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Dunkle Flut

Dunkle Flut

Titel: Dunkle Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul S. Kemp
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bringen. Zumindest das hatte er vollbracht, wenn schon sonst nichts, und das war von Bedeutung.
    Mit jedem Schritt, den Seherin tat, bildete sich unter ihren Füßen ein Farbklecks, sodass sie wie auf Lichtkreisen auf Mutter zuging. Die seilartigen Fasern rings um den Zylinder wanden sich wie Schlangen, als Seherin näher kam.
    Seherin fiel vor Mutters Herz auf die Knie und neigte ihr Haupt. »Wir haben deinen Ruf vernommen und sind weit gereist, um zu dir zu kommen, Mutter.«
    Die Fäden in den Wänden und im Boden antworteten mit plötzlichen Ausbrüchen von Rot, Grün und Gelb.
    Seherin schaute sich um, Begeisterung in den Augen. »Es ist wunderschön, Soldat! Wunderschön!« Das Fleisch ihres Gesichts bildete Wülste, schien Blasen zu schlagen, verzerrte ihre Miene zur grotesken Deformation eines Lächelns.
    Anmut wich von Soldat zurück. »Das gefällt mir nicht, Soldat«, sagte sie.
    »Ist schon in Ordnung«, sagte er. Er konnte fühlen, wie sich ihr Fleisch unter seiner Berührung bewegte.
    In der Kammer sammelte sich Energie. Die Lichter in den Wänden flackerten und blitzten hektisch.
    »Heile sie, Mutter«, sagte Soldat. »Bitte.«
    Der Boden rings um Seherin bildete Linien und klaffte auf. Sie kniete auf einem kreisförmigen Stück Boden, auf einer Insel. Feine Fäden stiegen aus der Öffnung empor, die sie umgab. Sie wiegten sich in der Luft, rot und grün glühend. Seherin sah sie an – lächelnd, glückselig.
    Auch Soldat lächelte. Die Fäden würden erst Seherin heilen und dann Anmut.
    Die Fäden streckten sich nach oben aus, bis sie Seherin überragten, bis sie von ihnen umringt war. »Ich fühle es, Soldat«, sagte sie. »Es geschieht!« Sie senkten sich alle auf einmal auf Seherin herab, um sie wie eine sanfte Woge zu umschließen. In der gesamten Länge der Fäden blitzte Licht. Seherin lachte, reckte ihre Arme in die Höhe. Die Fäden schlangen sich um ihre Arme, um ihren Oberkörper, um ihre Beine. Plötzlich schlich sich ein fragender Tonfall in ihr Gelächter. Die Fäden loderten rot auf, zogen sich dicht um sie zusammen, räkelten sich ihren Hals hinauf und bedeckten ihr Gesicht. Ihr Lachen erstarb. »Mutter!«, rief sie. »Mutter!«
    Innerhalb von Sekunden war Seherin von den Fasern umschlossen wie von einem Kokon. Ihre Gestalt wand sich verzweifelt in ihrem Griff. Die Fäden wechselten von rot zu grün zu gelb, das Licht pulsierte. Seherins Körper zuckte krampfhaft, und Soldat wurde klar, dass die Fäden irgendetwas in sie hineinpumpten. Ihr Körper wogte und schwoll an, bis er kaum noch als menschlich zu erkennen war. Auf ihrer Haut bildeten sich Pusteln, die aufplatzten und Funken sprühten.
    »Was ist da los?«, rief Anmut.
    Soldat hatte keine Ahnung, aber es war eindeutig nicht das, was Seherin erwartet hatte. Er aktivierte sein Lichtschwert und eilte auf sie zu. Die Wände und der Boden loderten in wütendem Rot auf. Energieladungen schossen aus allen Richtungen heran, und eine Energiewoge riss Soldat von den Füßen und schleuderte ihn aus der Kammer. Er krachte draußen im Korridor gegen die Wand. Schlagartig wurde ihm alle Luft aus der Lunge getrieben. Anmut lief zu ihm, ihre Augen voller Furcht.
    »Soldat!«, schrie Seherin, während sie nach den Fasern grapschte, die ihren Mund bedeckten … die in ihren Mund eindrangen und ihre Kehle hinunterglitten. »Soldat!«
    Noch mehr Fasern stiegen wimmelnd aus dem Boden empor und umfingen sie, umschlangen sie zur Gänze. Nur ein Auge und ihr offener, schreiender Mund blieben frei. Sie glühten rot, grün, gelb, und der Lichtstrom pulsierte, während mehr und immer mehr Energie in ihre Gestalt floss. Die Fäden zogen sie in das Loch im Boden hinunter, und Anmut schrie.
    Schon halb im Boden versunken, streckte Seherin eine Hand in Soldats Richtung. In ihrem sichtbaren Auge spiegelte sich Entsetzen. Ihre von Energie angeschwollenen Lippen hatten Mühe, die Worte hervorzubringen, aber Soldat verstand sie dennoch.
    »Hilf mir! Hilfe!«
    Er nutzte die Macht, um den Griff seines Lichtschwerts in seine Hand fliegen zu lassen, und aktivierte es. Die Angst um Seherin, der Zorn über Mutters Verrat – beides gab ihm Kraft. Die Dunkle Seite brandete in ihm auf.
    Während er dastand, schloss sich die Tür zu Mutters Kammer wie ein Vorhang, ohne dass auch nur eine Fuge zu sehen gewesen wäre. Von drinnen konnte er Seherins gedämpfte, panische Schreie vernehmen. Er konnte sich den Weg hinein freischneiden. Er nahm sein Schwert in den

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