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Dunkle Gewaesser

Dunkle Gewaesser

Titel: Dunkle Gewaesser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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er lächelte und mit den Füßen schlurfte. Jinx sagte, das täten die Farbigen, weil sie nicht wollten, dass der Ku-Klux-Klan ihnen einen Besuch abstattete. Sie sagte, dass man nie wusste, wann jemand behauptete, man wäre in der Gegenwart eines Weißen hochnäsig gewesen, und dann bekam man Ärger. Außerdem war wohlbekannt, dass Terrys Stiefvater ein weißes Gewand mit Kapuze im Schrank hängen hatte.
    Der Farbige sagte nichts, sondern stand nur lächelnd da, wie ein Esel, der auf eine Karotte wartet. Mir war es unangenehm, dass ein erwachsener Mann sich so verhielt.
    Terrys Mama stand auf, lächelte ihn an und gab ihm etwas, das sie in der Hand hatte. Er nahm es, ohne einen Blick darauf zu werfen, und ging davon. Als er weg war, schaute sie mich an und sagte: »Ich finde, dass war mehr wert als einen Nickel, was meinst du? Er hat eine Menge Holz gehackt, und es ist heiß.«
    »Ja, Ma’am«, sagte ich.
    »Ich hab ihm einen Vierteldollar gegeben.«
    »Das war es eindeutig wert.«
    Terry räumte den Rest vom Holz fort, kam rüber und setzte sich neben mich auf die Verandatreppe. Ich spürte die Hitze, die er ausstrahlte, und roch seinen Schweiß.
    »Na schön«, sagte seine Mama, die noch immer auf der Treppe stand. »Dann lass ich euch beide mal allein. Aber denk daran, was du noch zu tun hast, Terry. Du weißt, wie dein Daddy wird, wenn du deine Arbeit nicht machst.«
    »Er ist nicht mein Vater«, sagte Terry.
    »Das meinst du nicht so.«
    »Klar doch.«
    »Nun ja, es dauert eben eine Weile, bis du dich daran gewöhnt hast.«
    »Bis ich mich daran gewöhnt habe, ist die Welt ein zweites Mal erschaffen worden«, sagte Terry.
    »Darüber wollen wir jetzt nicht streiten … Sue Ellen, schön, dich mal wieder zu sehen.«
    »Vielen Dank, Ma’am.«
    Sie ging hinein.
    »Du hast sie gekränkt«, sagte ich.
    »Ich weiß. Das wollte ich nicht. Ich hab nichts gegen sie. Nur gegen den Mann, den sie geheiratet hat, und gegen seine Kinder.«
    »Ich möchte mir die Karte noch mal anschauen«, sagte ich. »Ich will das Geld finden.«
    »Bist du dir sicher?«
    »Ja. Jinx kommt vielleicht mit, vielleicht auch nicht. Aber ich will weg von hier.«
    »Wann?«
    »Heute Nacht.«
    »Ich glaube, ich hatte es gestern etwas zu eilig«, sagte Terry.
    »Willst du nicht mehr weg?«
    »Doch. Doch, das will ich. Aber ich finde, wir sollten erst das Geld suchen, und dann müssen wir noch May Lynn ausgraben und verbrennen, und ich muss auch noch ein wenig an dem Floß herumbasteln, damit es besser schwimmt.«
    »Das kannst du?«
    »Ich kann eine ganze Menge. Mein richtiger Daddy hat mir viel beigebracht, vor allem auch, wie ich mir selber Dinge beibringe, die ich nicht kann. Er hat mir beigebracht, wie ich lernen soll, und meine Mama auch.«
    »Wie viel musst du dafür lernen?«
    »Für das, was ich vorhabe? Wenig oder nichts. Aber ich brauche Zeit. Einen Leichnam zu verbrennen ist aufwendiger, als man meint. Dafür braucht man ein richtig heißes Feuer, und wir müssen das auch irgendwo machen, wo uns niemand sieht. Ich hab daschon eine Idee, aber darüber möchte ich erst reden, wenn ich noch eine Weile nachgedacht habe. Als Erstes sollten wir feststellen, ob die Karte echt ist, und wenn ja, müssen wir herausfinden, ob da draußen wirklich Geld vergraben ist.«
    »Und dann stehlen wir es.«
    »Hast du dich inzwischen mit dem Gedanken angefreundet?«
    »Wenn du damit meinst, ob er mir gefällt, dann ja.«
    »Dann wissen wir ja, was uns bevorsteht«, sagte Terry.

8
    Terry holte die Karte aus einem Versteck im Haus, zog ein Hemd an, und dann liefen wir ein Stück die Straße runter. In der Nähe gab es einen Friedhof, also gingen wir dahin. Dort konnten wir in Ruhe reden. Wir setzten uns, wie so oft, auf eine Eisenbank unter einer riesigen Eiche, mit Ausblick auf die Toten der Konföderierten; Reihen um Reihen von der Sonne beschienener Grabsteine, unter denen alte Rebellen lagen, die erschossen worden oder später an ihren Wunden gestorben waren oder an Altersschwäche oder Enttäuschung.
    Wir falteten die Karte auf, strichen sie zwischen uns glatt und betrachteten sie lange.
    »Ich begreife einfach nicht«, sagte Terry schließlich, »was diese Höcker bedeuten. Alles andere auf der Karte stimmt genau, aber die verstehe ich nicht, und dann noch dieser Name, Malcolm Cuzins.«
    Ich nickte. »Ich denke, wir sollten noch mal da hingehen und uns gründlicher umschauen, vielleicht fällt uns dann was auf. Erst hab ich gedacht, diese Höcker sind

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