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Dunkle Gewaesser

Dunkle Gewaesser

Titel: Dunkle Gewaesser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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was keine Zeit.
    Schließlich erreichten wir eine Stelle am Ufer, die etwas flacher war und wo wir uns an ein paar Wurzeln klammern konnten. Eine ganze Weile hielten wir uns einfach nur dran fest, schöpften Luftund erholten uns von der Anstrengung. Dabei fühlte ich mich wie ein Pferd, das einen schweren Ritt hinter sich hatte und nass und ohne Futter in den Stall getrieben worden war.
    Nach einiger Zeit kroch ich ans Ufer, wobei ich wegen dem verdammten Beutel fast wieder ersoffen wäre. Als ich oben war, streckte ich eine Hand aus und half Terry rauf. Er reichte mir die verletzte Hand, und ich spürte, wie mir warmes Blut über die Haut rann. Schließlich lagen wir beide reglos und ohne einen klaren Gedanken fassen zu können auf dem Rücken, während der Regen auf uns runterprasselte. Irgendwann standen wir auf, und ich kramte mein Taschenmesser hervor, säbelte den Zwirn durch und holte die Taschenlampe aus Terrys Tasche. Sie war zwar nass, aber nachdem ich sie aufgeschraubt, die Batterien rausgenommen und das Wasser rausgeschüttelt hatte, funktionierte sie wieder. Daraufhin schauten wir nach, was von unserer Ausbeute noch übrig war. Bis auf die Dosen war alles Essen hinüber. Der Schmalzkübel schien noch fest verschlossen. Ich nahm ihn raus und hebelte mit dem Messer den Deckel auf. Im Innern war er trocken, und auch das Glas in dem Handtuch war noch ganz. Ich wickelte es aus und hielt es hoch. Es war May Lynns Asche, und da wurde mir bewusst, dass das Gewicht, das ich auf meinem Rücken gespürt hatte, vielleicht ihr Geist gewesen war, wenn ein Geist denn so viel wiegen konnte wie eine Stiege Backsteine.
    Terry überprüfte seinen Kübel, und auch das Geld war noch sicher in dem Glas verschlossen. Wir taten die Gläser zurück und versiegelten die Kübel wieder. Da fiel mir die Pistole ein, die ich mir um den Hals gehängt hatte, doch die war weg. Bestimmt lag sie irgendwo auf dem Grund des Flusses.
    Wir hätten das nicht machen sollen, doch wir waren wohl so müde von der ganzen Schlepperei, also packten wir unsere Kübel an den Griffen und machten uns am Fluss auf die Suche nach dem Floß, das wir auch bald fanden. Das Ufer war ein wenig höher alsda, wo wir an Land gegangen waren, aber nicht so hoch, dass wir nicht von oben auf das Floß runterspringen konnten.
    In dem Moment kam Jinx auf allen vieren aus der Hütte, ein Paddel in der Hand. Sie brüllte, dass sie uns damit den Schädel einschlagen würde, bis sie sah, dass wir es waren.
    »Verdammt«, sagte sie. »Ich hab doch glatt gedacht, ihr wärt Constable Sy. Fast hätt ich mir in die Hosen gemacht.«
    »Den sehen wir nicht wieder«, sagte ich.
    »Er ist tot«, sagte Terry, die verletzte Hand an die Brust gepresst.
    »Wie das?«, wollte Jinx wissen.
    Bevor wir antworten konnten, steckte Mama den Kopf aus der Hütte. »Ich hab mir solche Sorgen gemacht«, sagte sie.
    »Alles in Ordnung«, beruhigte ich sie.
    »Hab ich das richtig gehört – Constable Sy ist tot?«, fragte sie, wobei sie, wegen dem Regen, größtenteils in der Hütte blieb.
    »Das hast du«, erwiderte ich. »Aber wir sind nicht dran schuld. Außerdem müssen wir so schnell wie möglich von hier verschwinden. Hinter uns ist jemand her, zu dem Constable Sy im Vergleich ein Waisenkind ist.«
    »Wer denn?«, fragte Jinx.
    »Skunk«, sagte Terry. »Du hattest recht – es gibt ihn wirklich. Und nicht nur das, wir haben ihn mit eigenen Augen gesehen und er uns …«
    Terry hielt die Hand hoch.
    »Was um Himmels willen …?«, entfuhr es Mama.
    »Er hat sein Beil geworfen und mir den Finger abgehackt«, fuhr Terry fort. »Wenn ich mich in dem Moment nicht weggedreht hätte, wäre ich jetzt einen Kopf kürzer.«
    Dann kniete Terry sich hin, atmete tief durch, stellte vorsichtig den Schmalzkübel mit dem Geld ab und fiel vornüber.
    »Tja«, sagte Jinx mit Blick auf Terry, »und ich wollte euch eine tolle Geschichte erzählen, von wegen wie furchtbar es geregnethat und wie das Paddel weggespült wurde, das in der Sandbank steckte, und wie wir fast untergegangen wären und gegen die Sturmflut kämpfen mussten. Aber wenn es Skunk wirklich gibt, wie ich gesagt hab, und wenn ihr ihn gesehen habt und Terry hier ohne Finger auftaucht und aus den Latschen kippt – dagegen kann ich nicht anstinken. Also belass ich’s dabei, dass wir’s auch nicht leicht hatten.«
    Mama war aus der Hütte gekommen, und sie und ich drehten Terry um und schauten uns seinen Finger an. Nur die Spitze war weg, aber er

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