Dunkle Gier: Roman (German Edition)
Zacarias. Falls sie manipuliert wurde, wie jemand es mit ihm zu tun versuchte, war sie viel schwächer und würde auch viel schneller unterliegen als ein erfahrener Karpatianer.
Er schüttete den Inhalt des Papierkorbs auf das Bett und strich die Blätter eines nach dem anderen glatt, um ihren Inhalt durchzusehen. Marguaritas ersten Erklärungsversuchen fehlte es an Sicherheit und Selbstvertrauen, aber sie bemühte sich weiter, was Zacarias verriet, dass sie hartnäckig und entschlossen war – und tapfer. Sie war nicht zu Cesaro gelaufen, der sicherlich dumm genug gewesen wäre zu versuchen, sie zu beschützen. Nein, sie hatte ihrer Verfehlung ins Auge gesehen und auf ihn, Zacarias, gewartet – in der Hoffnung, ihm alles erklären zu können.
Zacarias seufzte. Es war nicht nur ihre Schuld, dass sie nicht gehorcht hatte. Psychische Zwänge waren gefährlich und fast unmöglich zu ignorieren – wie er selbst am besten wusste. Er war ohne Grund zur Ranch gekommen – getrieben von seinem Begehren –, und er war im Umgang mit Magie erfahren. Marguarita dagegen hatte keine derartigen Erfahrungen, auf die sie sich stützen konnte, um sich zu retten.
Zacarias steckte das erste Blatt in seine Tasche und beförderte die anderen mit einer Handbewegung in den Korb zurück, bevor er ihr Kissen aufhob und ihren Duft einatmete. Er sog ihn tief in seine Lunge und gab dem Sehnen nach. Ihr femininer Duft umhüllte ihn. Genau genommen erschütterte er ihn. Zacarias strich die Laken glatt und zeichnete mit der Hand Marguaritas Bild auf dem Bett nach. Er glaubte fast, die Wärme ihrer Haut zu spüren, und wieder einmal schmeckte er ihr exquisites Blut auf der Zunge – köstlicher als der feinste Wein.
Er hätte jedes einzelne Haus auf dem ausgedehnten Besitz aufsuchen und jeden Bewohner, jeden Arbeiter einer genauen Prüfung unterziehen sollen. Sie mussten alle wissen, dass er sich hier aufhielt, allein schon der zugezogenen Vorhänge des Hauses wegen. Niemand würde unaufgefordert in die Nähe des Hauses kommen – oder sollte es zumindest nicht. Wie konnte der Zauber also so machtvoll bleiben, obwohl er sich dessen doch bewusst war?
Wieder atmete er den Duft der Frau tief ein, und sein Körper reagierte mit einem merkwürdigen Kribbeln, einem elektrischen Strom, der durch seine Adern raste und Reaktionen in ihm hervorrief, die er am besten gar nicht erst beachtete. Seufzend begab er sich auf die Suche nach Marguarita. Er hatte dem psychischen Zwang widerstanden und sich bewiesen, dass er Herr seiner Sinne war und sich voll und ganz unter Kontrolle hatte.
Marguarita schob das handgearbeitete Kanu in den Strom hinaus und stieg vorsichtig hinein. Es war das erste Mal, dass Julio nicht das Ruder führte, aber unter seinem wachsamen Auge hatte sie gelernt zu paddeln. Sie hatte angenommen, Angst im Dunkeln zu haben, doch seltsamerweise konnte sie auf dem Wasser ebenso gut sehen wie im Regenwald. Der Fluss war tief genug, um sie bis zum Amazonas zu tragen, das wusste sie. Der anfangs schmale Wasserlauf wurde breiter und die Strömung stärker, dort, wo er sich dem Hauptfluss näherte, und sie würde den Unterschied bemerken. Wenn Julio bei ihr war, war es aufregend, wie das Kanu über das weiß schäumende Wasser glitt, sobald es sich dem brüllenden Amazonas näherte. Aber allein und womöglich gar von einem Vampir verfolgt, verspürte Marguarita nur das dringende Bedürfnis, schnell voranzukommen.
Kaimane mit schwerlidrigen glasigen Augen kauerten wie alte Dinosaurier an den Böschungen, an denen sie vorbeifuhr. Sie schluckte und stieß das Ruder noch kräftiger ins Wasser. Das Kanu glitt still darüber. Unter den dunklen Wolken, die sich am Himmel zusammenballten, sah das Wasser wie ein glitzernder schwarzer Streifen aus, der sich durch lange, halb im Wasser hängende Bäume und Wurzeln hindurchkämpfte, die riesige Käfige bildeten. Marguarita tauchte das Ruder ein und paddelte noch kräftiger, während sie die Vögel zu erreichen suchte, damit sie Alarm schlugen, falls sie vor ihr ein Raubtier sahen.
Bei der Fahrt flussabwärts ergriff ein seltsames Unbehagen Besitz von ihr. Nicht Furcht oder Schrecken - zwei Empfindungen, die sie mit Zacarias de la Cruz in Verbindung brachte -, sondern ein Widerstreben, den Weg fortzusetzen. Sie brachte Abstand zwischen sich und ihn, und mit jedem Meter wurde ihr unwohler zumute. Das Herz tat ihr weh, und es war ein echter körperlicher Schmerz. Vom Verstand her wusste Marguarita, dass sie
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