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Dunkle Häfen - Band 1

Dunkle Häfen - Band 1

Titel: Dunkle Häfen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
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der sie schwindeln ließ. Sie waren an Land. Und wenn Thomas nun sie , Ramis herausfordern würde? Auf einen Kampf auf Leben und Tod? Hätte sie denn die Wahl, abzulehnen? Sie war eine von ihnen, an ihre Gesetze gebunden. Es würde ihren sicheren Tod bedeuten und man könnte Thomas nicht einmal zur Verantwortung ziehen. Wenn er einen Grund fand, sie herauszufordern... Und den fand ein Pirat leicht. Sie begann wieder zu zittern, selbst als sie in die warme Sonne kam. Ramis durfte ihm keinen Grund geben.
    Die Insel war unerwartet groß, groß genug, um mit Urwald überwuchert zu sein. Auch hier hatte der Sturm gewütet, der Strand war mit Treibgut bedeckt und mehrere Bäume ragten entwurzelt aus dem Dickicht hervor. Die Mannschaft machte sich daran, das Schiff zu reparieren oder nach Wasser und Material zu suchen. Erst jetzt war das Ausmaß des Schadens zu erkennen, den das Unwetter verursacht hatte. Sie mussten ein Riff getroffen haben, denn eine Seite war abgeschrammt und Wasser war ins Innere gelangt. Die Segel waren zerfetzt und hingen herunter. Daneben gab es tausend Kleinigkeiten, die beschädigt waren und repariert werden mussten. Ramis stand wie gelähmt an Deck und suchte nach Thomas. Er hielt sich wieder bei Bess auf und diskutierte mit ihr. Diese entdeckte sie jetzt und winkte ihr herzukommen. Zögernd setzte Ramis sich in Bewegung.
    Edward wurde derweil zum Aufräumen eingeteilt, wogegen er sich heftig sträubte, am Ende aber doch nachgeben musste.
    Ramis wusste, dass Thomas sie beobachtete, während sie sich den beiden näherte. Vielleicht holte er auch schon zum letzten Schlag gegen sie aus und forderte sie jeden Moment heraus? Sie versuchte, ganz normal zu wirken und ihn nicht anzusehen, doch diese Art der Angst ließ nicht verbergen. Starr sah sie Bess an. Die Piratin wirkte müde, abgekämpft nach der langen Nacht. Eine breite Platzwunde zog sich über ihre Stirn, ganz abgesehen von den anderen Kratzern, die Hände und Gesicht bedeckten. Den meisten Männern ging es nicht anders, vor allem denjenigen, die noch einige Zeit oben geblieben waren.
    "Ich sehe, ihr seid wieder auf den Beinen", begann Bess.
    Ramis fragte sich, ob Bess sie während des Sturms in die Kajüte zurückgebracht hatte. Am ehesten sie, doch war sie nicht auf Deck geblieben? Ramis konnte sich nur noch undeutlich an den betreffenden Zeitpunkt erinnern. Es war wie ein Loch in ihrem Gedächtnis, die Erinnerung so fadenscheinig wie ein abgetragenes Kleid. Sie wollte aber nicht danach fragen, manchmal war es besser, im Unklaren zu bleiben.
    "Ich wollte dir sagen, dass du zusammen mit Thomas das Schiff vor größerem Schaden bewahrt hast." Dabei warf sie Thomas einen Blick zu und Ramis wusste, was er zu bedeuten hatte. "Du hast bewiesen, dass mehr in dir steckt, als wir gedacht hätten. Ab jetzt wirst du dich Matrose und Pirat nennen können."
    Das war ein schier unglaubliches Lob von Bess, das umso mehr Bedeutung hatte, da Bess sie noch nie gelobt hatte. Ramis strahlte vor Stolz, ihr Lächeln schwand allerdings wieder, als sie Thomas Miene sah.
    Du hast kein Recht, hier zu sein.
    Das war es, was sie alle dachten. Weil sie eben eine Frau war und noch dazu eine, die außerstande war, sich wenigstens wie ein Mann zu benehmen . Ihre Art war auch falsch.
    "So, du Pirat , dann drück dich nicht länger und gehe arbeiten, so wie die anderen."
    Das kam von Thomas.
    Bess war bereits wieder anderweitig beschäftigt und brüllte einigen Piraten zu:
    "Ihr Hornochsen! Doch nicht da hin! Nein, bringt es wieder zurück!"
    "Oder willst du nicht arbeiten wie jeder Mann hier?" Seine Stimme war leise, giftig. "Dann geh zu den Segeln und hilf beim Nähen. Zumindest das sollte eine Frau können!"
    Ramis schluckte eine zornige Erwiderung herunter. Wortlos drehte sie sich um und ließ ihn stehen. Die Segel lagen inzwischen abgenommen und ausgebreitet auf den Holzblanken an Deck. Wegen des Sandes mussten die Segel an Bord bleiben, es hätte sonst eine furchtbare Sauerei gegeben. Ramis konnte nähen, recht gut sogar, nach all den Jahren der Übung. Aber das Flicken der Segel hatte damit wenig zu tun. Es war schlicht nicht zu vergleichen. Für die Segel hatte man dicke Nadeln und festes, starres Garn. Um das auch noch durch das Segeltuch zu bringen, brauchte man viel mehr Kraft als Fingerspitzengefühl. Ramis war es gewohnt, mit hauchfeinen, seidigen Stoffen umzugehen, bei denen schon ein kleiner Fehlstich alles ruinierte. Hier schmerzten ihre Finger bald höllisch

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