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Dunkle Gewaesser

Dunkle Gewaesser

Titel: Dunkle Gewaesser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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Wie Fliegen, die in süßem Sirup festsaßen. Hier war es so angenehm, dass ich allmählich den Eindruck hatte, wir hätten uns umsonst aufgeregt und niemand verfolgte uns. Wir waren ein paar Meilen den Fluss runtergefahren und in Freiheit. Sie war buchstäblich in Reichweite gewesen, und wir hatten es nicht gewusst. Ich hatte gezögert, von zu Hause wegzulaufen, aber jetzt wurde mir klar, wie eingesperrt ich mich gefühlt hatte. Dabei hatte es keine Mauern oder Wachleute gegeben, und trotzdem war ich freiwillig im Gefängnis geblieben. Ich hatte mich selbst bewacht, ohne es überhaupt zu merken.
    Wie gesagt, der Reverend schlief in seinem Wagen, und hin und wieder saß er im Haus mit einem großen Notizblock und einem Bleistift am Tisch, die Bibel neben sich, und schrieb seine Predigten. Um auszuprobieren, wie seine Gemeinde sie aufnehmen würde, trug er sie uns versuchsweise vor. Wir sagten ihm dann, was uns gefiel und was nicht, und gaben ihm ein paar Tipps, wie er vielleicht was dran verbessern konnte. Es schien ihm nicht mal was auszumachen, wenn die ungläubige Jinx ihm Vorschläge machte. Sein Vortrag wurde so gut, dass Jinx kurz davor stand, sich taufen zu lassen.
    Während wir da wohnten, machten wir uns nützlich. Mamaharkte den Garten und zeigte Reverend Joy, wie er ihn besser bestellen sollte. Mit der Zeit wirkte sie immer kräftiger, die Gartenarbeit in der Sonne tat ihr gut. Aber wie Jinx gesagt hatte, das Allheilmittel suchte sie noch mal heim. Erst dachten wir, sie hätte es überstanden, aber dann wurde ihr Verlangen wieder übermächtig. Einige Nächte lang wurde sie schwach, brüllte und träumte schlecht – von dem schwarzen Pferd und dem weißen, dem inzwischen Flügel gewachsen waren. Wir hielten sie fest, während sie unsinniges Zeug brabbelte. Der Reverend fragte nicht einmal, was los war, sondern saß neben ihr und legte ihr ein feuchtes Tuch auf die Stirn. Mir war klar, dass er Bescheid wusste, aber ebenso klar war, dass er kein Wort darüber verlieren würde. Tagsüber warf sich Mama völlig durchgeschwitzt auf dem Bett hin und her, und ihr Schweiß war so dickflüssig wie Schweineschmalz.
    Nachdem das ein paar Tage so weitergegangen war, verschwand Jinx im Wald und holte irgendwelche Wurzeln und Rindenstücke, die sie zusammenbraute, in einen Becher goss und Mama zu trinken gab. Jinx sagte, das hätten sie auch ihrem Onkel gegeben, damit er aufhörte zu saufen. Mama wehrte sich erst dagegen, aber sie war zu schwach. Jinx zwang sie, es Schluck um Schluck auszutrinken. Das Zeug stank so entsetzlich, dass ich vermute, Mama ist allein deswegen gesund geworden, damit sie es nicht noch mal vorgesetzt bekam. Jinx behauptete, es läge daran, dass sie nicht richtig körperlich süchtig wäre, sondern nur geistig, was bedeutete, dass sie ihr Leben nicht mochte und nach etwas suchte, um ihm zu entfliehen, und das Allheilmittel war dieses Etwas. Jetzt war sie drüber hinweg, im Unterschied zu den meisten Säufern, die Schuhpolitur und Haarwasser tranken, wenn nur Alkohol drin war. Alles war wieder gut. Hofften wir jedenfalls.
    Irgendwann fing Mama sogar an, dem Reverend die Hemden zu waschen, und unsere auch, und während sie meine Latzhose und mein Hemd wusch, musste ich mein gutes Kleid tragen. Das hattezur Folge, dass der Reverend mir sagte, wie hübsch ich wäre, und bevor ich mich versah, war ich oben in der Kirche und sang mit dem Chor.
    Schließlich gingen wir alle in die Kirche, sogar Jinx, auch wenn sie hinten sitzen und sich von den Weißen fernhalten musste, und ihr wurde verboten, mit irgendjemand ihre Ansichten zu diskutieren, selbst wenn sie direkt danach gefragt wurde. Ihr machte das nichts aus. Während der Predigten schlief sie sowieso meistens.
    Wir waren ehrlich gesagt alle ziemlich zufrieden.
    Natürlich wurde auch geredet. Die Leute in der Kirche fingen an, mich auszufragen, woher wir denn kamen, wie lange wir schon beim Reverend wohnten, und ob er und Mama … Außerdem wollten sie wissen, warum wir einen Nigger bei uns duldeten, womit sie natürlich Jinx meinten. Ich erwiderte, wir wären einfache Leute, denen er aus christlicher Nächstenliebe helfen würde, und dass er im Auto schlief und Mama im Haus, wie sich’s gehörte, und Jinx war eine Freundin, was ihnen offenbar zu schaffen machte. Wenn man sie fragte, erzählten sie einem, sie hätten auch »gute Niggerfreunde«, was aber nur bedeutete, dass sie ein paar Farbige kannten, denen sie ab und an zunickten und denen sie

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