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Dunkle Gewaesser

Dunkle Gewaesser

Titel: Dunkle Gewaesser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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Was drin war, war weitgehend hinüber, aber ich entdeckte einen Schmalzkübel, und der schien noch dicht zu sein. Mein Taschenmesser hatte ich nicht verloren, also kramte ich es aus meiner tropfnassen Latzhose und hebelte damit den Deckel des Kübels auf. Das Glas war noch ganz und das Handtuch trocken. Es war May Lynns Asche.
    Ich verpackte alles wieder und lief mit dem Beutel in der Hand weiter am Fluss entlang. Bis ich Terry sah. Er stand an einen Baum gelehnt da und hielt sich mit der rechten Hand den linken Ellenbogen. Der andere Beutel lag vor seinen Füßen.
    Ich rannte zu ihm, und er ließ seinen Ellenbogen los und umarmte mich.
    »Ich dachte, du wärst ertrunken«, sagte er.
    »Ich dachte, du wärst ertrunken«, sagte ich.
    »Der Beutel hier wurde angeschwemmt, da hab ich ihn gerettet. Ich dachte, ihr wärt alle ertrunken. Ich hab mir den Arm wehgetan,aber nicht schlimm, nur ein bisschen. Es tut nicht halb so weh wie mein Finger.«
    Er hob die Hand. Den Verband hatte es weggerissen. Seine ganze Hand war geschwollen, von der abgehackten Fingerspitze bis zum Handgelenk; sie sah aus wie eine Schinkenhaxe.
    »Es tut verdammt weh«, sagte er, »und wenn ich’s mir anschau, wird’s nur noch schlimmer. Mit dir alles okay?«
    »Ich hab das Gefühl, mich hat jemand mit einem Sack voller Hämmer verprügelt«, erwiderte ich. Dann erzählte ich ihm, was mit Reverend Joy passiert war.
    »Möge Gott seiner armen Seele gnädig sein«, sagte Terry. »Er war gut zu uns, und ich glaube, er hatte ein gutes Herz.«
    »Einer der wenigen echten Christen.«
    Eine Weile hielten wir den Mund, was wahrscheinlich so was wie eine Schweigeminute für den Reverend sein sollte. Aber wir befanden uns in einer Situation, in der wir nicht viel Zeit hatten, um rührselig oder traurig zu sein.
    »Ich weiß nicht, was in dem Beutel ist«, sagte Terry, »das Geld oder May Lynn.«
    »Das Geld«, erwiderte ich. »Ich hab May Lynn, und die ist trocken.«
    »Hoffentlich ist dem Geld nichts passiert«, sagte er.
    »Ich mach mir mehr Sorgen um Mama und Jinx«, sagte ich, aber das hinderte uns nicht daran, die Schleife an seinem Beutel zu öffnen. Wir hebelten den Kübel auf und schauten nach dem eingewickelten Glas. Es war noch in genauso gutem Zustand wie das Glas in meinem Kübel, und das Geld auch. Alles andere war hinüber. Ich probierte die Taschenlampe, aber sie war im Wasser kaputtgegangen. Dann nahm ich die Gläser aus den beiden Beuteln, während sich Terry noch ein wenig an den Baum lehnte. Das andre Zeug brauchten wir nicht mehr mit uns rumschleppen.
    In dem Moment hörten wir Jinx schreien. Wir schauten hochund freuten uns ein Loch in den Bauch, denn sie und Mama kamen tropfnass am Ufer auf uns zugelaufen. Wir rannten ihnen entgegen, umarmten einander und suchten uns dann einen Platz, wo die Sonne schien. Dort setzten wir uns völlig erschlagen hin und ließen unsere Kleider trocknen.
    Ich erzählte ihnen vom Reverend, und Mama brach in Tränen aus. Aber ich musste es ihr sagen. Irgendwann hörte sie wieder auf, und wir legten uns alle in der prallen Sonne hin und schliefen ein.

19
    Als ich aufwachte, war es schon wieder dunkel, aber nicht so sehr, dass ich nicht gut sehen konnte. Terry und Jinx schliefen noch. Mama saß unten am Fluss in der Hocke und schaute aufs Wasser raus. Ich ging zu ihr und setzte mich neben sie.
    »Ich hab mich auf die Suche nach Jack gemacht«, sagte sie. »Aber der steckt wirklich fest. Das konnte ich vom Ufer aus sehen. Ich wollte rüberschwimmen und ihn befreien, aber ich hab’s nicht getan. Ich bin keine gute Schwimmerin, und ich bin hundemüde. Dass Jinx und ich nicht ertrunken sind, war reines Glück. Wir haben uns an ein Brett geklammert, und das wurde ans Ufer gespült, wo es an ein paar Wurzeln hängen geblieben ist, und da sind wir an Land gekrochen. Wir hatten Glück, und Jack, ein Mann des Herrn, einer von Gottes Auserwählten, hat sein Leben gelassen. Das verstehe ich nicht.«
    »Ich glaub nicht, dass es da was zu verstehen gibt.«
    »Was machen wir jetzt, Sue Ellen?«
    Plötzlich kam ich mir vor wie die Mutter, und meine Mutter war das Kind. »Das weiß ich noch nicht.«
    »Während ich geschlafen habe, habe ich wieder von dem schwarzen Pferd geträumt und von dem weißen, aber dieses Mal hatte das weiße Pferd nicht nur Flügel, sondern es ist auch weggeflogen, und zwar schnell. Ich rannte und hüpfte hinterher wie ein kleines Kind und versuchte, es an den Beinen zu packen oder amSchwanz, und

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