Dunkle Gier: Roman (German Edition)
Verleugnung der Erinnerung und Gefühle hatten den Stoß härter als beabsichtigt gemacht, und Marguarita taumelte zurück und landete in einiger Entfernung auf dem Boden, wo sie wie ein Häufchen Elend sitzen blieb. Sie blickte nur resigniert zu ihm auf und unternahm keinen Versuch aufzustehen.
Zacarias atmete tief durch, um den unangenehmen Geschmack im Mund loszuwerden. Er war Zacarias de la Cruz, und er war … allein. Ganz und gar allein. Noch nie hatte er sich so allein gefühlt wie in diesem Moment, ohne sie in seinem Kopf, um all diese zerrissenen, dunklen Stellen auszufüllen. Er konnte die gähnende Leere fühlen, die wie ein bodenloses Loch war, das ihn zu verschlingen drohte. Zacarias wich sogar noch weiter vor Marguarita zurück – vor dieser Hexe, die sein Leben auf den Kopf gestellt hatte.
Die Qual des Erinnerns war unerträglich. Ein Zittern durchlief ihn, und er ging noch einen Schritt weiter zurück, legte die Länge des ganzen Raumes zwischen sie beide. Innerlich verspürte er ein fürchterliches Zerren, als zerrisse er seinen eigenen Körper bei dem Versuch, sich von Marguarita zu trennen. Er durfte sie nicht an sich binden. Er war ein Raubtier, durch und durch, schon so geboren, von Geburt an von Dunkelheit überschattet und in Eis gefasst. Und Marguarita ließ jeden seiner Schutzschilde zerschmelzen und beraubte ihn seiner Fähigkeit, richtig zu funktionieren.
Das warnende Knurren, das er von sich gab, ließ ihre Furcht noch wachsen, doch statt der Genugtuung, die er empfinden müsste, machte sein Magen einen Satz, und eine harte Hand drückte ihm das Herz zusammen.
Du hattest mich gebeten, es dir zu zeigen.
Er spürte ihre Bitte und sah, wie zaghaft sie die Hand nach ihm ausstreckte, doch er musterte sie nur mit kalten, ausdruckslosen Augen und abweisender Miene. »Und was nützt mir das? Diese Erinnerung sollte nie wieder auftauchen, aber du musstest ja etwas wieder hochbringen, das über tausend Jahre lang begraben war. Wozu?«
Die Erinnerung ist noch in dir, genauso wie der Schmerz. Du hast sie nur weggeschlossen, statt sie loszulassen.
»Wenn ich sie nicht fühle, ist sie weg.«
Sie schüttelte den Kopf und ließ die Hand sinken. Wenn sie weg wäre, hätte ich sie nicht finden können – oder die Qual gespürt, die sie verursacht.
Er hasste die Logik dieser Frau. Marguarita Fernandez hatte ein lange gehütetes Geheimnis ausgegraben, das niemand kannte in der Welt der Karpatianer, von der menschlichen erst ganz zu schweigen. Zacarias trat einen Schritt auf sie zu und warf ihr mit grimmig zusammengezogenen Brauen einen finsteren Blick zu. »Ich sollte dir den Hals umdrehen für diese Indiskretion. Du erlaubst dir zu viel.« Er legte sogar die Hände zusammen und verdrehte sie, als hätte er ihren Hals gepackt.
Doch sie schob nur ärgerlich das Kinn vor. Ich bin es leid, mich vor dir zu fürchten. Dann dreh mir doch den Hals um! Na los doch! Bring es hinter dich!
Er war so schnell bei ihr, dass sie nur erschrocken zu ihm aufblicken konnte. Die Finger um ihren Hals gekrallt, zog er sie auf die Beine. Ihr Puls pochte an seiner Hand, und im selben Moment schon, als er sie berührte, wusste er, dass er verloren war. Er konnte diese Frau nicht töten oder ihr in irgendeiner Weise wehtun. Sie verlor sehr schnell die Angst vor ihm, und dabei hatte sie allen Anlass, ihn zu fürchten. Jedes Mal, wenn er in ihre Nähe kam, ihren Duft einatmete und sie ansah, reagierte sein Körper mit einer sinnlichen Erregung, die schon fast so schmerzhaft war, dass sie es mit dem Hunger nach ihr aufnehmen konnte, der in seinen Adern pochte.
»Hol dich die Sonne, Frau!«, flüsterte er und ließ die Hände sinken. »Niemand beherrscht mich. Niemand .« Und damit kehrte er ihr den Rücken zu und verließ das Zimmer.
Zacarias löste sich auf, bevor er die Haustür erreichte. Er musste hinaus ins Freie, wo er atmen konnte. Geschlossene Gebäude waren nichts für ihn. Die Welt hatte sich weitergedreht, aber ohne ihn. Er war ein Raubtier, das sich selbst überlebt hatte und nichts von der modernen Welt verstand – und es auch gar nicht wollte. Moderne Häuser und Annehmlichkeiten bedeuteten ihm nichts. Er hatte den Regenwald und die Höhlen, die Erde selbst war sein Zuhause. Ihm war es vorbestimmt, allein zu bleiben. Er war zu einem anderen Leben geboren, und er hatte nichts zu suchen in einer Welt mit Häusern, die von Menschen bewohnt wurden.
Marguarita war ihm ein absolutes Rätsel. Sie war eine schöne
Weitere Kostenlose Bücher