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Dunkle Gewaesser

Dunkle Gewaesser

Titel: Dunkle Gewaesser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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mich, und so kurz, wie ich ihn sah, hätte ich auch nicht sagen können, welche Farbe er hatte, aber ein Vogel war es bestimmt. An Skunks Gürtel entdeckte ich ein Beil und eine Machete, die fast so lang war wie ein Schwert. Er hielt seinen knorrigen Wanderstock in der Mitte umklammert. In dem grellen Licht konnte ich auch sein Gesicht sehen. Es war rötlich wie ein alter Penny und zusammengequetscht wie ein Flaschenkürbis, der seine beste Zeit hinter sich hat. Er schien sich in etwa so sehr für uns zu interessieren wie eine Fliege für höhere Mathematik.
    Dann waren wir an ihm vorbei, und auch die lange Folge von Blitzen hörte auf. Ich musste schreien, um das Brausen des Flusses zu übertönen: »Hast du das gesehen?«
    »Was denn?«
    »Da war Skunk. Er muss unsre alte Fährte gekreuzt haben, und dann ist er zum Fluss runter und hat unsre neue Fährte gefunden.«
    »Das ist nicht gut!«
    Wieder blitzte es. Ich schaute zum Ufer rüber, und da sah ich Skunk, der neben uns herrannte, sich unter niedrigen Ästen durchduckte und wie ein Kaninchen über Büsche hinwegsprang.
    »Es kommt noch schlimmer«, sagte ich.
    »Ich sehe ihn«, erwiderte Terry.
    Und dann sahen wir ihn nicht mehr. Der Blitz war verblasst, Donner grollte, und der Fluss schäumte in einem fort.
    Das Wasser trug uns mit sich, der Regen wurde stärker, und wenn es blitzte, folgte der Donner meist auf dem Fuß; er war so laut, dass das Wasser im Flussbett erbebte, und ich erbebte gleich mit.
    Ich weiß nicht, wie lange wir so dahinrasten, aber mit der Zeit wurde der Fluss wieder schmaler, was für den Sabine typisch ist, und schließlich sahen wir eine Sandbank, die vom Ufer raus aufs Wasser führte. Sofort befürchtete ich, dass Skunk uns dort einholen würde.
    Inzwischen blitzte es so sehr, dass unser nasser Pfad alle paar Sekunden hell erleuchtet wurde. Ich suchte das Ufer ab und dann die Sandbank, konnte Skunk aber nirgendwo entdecken. Vielleicht hatte uns der Fluss so schnell mit sich gerissen, dass er zurückgeblieben war.
    Wie ich da auf dem abblätternden Stamm im Wasser hing, fühlte ich mich so elend, dass ich mir überlegte, wir könnten doch zur Sandbank rüberschwimmen und das letzte Stück durch den Waldzu Fuß zurücklegen. Der Vorsprung, den wir vor Skunk hatten, würde dafür vielleicht reichen.
    Ob dieser Plan nun gut oder schlecht war, ich ließ ihn jedenfalls fallen, denn bei einem langanhaltenden Blitz sah ich Skunk über uns das Ufer entlangrennen. Er würde die Sandbank etwa zur gleichen Zeit erreichen wie wir, obwohl sie fünf bis zehn Meter unterhalb der Böschung lag, auf der er sich befand.
    »Paddel vom Ufer weg«, rief ich.
    Beide hatten wir nur einen Arm frei, außerdem konnten wir mit den Beinen strampeln, und wir strengten uns ordentlich an. Der Stamm scherte aus, aber Skunk sprang. Wieder blitzte es, und es sah aus, als würde er mitten in der Luft hängen. Die drei Äste hinter ihm wirkten wie Knochenfinger, die ihn zu packen versuchten. Dann setzte er sich wieder in Bewegung und landete so sanft wie eine Katze auf der Sandbank. Der Blitz verblasste, und wir konnten nicht mal mehr die Hand vor dem Gesicht sehen.
    »Schneller«, schrie ich über das Knurren des Flusses hinweg. Und wie wir uns abmühten, mit den Armen ruderten und mit den Beinen strampelten!
    Als der nächste Blitz aufzuckte, rannte Skunk gerade auf das Ende der Sandbank zu, die wir gleich umrunden würden. Er war kaum drei Meter von uns weg, als ich nach der Pistole griff, die mir um den Hals hing, und Terry zurief: »Duck dich!«
    Terry tauchte unter, und ich drückte ab. Ich hatte keine Ahnung, ob die Pistole funktionieren würde, denn sie war nass geworden, aber die Kugeln hatten dichtgehalten, und sie ging los. Es knallte kurz und laut, und ich sah den Vogel unter Skunks Hut durch die Luft fliegen und Federn lassen. Skunk blieb erschrocken stehen, und es war wieder dunkel, aber ich hatte noch gesehen, wie er mit dem Arm ausholte, und dann hörte ich Terry schreien.

TEIL DREI
Skunk

18
    Wir umschifften das Ende der Sandbank, während Skunk wie ein Irrer auf uns zusprintete. Terry brüllte wie am Spieß, und beim nächsten Blitz sah ich auch, warum: Das Beil, das Skunk mit sich rumgetragen hatte, steckte jetzt in unserm Stamm, direkt neben Terrys Hand. Es war nur ganz kurz hell, aber ich erkannte sofort, dass eine Fingerspitze der Hand, mit der Terry sich an dem Baumstamm festklammerte, abgehackt war. Blut spritzte in alle Himmelsrichtungen. Dieser

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