauf und hinunter. In den Cafés saßen immer noch Leute, die trotz der späten Stunde Espresso tranken, darunter ein paar Taxifahrer, die auf die belebende Wirkung des Koffeins hofften. Ein nicht abreißender Strom von Fahrzeugen wälzte sich durch die Nacht. Archie sah sich nach dem blauen Ford um. Er war nicht mehr zu sehen, aber die Verfolger konnten in der Zwischenzeit längst den Wagen gewechselt haben.
    Archie warf das Sandwich weg und überquerte die Straße, um das Internetcafé zu betreten. Er ließ sich einen Zugangscode geben und ging an den chinesischen Schülern vorbei, die in Online-Kriegsspiele vertieft waren, zu einer der Nischen im hinteren Teil, die einen guten Blick über den ganzen Raum bot – ein idealer Platz. Er gab den Code ein und wartete, bis der Computer hochgefahren war. Das Ziel des Fluges würde er mit Sicherheit nicht herausbekommen, aber zumindest den Eigentümer der Maschine. Er suchte passende amerikanische und britische Websites und tippte jeweils die Leitwerknummer ein.
    Fündig wurde er schließlich auf der Seite der UK Civil Aviation Authority. Die britische Luftfahrtbehörde verzeichnete als Eigentümer des Learjets eine Gesellschaft, die sich Aviation Corps Ltd. nannte, eine private Chartergesellschaft mit Sitz in den USA . Archie hatte noch nie davon gehört, googelte den Firmennamen auf gut Glück und fand ein paar Artikel der Financial Times . Aviation Corps gehörte einem Unternehmen namens Defence Analytics, das, wie er ein paar Klicks weiter einem Artikel der New York Times entnahm, ein Ableger von Centurion International war.
    Das hörte sich vielversprechend an. Diesen Namen kannte er gut. Jeder, der mit militärischen Angelegenheiten zu tun hatte, kannte ihn. Wenn er sich recht erinnerte, hatten zwei seiner ehemaligen Kameraden vom SAS schon für das Unternehmen gearbeitet; sie waren damals gar nicht begeistert gewesen von den schießwütigen Rambos, die sie ausbilden und führen sollten. Angeblich war Centurion nicht sonderlich wählerisch, was die Zusammensetzung seiner Bodentruppen anging – da waren ehemalige Soldaten, die wegen Gehorsamsverweigerung aus der Armee ausgeschlossen worden waren, Vorbestrafte, die man wegen illegalen Waffenbesitzes oder Drogenmissbrauchs verurteilt hatte, und

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