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Dunkle Gewaesser

Dunkle Gewaesser

Titel: Dunkle Gewaesser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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bald auch regnen. Aber der Himmel war so blau, wie er nur sein konnte, und die einzigen Wolken waren flauschig weiß – das sah eindeutig nicht nach Regen aus.
    »Was ist das?«, fragte ich Terry, der neben mir stand.
    »Keine Ahnung.«
    »Das ist der Fluss«, rief Jinx, die wieder am Ruder kauerte.
    Das Ufer kam auf beiden Seiten immer näher, und die Strömung wurde immer stärker, wie wenn Wasser durch das untere Ende einesTrichters läuft. Dahinter kam eine breitere Stelle mit einem drei Meter tiefen Wasserfall, und wo er runterstürzte, drehte sich das Wasser im Kreis, als würde jemand mit einem Löffel in einer Schüssel rühren. Außerdem brüllte es, als wäre es wütend.
    »Ein Strudel«, sagte Terry.
    Also, mit Strudeln kenne ich mich ja nicht besonders gut aus, aber Don hat mal eine Geschichte von einem Jungen erzählt, mit dem er früher schwimmen gegangen ist, und der geriet in einen Strudel, wurde runtergezogen und ertrank, bevor Don ihn erreichen konnte. Niemand konnte ihm in den Strudel nachschwimmen, sonst wären sie ebenfalls ertrunken. Don sagte, sie hätten warten müssen, bis das Wasser den Jungen wieder ausspuckte, was es irgendwann auch tat, und da war er mausetot gewesen.
    »Da führt kein Weg dran vorbei«, sagte ich. »Wir müssen mitten durch.«
    Auf beiden Seiten des Strudels war das Ufer nicht weich wie überall sonst, sondern bestand aus flachen Felsen, die aussahen, als hätte sie jemand wie Pfannkuchen aufeinandergestapelt. Ich überlegte noch, was wir am besten tun sollten, als Mama aus der Hütte kam, wobei sie ziemlich um ihr Gleichgewicht kämpfen musste. »Wir werden kentern«, rief sie.
    Was nicht besonders hilfreich war. Es war nicht zu übersehen, dass genau das passieren würde, wenn nicht bald ein Wunder geschah – ein ausgewachsenes Wunder, bei dem unser Floß von der Hand Gottes hochgehoben und auf der anderen Seite des Strudels wieder abgesetzt wurde.
    An dem Tag waren Wunder jedoch Mangelware, dafür hatten wir Wasser im Überfluss. Das Floß raste über den Wasserfall und segelte wie ein vertrockneter Kuhfladen durch die Luft. Dann krachte es aufs Wasser. Ich hörte, wie die Hütte ächzte. Ich hörte, wie der Reverend drin herumgeworfen wurde. Baumstämme knarrten und bogen sich, und dann drehten wir uns im Kreis, alsbefänden wir uns in einem rollenden Wagenrad. Einmal schaute ich hoch und sah Jinx im Wasser, offenbar war sie vom Floß geschleudert worden. Sie klammerte sich noch immer an das Ruder, das abgebrochen war. Im nächsten Moment ging das Floß unter, und von allen Seiten strömte Wasser auf uns ein. Ich war irgendwie auf dem Bauch gelandet und hielt mich an den Brettern fest, die auf die Stämme genagelt waren.
    Das Floss wurde wieder hochgedrückt, und ganz kurz glaubte ich, dass doch noch ein Wunder geschah, aber das war bloß die Strömung. Das Floß wurde himmelwärts geschleudert, aus dem Strudel raus. Dafür trieben wir jetzt direkt auf die Pfannkuchenfelsen zu. Eigentlich sah es eher so aus, als kämen die Felsen dem Floß entgegen; sie krachten erst gegen die eine Seite, dann gegen die andere. Ich hielt mich fest, so gut ich konnte, und nach einer Weile merkte ich, dass die Hütte weg war und die Hälfte des Floßes auch. Ich klammerte mich noch an ein Stück davon, denn mehr war nicht übrig.
    Dieses Stück wurde gegen die Felsen geworfen und fiel auseinander, und die sich auflösenden Teile trieben in zwei unterschiedliche Richtungen. Ich versuchte mich an beiden festzuhalten, aber dafür waren meine Arme nicht lang genug, und bald griffen meine Hände ins Leere. Ich ging unter und tauchte wieder auf. Dabei versuchte ich, nach Luft zu schnappen, doch ich wurde wieder unter Wasser gedrückt.
    Irgendwann wurde mir klar, dass es der Sabine auf mich abgesehen hatte und dass ich nichts dagegen tun konnte. Diese Sichtweise hielt sich jedoch nicht lange, und mein angeborener Dickkopf machte sich bemerkbar.
    Keine Ahnung, was dann geschah, aber plötzlich hing ich mit einem Knie am Ufer, während Felsen mir in die Rippen stießen. Dort machte ich kurz schlapp, bevor ich mich aufrappelte und weg vom Ufer auf einen grünen Wiesenstreifen taumelte. Ich befandmich auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses von Skunk, was mich ein bisschen erleichterte, auch wenn es nicht allzu viel ausmachte.
    Weit kam ich nicht, bevor ich hinfiel. Ich blieb eine ganze Weile liegen, stand dann auf und versuchte weiterzugehen. Dieses Mal schaffte ich es immerhin bis in

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