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Dunkle Häfen - Band 1

Dunkle Häfen - Band 1

Titel: Dunkle Häfen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
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sich in die Hände dessen, war davon abhängig, wie viel er über sie wusste und ob er sie an ihre Feinde verraten würde. Ramis machte sich auf den Weg nach unten und überlegte, wie nachtragend das Leben doch war. Es ließ einem keine Chance zu einem Neubeginn. Man war an die Vergangenheit gekettet, durch eigenes Verschulden, doch auch durch andere, denen man in ihr begegnet war und die einen stets daran erinnerten. Ramis wusste, selbst wenn es keinen Menschen mehr von jenen gegeben hätte, die ihr irgendwann über den Weg gelaufen waren, hätte sie sich nicht davon lösen können. Die Vergangenheit war eine Last, die man nicht loswerden konnte. Ihr schwerer Seufzer klang seinerseits, als würde die Welt auf ihren Schultern lasten. Als sie aus dem Wald kam, entdeckte Edward sie.
    "Wo warst du denn?" , fragte er und wischte sich übers Gesicht.
    "Ach, nur ein bisschen spazieren. Ich hatte etwas Ruhe nötig."
    Dabei blickte sie auf die wunden Innenflächen ihrer Hand herunter.
    "Du hättest mich mitnehmen können."
    "Ich weiß. Aber du warst beschäftigt."
    "Ach ja ", fiel Edward ein, weshalb er sie wohl gesucht hatte. "Der Käpt'n sucht dich."
    "Weswegen?"
    Edward zuckte nur die Achseln.
    "Hat sie mir nicht gesagt."
    "Und wo ist Bess?"
    "Da hinten irgendwo." Edward deutete vage nach vorne.
    "Na, das hilft mir ja weiter ", brummelte Ramis. "Kommst du mit?"
    Der Junge schüttelte den Kopf.
    "Nee, geht grad nicht. Harris will mir zeigen, wie man Fische ausnimmt und brät."
    "Dann eben nicht. Sehe ich dich später? Ach ja, wann gibt es Essen?"
    Nach Edwards Auskunft begann man gerade erst mit der Zubereitung. Es würde also noch dauern. Ramis verabschiedete sich kurz von Edward und begab sich auf die Suche nach Bess. Sie musste sich durchfragen, um zu ihr zu gelangen. Währenddessen machte sie sich Gedanken darüber, was Bess von ihr wollte. Hatte sie wieder etwas falsch gemacht? Eigentlich hatte sie sich nur vor der Arbeit gedrückt. Sie fand Bess am Rand des Urwaldes, wo die Piratin auf einem umgestürzten Baumstamm hockte und ihren Säbel schärfte. Das scheußliche Schaben verursachte eine Gänsehaut. Bess musste ein gutes Gehör haben, denn sie blickte Ramis trotz des Lärms entgegen.
    "Ah, unsere Ramis!" , rief sie ihr entgegen.
    Zuerst fiel Ramis gar nichts auf, doch plötzlich blieb sie wie angewurzelt stehen. Bess hatte sie Ramis genannt. In ihrer Sorge dachte sie gar nicht daran, sich über Edwards Vergesslichkeit zu ärgern. Es war ja auch nicht wirklich seine Schuld. Bess klopfte lächelnd neben sich auf den Stamm. Offensichtlich war sie zufrieden mit der Wirkung ihrer Worte. Im Bewusstsein, ohnehin nicht entrinnen zu können, ließ Ramis sich neben ihr nieder.
    "Du wunderst dich, woher ich das weiß, was?" , grinste Bess. "Du musst es gar nicht erst leugnen, ich habe deine Reaktion gesehen." Sie seufzte. "Es wird bald Krieg geben. Alles ist nur noch eine Frage der Zeit."
    "Worauf wollt Ihr hinaus? Sicher habt Ihr gehört, wie Edward mich so nannte!"
    "Ganz recht. Doch du solltest mich nicht so anfahren. Es ist nicht meine Schuld. Also, im Krieg wird einem vieles verziehen, weil ohnehin alles auf dem Kopf steht. Aber manche Dinge auch nie. Hast du König William schon einmal gesehen?"
    Ramis zog scharf die Luft ein. Ihr Herz schlug auf einmal wie rasend. Bess wusste es .
    "Dein Schweigen sagt wohl genug. Er ist ein recht strenger Mann, was? Sicher war er sehr wütend, als er erfuhr, dass einer seiner Günstlinge ermordet worden ist. Du erbleichst? Oh ja, man hat das kleine Dienstmädchen nie gefunden, das man verdächtigte. Eine scheue Kreatur, eine Verrückte, sagten die Leute. Bei ihr war es ja nie mit rechten Dingen zugegangen."
    Sie beobachtete Ramis, deren Brust sich rasend schnell hob und senkte. In der Miene der jungen Frau zeigte sich keinerlei Überraschung, als hätte sie das schon immer erwartet.
    "Ist alles Klatsch, den ich zufällig mal gehört habe. Ich muss mich immer auf dem Laufenden halten, um mich auf neue Ereignisse einstellen zu können. Da bekommt man so einiges mit. Der Tod einer so wichtigen Persönlichkeit zieht eben weite Kreise."
    "Was... hielten sie für das Motiv?" Ramis musste es einfach wissen, obwohl sie schon erfahren hatte, wie grausam Klatsch war.
    "Oh, wie üblich überschlugen sich die Spekulationen. Ich glaube, du willst das lieber nicht wissen. Doch? Es sind makabere Geschichten, bluttriefend und wenn ich mir dich so ansehe, glaube ich nicht, dass sie stimmen,

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