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Dunkle Gebete

Dunkle Gebete

Titel: Dunkle Gebete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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sich mit irgendetwas anderem beschäftigen als damit, wie wir Victoria kriegen. Wenn das alles vorbei ist, ganz egal, was passiert, ich bin auf Ihrer Seite, das verspreche ich Ihnen. Mark auch.«
    »Danke«, brachte ich heraus.
    »Jetzt sind Sie unsere einzige Chance«, fuhr Tulloch fort. »Sie kennen diese Frau. Sie haben eine klarere Vorstellung als jeder andere, was sie als Nächstes tun wird. Jetzt kommt es ganz auf Sie an. Wir sehen uns, wenn ihr zurückkommt.«
    Sie legte auf, und ich steckte das Handy wieder in seine Halterung. Tulloch hatte recht, jetzt kam es ganz allein auf mich an. Aber sie irrte sich, wenn sie annahm, dass wir uns sehen würden. Ich würde nicht zurückkommen.
    Wir erreichten London kurz vor elf. Bei Earls Court bogen wir nach Süden ab, zum Fluss. Als wir auf die Vauxhall Bridge zuhielten, begann mein Herz zu rasen. Jetzt oder nie.
    »Sir«, sagte ich, als wir den Scheitelpunkt der Brücke erreichten, »es tut mir leid, aber mir ist schlecht. Ich glaube, am U-Bahnhof gibt es öffentliche Toiletten. Könnten Sie kurz anhalten?«
    Joesbury schaute rasch zu mir herüber und sah mich aufrecht dasitzen, einen Arm um die Taille gekrampft, die andere Hand auf dem Mund. Er blinkte und fuhr an den Straßenrand, kurz bevor wir die Brücke hinter uns ließen. Ich nuschelte ein Dankeschön, griff nach meiner Tasche und sprang aus dem Wagen. Dann öffnete ich mit meiner Monatskarte die Fahrkartenschranke und war außer Sicht.
    Es gibt keine öffentlichen Toiletten im U-Bahnhof Vauxhall. Ich joggte zum Bahnsteig und betete, dass eine Bahn nach Süden fuhr, bevor Joesbury begriff, dass ich nicht wiederkommen würde. Die Anzeigetafel über mir verkündete, dass der nächste Zug in einer Minute ging.
    Jede Sekunde schien sich endlos zu dehnen, doch endlich hörte ich das Grollen der U-Bahn und spürte den Windstoß, der den Zügen stets auf dem Bahnsteig vorausgeht. Ich fuhr eine Haltestelle bis Stockwell und rannte die paar hundert Meter zu meiner Wohnung. Weniger als zehn Minuten waren vergangen, seit ich aus dem Auto gestiegen war.
    Als ich die Tür öffnete, sagte ich mir, dass ich wieder draußen sein würde, bevor ich bis Hundert gezählt hatte. Ich rannte umher, schnappte mir den Rucksack vom Schrank und raffte alles zusammen, was ich noch brauchen würde. Hinter der Tür lag die übliche Samstagmorgen-Post, Versandhaus-Werbung und amtlich aussehende Umschläge. Und eine lange, schmale, in braunes Papier gewickelte Schachtel. Ich hatte eigentlich keine Zeit, sie zu öffnen, doch ich riss trotzdem das Papier auf.
    Es dauerte etliche Sekunden, bis ich verdaut hatte, was in der Schachtel war. Dann verließ ich meine Wohnung, diesmal ganz sicher zum letzten Mal, holte mein Fahrrad und machte mich auf den Weg.

86
    Eine Stunde später schaltete ich mein Handy wieder ein und rief Joesbury an. Er meldete sich nach dem ersten Klingeln.
    »Sie sollten jetzt lieber eine verdammt gute Erklärung –«
    »Halten Sie die Klappe und hören Sie zu«, unterbrach ich ihn. »Sonst lege ich auf.«
    Keine Antwort.
    »Ich erspare Ihnen mal ein bisschen zeitaufwändige Recherche«, sagte ich. »Ich bin direkt vor der Waterloo Station. In zwanzig Sekunden mache ich das Handy aus, steige in eine U-Bahn und bin weg. Es hat absolut keinen Sinn zu versuchen, den Anruf zurückzuverfolgen.«
    Eine Sekunde Schweigen, dann: »Weiter.«
    »Meine Karriere ist erledigt«, fuhr ich fort und wusste, dass Joesbury bereits die Telefonpeilung in die Wege leitete und seine Kollegen anwies, die nächste Streife herzuschicken. »Das ganze Gerede über Schadensbegrenzung ist völliger Quatsch, also kommen wir gleich zur Sache.«
    »Und die wäre?«
    »Joanna Groves ist noch am Leben«, verkündete ich und wandte den Kopf von dem dröhnenden Straßenverkehr ab.
    »Und woher verdammt noch mal –«
    »Hören Sie zu! Sobald ich genau weiß, wo sie ist oder wo Llewellyn steckt, rufe ich Sie an, also halten Sie Ihr Handy griffbereit. Bis dahin können Sie nichts Besseres für sie tun, als mich weitermachen zu lassen.«
    Fast konnte ich hören, wie ein ganzer Schwall von Flüchen sich danach drängte, aus Joesburys Mund hervorzubrechen. Irgendwie gelang es ihm, sich zusammenzureißen. »Flint, wir haben wochenlang unter den Obdachlosen von London gesucht«, sagte er in beherrschtem Tonfall. »Sie lebt nicht mehr auf der Straße, Sie werden sie nicht finden.«
    »Das erwarte ich auch gar nicht«, entgegnete ich. »Sie wird mich finden.«
    Ein

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