Dunkle Häfen - Band 1
Eigentümerin dieses Schiffs, deshalb wird hier auch nicht gewählt. Ich ging meine eigenen Wege als Kapitän. Und wir leben bis jetzt immer noch. Was Tew betrifft, ihn hat es 1695 in einem Kampf erwischt. Davor brachte er es mit seinen Fahrten aber noch zu großer Berühmtheit. Entweder ein Pirat wird am Galgen aufgeknüpft oder er fällt im Kampf. Am wahrscheinlichsten ist es beim einfachen Mann aber, dass er an einer Krankheit verreckt. Du wirst kaum einen hier finden, der nicht Syphilis hat."
Syphilis, die Krankheit der Ausschweifenden, die Last der Prostituierten, die sie weiter verbreiteten. Ramis hatte sich immer bemüht, die Gedanken daran fernzuhalten, sie hatte nicht mit den Frauen in Berührung kommen wollen, als könne sich allein dadurch anstecken. Es war so unsagbar scheußlich.
"Die wenigsten setzen sich im Alter zur Ruhe. Doch der Preis ist es wert. Ich bin nicht die Leibeigene eines Mannes, mein Kind. Ich herrsche hier. Die Sicherheit, die sich so viele Frauen im Austausch gegen ihr Leben erkaufen, ist es nicht wert. Ihre Körper und ihr Geist verkümmern im Alter. Dass ich selbst Herrin über meinen Körper und meinen Kopf bin, das ist mir tausendmal mehr wert als jede Sicherheit. Verstehst du das?"
Ramis verstand es sehr gut, doch tief in ihrem Herzen sehnte sie sich übermächtig nach einer Sicherheit, die sie immer auffangen würde.
Edward saß auf dem Bugspriet und ließ die Beine herunterbaumeln. Ihm war langweilig. Seit Ewigkeiten waren sie nun schon unterwegs, ohne dass etwas die Einöde durchbrochen hätte. Nur einmal hatten sie in einer Stadt geankert, um Proviant aufzunehmen. Die Männer waren von Bord gegangen, um sich zu amüsieren und ihr verdientes Geld wieder auszugeben. Nur Ramis hatte unbedingt auf dem Schiff bleiben wollen. Sie hatte Edward bei sich behalten, weil sie es nicht gern sah, wenn er unter den Einfluss der Mannschaft geriet. Sie wollte auf keinen Fall, dass er mit den 'Vergnügungen' der Männer in Berührung kam. Edward seufzte. Als ob das noch irgendetwas ausmachen würde. Er war in einem Bordell aufgewachsen, selbst wenn Ramis das nicht einsehen wollte. Unter Piratenleben hatte er sich allerdings etwas anderes vorgestellt. Jeden Tag wilde Kämpfe und ganze Städte in Angst und Schrecken versetzen. Die Leute sollten vor Angst schreien und davonlaufen, wenn sie ihn kommen sahen. Die Frauen sollten jammern und um Gnade betteln, während sie ihre Kinder versteckten. Die Männer sollten wissen, dass sie todgeweiht waren. Eines Tages würde er, Edward, der Schrecken der Meere sein. Seine Mannschaft würde ihn fürchten. Keiner würde ihn mehr ungestraft den Bastard einer Hure nennen. Keine s dieser Weiber würde ihn jemals mehr von oben herab und wie ein Stück Dreck behandeln. Ihre klebrigen Finger, die ihn entweder entzückt tätschelten oder ihn vermöbelten, würden abgetrennt im Staub liegen.
Auf dem Deck entdeckte er Ramis, die sich suchend umblickte. Sicher hielt sie nach ihm Ausschau. Und würde schimpfen, weil er wieder so unvorsichtig war. Er konnte ja leicht herunterfallen. Edward ahnte, dass Ramis ebenfalls verärgert wäre, wenn sie von seinen Gedanken wüsste. Sie verstand das nicht. Dabei würde sie auf seinem Schiff den Ehrenplatz bekommen, schloss er seine Zukunftsträume. Hastig sprang er auf die Planken zurück.
Die junge Frau hatte ihn jetzt entdeckt. Aber sie wollte ihn gar nicht tadeln.
"Hast du schon gehört? Wir werden bald New Providence erreichen! Es wird demnächst das Piratenhauptquartier werden, sagt Bess!"
Das hörte sich schon wesentlich interessanter an, fand Edward. Aber immer Bess! Er mochte sie nicht. Seiner Meinung nach war sie unfähig. Wegen ihr gab es keine Kämpfe, keine Abenteuer. Weil sie es für unnötig hielt. Ramis kam lächelnd auf ihn zu. Er nahm ihre Hand und legte seine Wange auf die Innenfläche. Sie strich ihm über das salzige Haar und glättete es mit einer mütterlichen Geste.
"Mein Kleiner! Mein Kind!" , flüsterte sie glücklich.
Von hinten erklangen Schritte. Sie drehte sich um und ließ Edward los, als sie Thomas erkannte. Sein unfreundlicher Blick verdarb ihr bereits wieder den Tag. Er ging weiter, Ramis starrte ihm böse hinterher. Dieser Mensch war ihr einfach zuwider. Dann wandte sie sich Edward zu.
"So, heute s chneide ich endlich deine Haare", sagte sie fest.
"Ich will aber nicht! Keiner hier schneidet sich die Haare!" , murrte er.
"Das ist mir egal. Dementsprechend sehen sie auch aus! Es muss
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