Dunkle Ernte
Schatten am Himmel gesehen habt. Das kriegt ihr doch hin, oder?« Clement sah sie aufmunternd an. »Eins noch: Ihr seid heute keine Soldaten. Ihr seid Kinder, die nachts im Dschungel Fallen aufstellen, um Buschfleisch für ihre Mama zu holen. Verstanden?«
Die beiden Jungen nickten voller Ernst.
»Gut. Wenn ihr irgendwas findet, abgebrochene Äste, Spuren von Menschen, die nichts auf unserem Land verloren haben, kommt ihr sofort zurück und gebt mir Bescheid. Ist das klar?«
Er scheuchte die beiden Jungen hinaus und schwenkte nachdenklich sein Glas. Ein Flackern am Himmel war noch lange kein Grund zur Panik, aber da war ja noch der Fluglärm … Er leerte den Whiskey in einem Zug. Es war nur so ein Gefühl. Aber seinem Instinkt zu folgen schadet nie , dachte er und stellte das Glas geräuschvoll auf den Tisch zurück.
47
»Und wie sieht Ihr Plan aus?«, fragte Jack. »Jetzt da Sie eine Familie haben«, fügte er hinzu und deutete auf das Mädchen, das hinter Monsieur Blanc stand. »Ich schätze, hier wird bald höllisch die Kacke dampfen.«
Monsieur Blanc zog sein seidenes Taschentuch heraus und tupfte sich die Stirn. »Ich glaube nicht, dass heute Abend noch ›die Kacke dampfen‹ wird, wie Sie sich auszudrücken belieben. Wenn tatsächlich Fallschirmjäger gelandet sind, brauchen sie erst einmal einen Tag, um sich vorzubereiten, in Stellung zu gehen, das Gelände zu erkunden. Ich bin ganz zuversichtlich, dass wir wohlbehalten von hier wegkommen, zumal Gustav und ich morgen Abend auf Nbotous Flugfeld von einem Helikopter abgeholt werden.« Er faltete das Tuch zu einem ordentlichen Quadrat und schob es wieder in die Tasche. »Ein Helikopter ist für diese Gegend immer noch die sicherste Art zu reisen. Hier etwas zu landen, das größer ist als eine zweimotorige Cessna, ist eine echte Herausforderung für den Piloten.« Er sah das Mädchen an. »Und dich bringen wir in dein Dorf zurück, d’accord ? Du kannst es uns von der Luft aus zeigen.«
Das Mädchen nickte mit dem leisen Anflug eines Lächelns.
Monsieur Blanc wandte sich wieder Jack zu. »Ich werde Nbotou erzählen, ich hätte sie auf den Fluren herumspazieren sehen und würde sie gern behalten.«
»Glauben Sie, dass er Ihnen das abnimmt?«, fragte Jack.
Monsieur Blanc zuckte die Achseln. »Er ist ein Mann. Er wird annehmen, dass jeder andere Mann genau die gleichen archaischen Motive hat wie er. Frauen sind für ihn etwas zum Spielen. Wenn er seinen grausamen Spieltrieb befriedigt hat, überlässt er sie seinen Milizionären.« Er ging zum Fenster. »Und die stürzen sich wie hungrige Hyänen auf sie, misshandeln und vergewaltigen sie und lassen sie dann verrecken.« Er gab ein eigenartiges Knurren von sich und schüttelte den Kopf.
Jack lehnte sich auf seiner provisorischen Bahre zurück und betastete mit den Fingerspitzen vorsichtig die saubere OP -Naht auf seinem Bauch. Ihm kam der Gedanke, dass Monsieur Blanc, obwohl er in geschäftlichen Dingen keine Skrupel kannte und sich mit den übelsten Subjekten einließ, doch gewisse moralische Grundwerte besaß, die ihn von Männern wie Clement Nbotou unterschieden. Es war ein bizarrer Kontrast.
»Sie haben mich toll zusammengeflickt, viel besser als die beim MI 6«, sagte er und fragte dann: »Ich will mich ja nicht aufdrängen, aber wäre in Ihrem Helikopter vielleicht noch ein Platz für mich frei?« Er versuchte sein Gesicht zu einem liebenswürdigen Lächeln zu verziehen.
»Bedauerlicherweise nein«, erwiderte Monsieur Blanc bestimmt. »Aber ich lege keinen Wert darauf, unnötig zu töten. Ich habe also nicht die Absicht, Ihnen das Leben zu nehmen.«
»Oh, wie rücksichtsvoll von Ihnen …«, bemerkte Jack.
»Halten Sie den Mund«, fiel ihm der Chinese ins Wort. »Sie können heute Nacht Ihre Chance nutzen und fliehen. Die Wache hier im Raum dürfte kein Problem für Sie darstellen, und die anderen sind um diese Uhrzeit sowieso entweder high oder sturzbetrunken – oder beides. Wenn Ihnen das nicht zusagt, können Sie auch bis morgen warten und mit Gustav in den Dschungel fahren. Er wird einen der Jeeps nehmen und Nbotou erzählen, dass er Sie wegbringt, um Sie zu erschießen und zu verscharren.«
»Und Sie meinen, dass das die bessere Alternative ist?«, fragte Jack ungläubig.
»Gustav wird Ihnen nichts tun. Ich werde ihm strikte Anweisung geben, und normalerweise ist er sehr gehorsam«, versicherte Monsieur Blanc mit einem leichten Lächeln und wandte sich zum Gehen. »Das Bedürfnis, so
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