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Dunkle Gewaesser

Dunkle Gewaesser

Titel: Dunkle Gewaesser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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schon gesagt, und ich meine es ehrlich. An mir gibt es eine ganze Menge auszusetzen. Ich bin keine gute Christin.«
    Heute war nicht Dienstag, also hatte ich mit Religion nicht besonders viel am Hut. »Ich weiß nur, dass immer dann, wenn alles gutgeht, Gott gepriesen wird«, sagte ich. »Und wenn nicht, dann ist es sein Wille. Mir scheint, er liegt ständig irgendwo auf der Lauer und kommt angerauscht, um den Ruhm für Dinge einzuheimsen, mit denen er gar nichts zu tun hat, egal was.«
    »Du sollst nicht so reden. Schließlich bist du getauft!«
    »Schön, mich hat jemand nass gemacht. Ich weiß nur noch, wie mich der Prediger in den Fluss getunkt hat, und dann hat er mich hochgehoben und irgendwas erzählt, während ich mir das Wasser aus der Nase prustete.«
    »Was habe ich gesagt?«, fuhr sie mich an. »Wenn du so redest, landest du in der Hölle. Und dort ist es ganz furchtbar.«
    »Im Vergleich zu hier ist es bestimmt großartig da.«
    »Reden wir nicht weiter darüber«, sagte sie. »Ich möchte nicht, dass du schlecht über den Herrn sprichst.«
    Für eine Weile schmollte sie, während ich meine Fingernägel betrachtete, meine Füße und den aufgewirbelten Staub. Dann sagte sie etwas völlig Überraschendes, als hätte sie den Mund geöffnet und ein Wachtelschwarm wäre herausgeflogen.
    »Der Mann, zu dem du Daddy sagst«, erklärte sie mir, »ist eigentlich gar nicht dein Daddy.«
    Mir verschlug es die Sprache. Ich saß einfach nur da, so taub wie ein amputiertes Bein.
    »Dein echter Daddy heißt Brian Collins. Er war Anwalt, drüben in Gladewater, und vielleicht ist er das immer noch. Er und ich, nun ja, wir hatten unsere Zeit, und dann … bin ich mit dir schwanger geworden.«
    »Scheiße, dann ist Don also gar nicht mein Vater?«
    »Nein. Und du sollst nicht fluchen … was für ein unflätiges Wort! Sag das nie wieder … Ich wollte dir schon lange sagen, dass er nicht dein Daddy ist. Ich habe nur auf den richtigen Moment gewartet.«
    »Jederzeit nach meiner Geburt wäre gut gewesen.«
    »Ich weiß, das ist bestimmt ein Schock für dich. Ich habe dir nichts erzählt, weil Brian dich nicht großgezogen hat.«
    »Don hat sich auch nicht eben besonders viel Mühe gegeben«, erwiderte ich. »Mein richtiger Vater … wie war er?«
    »Er hat mich gut behandelt. Er ist ungefähr fünf Jahre älter als ich. Wir haben einander geliebt, und ich wurde schwanger.«
    »Und mit mir wollte er nichts zu tun haben?«
    »Er wollte mich heiraten. Wir haben einander geliebt.«
    »Du hast ihn so sehr geliebt, dass du hierher gezogen bist und Don geheiratet hast? Und mich hast du in dem Glauben gelassen, er ist mein Daddy? Du hast meinen Daddy verlassen, einen Anwalt, einen anständigen Mann, und dann hast du diesen Blödmann geheiratet?«
    »Siehst du? Ich hab dir doch gesagt, dass ich eine schlechte Mutter bin.«
    »Okay. Du hast gewonnen. Du bist eine schlechte Mutter.«
    »Hör zu, Sue Ellen. Ich habe mich geschämt. Eine christliche Frau, die ein außereheliches Kind bekommt. Das war nicht recht. Auf Brian hätte das ein schlechtes Licht geworfen.«
    »Er hat doch gesagt, dass er dich heiraten will, oder?«
    »Man hat es mir schon angesehen«, fuhr sie fort. »So wollte ich ihn nicht heiraten, nicht mal vor einem Friedensrichter. Er hatte einen guten Job und einen guten Ruf, und ich wollte nicht, dass er das verliert, weil ich die Beine nicht beieinanderhalten konnte.«
    »An der ganzen Sache war er wohl nicht ganz unbeteiligt.«
    Sie lächelte leise. »Das hast du recht.«
    »Um nicht in Verruf zu geraten, hast du ihn also verlassen und bist hierher gegangen, wo du mit deinem dicken Bauch Don geheiratet hast, und jetzt sitzen wir hier, ich mit einem Holzscheit in der Hand und du mit deinem Allheilmittel.«
    »Ich war siebzehn. Ich konnte nicht klar denken.«
    »Ich bin siebzehn.«
    »Du bist sechzehn.«
    »Viel fehlt nicht.«
    »Du bist nicht so wie ich in deinem Alter. Du bist stark. Wie dein richtiger Daddy. Und genauso dickköpfig. Er wollte mich heiraten, trotz allem. Also bin ich mitten in der Nacht weggelaufen, hab mich mitnehmen lassen und mir eine Anstellung in einem Café gesucht. Dort habe ich dann Don kennengelernt. Damals war er noch nicht so kaputt und gemein. Aber er war weder in intellektueller noch in finanzieller Hinsicht ein guter Fang, und niemand schätzte ihn so hoch, dass es eine Rolle spielte, wenn er eine schwangere Frau heiratete. Ich dachte, mit ihm komme ich irgendwie klar, nur Brian wollte

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