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Dunkle Häfen - Band 1

Dunkle Häfen - Band 1

Titel: Dunkle Häfen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
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Türen und ein alter Mann trat heraus. Hinter ihm wurde die Tür eilig wieder geschlossen. Ruhig stellte er sich vor die bis an die Zähne bewaffneten Piraten. Ramis bewunderte ihn für seinen Mut. Der Mann war äußerst ärmlich gekleidet und sein Gesicht wettergegerbt. Er sah so rau aus wie das Land hier, karg und mühsam jedem langen Winter trotzend. Abgesehen davon unterschied er sich nicht so sehr von den Europäern, wie Ramis erwartet hatte.
    Thomas befahl : "Wir brauchen Proviant und Wasser. Wenn ihr uns das gebt, dann lassen wir euch in Ruhe. Also beeil dich lieber."
    Der alte Mann erwiderte seinen Blick, ohne mit der Wimper zu zucken.
    "Folgt mir ", sagte er schließlich mit einem starken Dialekt und einer Stimme, die ebenso rau war wie sein Aussehen. "Ich gebe Euch Essen."
    Er führte sie zu einem kleinen Haus, das ganz aus Steinen aufgeschichtet war. Er zögert kurz, aber schließlich trat er ein und wartete, bis die Piraten ihm folgten. Drinnen war es sehr dunkel, es gab keine Fenster. Im Dämmerlicht erkannte man die Umrisse einiger Fässer und Kisten. Die Männer gingen zu ihnen hin und rissen die Deckel auf. Um den Inhalt besser erkennen zu können, holten sie eine Handvoll heraus und hielten sie ins Licht.
    "Sehr viel ist das ja nicht!" , schnauzte Thomas den Mann an.
    Die Männer murrten gefährlich.
    "Das ist alles, was wir haben. Es sind die Vorräte des ganzen D orfes", antwortete der Mann, ohne die Miene zu verziehen.
    "Und das soll ich glauben? Lügst du uns nicht vielmehr an? Sollen wir eure Häuser durchsuchen?"
    Ramis wurde wütend, weil man den Armen so ungerecht behandelte. Es war sonnenklar, dass der alte Mann die Wahrheit sprach. Er war mager, richtig ausgemergelt. Das Essen, das hier lagerte, musste schon sehr viel für diese Leute sein und sie nahmen es ihm weg.
    "Dort werdet Ihr nichts finden ", erwiderte der Mann beherrscht.
    Thomas starrte ihn lange an und schien zu überlegen, was er tun wollte.
    "Schafft alles heraus!" , befahl er letztendlich seinen Männern.
    Im Gesicht des alten Mannes zuckte ein Muskel, doch er sagte nichts. Es musste schwer mit anzusehen sein, wie alles, was man sich hart erarbeitet hatte, einfach gestohlen wurde. Das Wenige, was diese Leute hatten, wurde ihnen auch noch fortgenommen. Ramis schämte sich, zu den Piraten zu gehören.
    "Wasser gibt es am Bach ", fügte der Mann hinzu.
    Thomas nickte grimmig, ohne sich zu bedanken. Die Piraten hievten die Fässer und Kisten hinaus. Der alte Mann merkte, dass Ramis ihn ansah und erwiderte ihren Blick. Sie war überrascht, wie kluge und gütige Augen er hatte. Irgendwie erinnerte er an den freundlichen Großvater, den sie sich immer gewünscht hatte. Ramis wurde traurig. Er hatte sein Leben für seine Leute riskiert, vielleicht weil er für sie keinen Nutzen mehr hatte.
    Edward stand immer noch neben ihr und zerrte jetzt an ihrer Hand, wogegen er sich vorher erstaunlich ruhig verhalten hatte.
    "Komm! Wir müssen mit! Sonst gehen sie ohne uns!"
    Ramis sah zum Strand hinüber und tatsächlich, die Männer machten die Beiboote bereits zum Aufbruch klar. Aus einem Impuls heraus trat Ramis plötzlich zu dem Alten und berührte seine knorrige Hand.
    "Danke ", erklärte sie stellvertretend für die anderen.
    Schnell drückte sie ihm eine kleine Kette in die Hand. Es war eine kunstvoll aufgefädelte Perlenschnur mit einem Anhänger aus Elfenbein, der einen Fisch darstellte. Ramis hatte sie auf dem Handelsschiff gefunden und nicht widerstehen können, sie an sich zu nehmen. Dann drehte sie sich eilig herum und rannte mit Edward zurück zum Boot. Der Mann blickte ihr nach, wie sie mit dem schwer im Wasser liegenden Boot davon gerudert wurde. Sie erreichten die Fate und der neue Proviant wurde ausgeladen und im Bauch des Schiffes verstaut. Dabei mussten die Schiffsjungen auch zur Hand gehen und Ramis hatte keine Gelegenheit mehr zu sehen, wie sie ablegten. Bess äußerte sich nicht zu den wenigen Vorräten. Sie hatte wohl nicht mehr erwartet. Als Ramis wieder an Deck kam, waren die beiden Schiffe schon wieder auf See.
     
    An einem einsamen Platz an der Küste setzten sie schließlich die Franzosen ab, die nach Bess Meinung nur 'unnütze Fresser' waren. Sie brauchten sie nicht mehr, weder zum Bedienen des zweiten Schiffes, noch um ihnen Informationen über die Lage an der amerikanischen Küste zu geben. Die Männer jagten sie mit Gebrüll und gezückten Säbeln vom Schiff. Mit leichenblassen Gesichtern rannten die Franzosen

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