Dunkle Gewaesser
Hügel, aber als wir dort waren, gab’s da keine Hügel. Da ist überhaupt nichts, außer ein paar Bäumen und …«
In dem Moment ging mir ein Licht auf. Ich sah Terry an. »Wir sind die größten Idioten, die auf diesem Planeten rumrennen.«
»Was meinst du damit?«
»Schau doch mal«, sagte ich und deutete auf die Gräber.
Er schaute.
»Okay. Ein Haufen toter Leute mit einem Stein auf dem Kopf.«
»Genau das meine ich – die Steine. Vor lauter Bäumen haben wir den Wald nicht gesehen.«
»Meinst du den alten Friedhof, der mit den Kiefern?«
»Na, den hier bestimmt nicht. Ja, klar! Die Höcker auf der Karte könnten Grabsteine sein.«
»Aber die Grabsteine dort sind doch fast alle von Vandalen fortgeschleppt worden. Oder zerstört.«
»Das stimmt, aber das heißt nicht, dass diese Höcker keinen Friedhof darstellen. Derjenige, der die Karte gezeichnet hat, musste sich ja irgendwie merken, wo er das Geld verbuddelt hat. Auf einem Friedhof gibt es normalerweise Grabsteine, selbst wenn sie auf dem hier weg sind. Und ein paar sind ja vielleicht noch da, und auf einem steht vielleicht der Name Malcolm. Und dort ist dann vielleicht das Geld.«
»Weißt du was, Sue Ellen: Du könntest recht haben. Lass uns nachschauen. Vielleicht haben wir ja Glück.«
»Glück hat man entweder aus Zufall, oder weil man einen Plan hat«, erwiderte ich. »Wir haben einen Plan.«
Wir liefen rüber zu Jinx und halfen ihr, die Arbeiten zu erledigen, die ihre Mutter ihr aufgetragen hatte. Dann holte sie ein paar gekochte Eier, wickelte sie in ein schwarzweiß kariertes Tuch und tat sie in einen Sirupkübel. Wir borgten uns eine der Schaufeln ihres Vaters, und sie erzählte ihrer Mama, wir wollten nach Würmern zum Angeln graben. Schließlich brachen wir auf. Wir benutzten wieder das lecke Boot und paddelten über den Fluss, nicht allzu weit von May Lynns Haus entfernt.
Nachdem wir wieder der Karte und demselben Weg gefolgt waren wie beim letzten Mal, erreichten wir den Friedhof undmachten erst mal Pause, um Luft zu schnappen. Unter den Bäumen war es schattig, und dort waren auch die Gräber. Es hieß, dass es da spukte. Manche behaupteten, hier wären lauter Sklaven begraben, andere sagten, auf dem Friedhof wäre eine Familie beerdigt, die lange in Vergessenheit geraten war. Gerüchten zufolge sollten hier sogar christliche Cherokee unter der Erde liegen.
Im Schatten war es kühler, auch wegen dem kalten Wasser, das nach dem Regen letzte Nacht von den Bäumen tropfte. Grabsteine sahen wir keine, aber an manchen Stellen, wo früher vielleicht mal Gräber gewesen waren, war der Boden eingesunken. Hier war schon lange niemand mehr beerdigt worden, und nachdem wir eine Weile mit der Schaufel herumgestochert hatten, hatten wir bald keine Lust mehr und setzten uns unter die Kiefern. Jinx nahm die eingewickelten Eier aus dem Kübel; jeder bekam eins, und wir machten uns daran, sie zu pellen. Wir aßen, dachten nach und lauschten den Vögeln.
Die gekochten Eier waren gut, aber ein wenig trocken, und ich hätte gerne etwas Wasser gehabt. Da sagte Terry: »Schaut mal.«
Er schob sich den Rest seines Eis in den Mund, stand auf und redete, während er kaute. »Ich sitze auf einem alten Grabstein.«
Ich und Jinx standen auf und schauten nach. In den Stein war ein Name gemeißelt und Jahreszahlen. Er war umgefallen, oder vielleicht hatte er von Anfang an so gelegen. Es stand nicht Malcolm Cuzins drauf, aber mein Herz schlug trotzdem schneller.
Mit frischem Feuer in den Bäuchen machten wir uns wieder auf die Suche, und es dauerte nicht lange, da sagte Jinx: »Das wird euch gefallen.« Sie deutete auf eine Stelle, wo das Gelände leicht anstieg und von Giftefeu überwuchert war.
Ich und Terry gingen hin, um uns genauer umzuschauen. Wo sich das Blätterdach lichtete, sah es so aus, als wäre eimerweise Sonnenlicht ausgekippt worden. Mittendrin lag, halb umgestürzt, ein Grabstein auf einem Erdhügel. Er war leicht zu übersehen,denn er hob sich fast gar nicht von den Kiefernnadeln auf dem Waldboden ab. Auf dem Grabstein stand ein Name, der sich im Sonnenlicht deutlich abzeichnete.
Er lautete: malcolm cuzins .
»Kaum zu glauben«, sagte Jinx. »Erst suchen wir uns einen Wolf, und dann hocken wir rum, essen gekochte Eier und finden, was wir suchen.«
»Das ist Gottes Wille«, sagte Terry.
»Oder wir haben den Namen entdeckt, weil wir eine Karte hatten und danach gesucht haben«, erwiderte Jinx.
Ich schnappte mir die Schaufel, schlug
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