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Dunkle Häfen - Band 1

Dunkle Häfen - Band 1

Titel: Dunkle Häfen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
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Eindruck, die Frau und der Junge seien nicht mehr ganz dicht. Wer wusste, was in dem Kopf mit den blonden Haaren vorging, wenn Ramis ihre düstere Miene aufsetzte und für die Welt unerreichbar wurde... Oder der Junge, der einen Hass auf jeden außer seiner Tante in sich trug, der ihn zerfraß. Es würde ein böses Ende mit dem Kind nehmen, das sah Bess jetzt schon. Im Übrigen war es nicht normal, dass Edward wie eine Klette an Ramis hing. Die Beziehung der beiden war seltsam. Ramis schien überhaupt nicht wahrhaben zu wollen, wie es um Edward stand. Allerdings konnte auch Bess nicht einschätzen, was in Kindern vorging, sie, die nie ein Kind in den Armen gehalten hatte. Sie verstand Ramis ebenso wenig. Sie kannte weder Ramis Vergangenheit, noch ihre Ängste oder ihr immer noch gefährdetes inneres Gleichgewicht. Sie konnte nur sehen, dass Ramis die Männer auf dem Schiff mied, als hätten sie die Pest. Zwar hatte Bess viele solche Frauen, traumatisiert von schrecklichen Ereignissen, gesehen, aber Ramis war doch anders . Sie ließ sich nicht so recht in die Piratenkreise einordnen, nicht zu den Matrosen, Händlern, Mördern, Dirnen, Piratenbräuten, den Glücksrittern und Abenteurern. Aber sie glich auch nicht den wenigen Adligen, denen Bess begegnet war. Genauer gesagt, glaubte sie nicht, je einen Menschen gesehen zu haben, der so fehl am Platze war wie Ramis, die sie Anne nannte. Die Kleine ließ sich nicht einordnen. Nicht einmal vom Aussehen, denn sie konnte sich nicht so recht entscheiden, ob Ramis schön war. Sie war nicht hässlich, doch in ihrer ausschließlich praktischen Kleidung musste sie seltsam wirken. Letztlich wurde es Bess zu langweilig, darüber nachzugrübeln und sie wandte sich wieder dringlicheren Dingen zu. Sie warf einen Blick auf die Küste. Dort würde es viele Kilometer nichts geben, was man einen Hafen nennen konnte. Einzig Trepassey, eine größere Stadt im Südosten der Insel wurde diesem Namen gerecht. Es war die Verbindungsstelle zwischen Europa und Amerika. Alle Schiffe, die über den Ozean kamen und nach Nordamerika wollten, passierten diese Stadt, um neuen Proviant aufzunehmen. Bess gedachte jedoch, den Hafen zu umfahren. Sie hatten das letzte Mal Ärger mit den Leuten dort gehabt und man würde sie nicht willkommen heißen. Seit ihr Kontaktmann in Trepassey umgebracht worden war, konnten sie sich dort nicht mehr ungefährdet blicken lassen. Die anderen verlangten zu hohe Bestechungsgelder für ihre Hilfe. Trotzdem würde man dort ankern müssen, bis das gekaperte Schiff, die Prise, verkauft war. Sie würden sich nicht länger als nötig dort aufhalten. Auch wenn jedem Piraten das Wasser im Munde zusammenlaufen würde angesichts der fetten Beute. All die voll beladenen Handelsschiffe, ihre Mannschaften erschöpft von der langen Überfahrt...
     
    Ramis machte sich unterdessen Gedanken darüber, wie es wohl sein würde, die Füße auf einen völlig fremden Kontinent zu setzen. Es musste ein ganz erhebender Augenblick sein. Die Fate steuerte einen flachen Strand an und ging dort vor Anker. Vor ihnen schien nur Wildnis zu liegen. In einem Hafen waren sie bestimmt nicht. Ramis entdeckte am Ufer einige Fischerstege mit daran dümpelnden Booten. Es war ein friedliches Bild, das durch die Anwesenheit der Piraten gestört wurde. Ramis wurde auf einmal klar, dass sie auch zu den Piraten gehörte, diesen unberechenbaren Wesen, die Unheil und Unfrieden zu diesen Leuten, offensichtlich Fischer, brachten. Mehrere Ruderboote wurden zu Wasser gelassen und ein Trupp Männer stieg ein.
    "Hey, ihr zwei, wollt ihr nicht mit?" , riefen sie.
    Damit waren Edward und Ramis gemeint. Ramis sah Edward an, er nickte begeistert. Ramis Herz klopfte unruhig vor Aufregung und sie wäre fast ins Wasser gefallen, weil prompt ihr Fuß in der Strickleiter hängen b lieb, als sie herunterkletterte. Das war Ramis peinlich und es ärgerte sie, weil alle lachten. Sie war sicher nicht die einzige, der so ein Missgeschick passiert war. Sie ließ sich schnell auf einer Sitzbank hinter Edward nieder, als die Männer zu rudern begannen. Sie bewegten sich mit kräftigen Ruderschlägen auf das Land zu. Im Boot war es recht eng, was mehr Körperkontakt erforderte, als Ramis es bisher mit den Männern gehabt hatte. Es erfüllte sie mit großem Unbehagen, wenn man sie zufällig streifte und sie mochte den strengen Männergeruch nach Schweiß und den ungewaschenen Körpern nicht. Sie hatte jedoch nicht dieses panische Gefühl, das

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