Dunkle Häfen - Band 1
reißen. Ohne Vorwarnung ließ er die Fackel fallen und ging auf Ramis los. Ramis wich fluchtartig zurück und verfing sich in den eigenen Beinen. Sie stürzte zu Boden. Sofort war der Spanier über ihr. Er hob den Säbel und sagte wieder etwas. Ungeschickt riss Ramis den Säbel hervor, den man ihr vorhin sicherheitshalber gegeben hatte. Der Mann war erst einmal überrascht über die hochfahrende Klinge und gab Ramis damit die Zeit, sich aufzurappeln. Kaum war sie auf den Beinen, hatte der Feind sich wieder gefasst und drängte nun auf sie ein. Er war kein guter Kämpfer, aber besser als sie. Sein Arm holte kräftig Schwung und Ramis blieb nicht mehr die Zeit auszuweichen. Metall kreischte, als die Klingen sich trafen. Ramis glaubte, es würde ihr den Arm aus der Schulter reißen, ein entsetzlicher Schmerz durchfuhr sie. Verzweifelt versuchte sie die Angriffe zu parieren, sie wich immer weiter zurück. Auf den nächsten Schlag war sie nicht gefasst. Es gelang ihr noch, die Klinge hochzureißen, bevor der Schmerz sie heftiger als zuvor packte. Mit einem Aufschrei flog ihr der Säbel aus der Hand und sie stürzte zu Boden. Damit war sie verloren, das wurde ihr schnell klar. Sie versuchte den Todesstoß zu erwarten. Der Spanier holte nun zum endgültig letzten Schlag aus, als es einen lauten Knall gab. Schmerz und Überraschung zeigten sich auf dem Gesicht des Mannes, als er die Arme hochriss. Mit einem grauenhaften Gurgeln kippte er um und krümmte sich. Aus schreckgeweiteten Augen starrte Ramis auf den Mann. In seinem Rücken war ein Loch, aus dem Blut sickerte. Noch immer lag sie mit geballten Fäusten da, wie sie es schon seit einiger Zeit tat. Langsam hob sie den Blick und gewahrte Edward, der mit Ruß geschwärztem Gesicht vor ihr stand. Er sah ziemlich mitgenommen aus. In seiner Hand hielt er eine rauchende Pistole, der Gestank kitzelte Ramis in der Nase. Nein, das war nicht der Rauch der Pistole. Das Deck brannte! Die Fackel hatte einen Brand verursacht.
"Schnell, wir müssen den Brand löschen!" , schrie Ramis auf und kam auf die Beine. "Wo sind die Eimer?"
Ihr Orientierungssinn war durch die ausgestandenen Ängste ziemlich verwirrt und so brauchte sie eine ganze Weile, um die Eimer zu finden. Zusammen mit Edward rannte sie zur Reling. Ein Fluch entschlüpfte ihr, als sie feststellte, dass sie kein Seil hatten. Doch Edward, der sich vor dem Kampf für alles ausgerüstet zu haben schien, hatte auch das dabei. Er reichte es Ramis, die daran die Eimer befestigte. Dann ließ sie sie herunter und schickte Edward Hilfe holen. Sie selbst zog die Eimer aus dem Wasser und stürmte damit zum Feuer. Es schien herzlich wenig zu nützen. Das Feuer fand weiterhin genug Nahrung im trockenen Holz. Trotzdem rannte sie wieder zur Reling und wiederholte das Ganze. Zum Glück rückte dann auch die Verstärkung an. Durch die Rauchschwaden sah sie Edward und zwei Männer nahen. Es waren Parry und Langley, zwei der Matrosen. Parry hatte nur noch ein Auge, das andere hatte er bei der Explosion einer Kanone verloren. Er hatte Erfahrung mit Bränden. Mit vereinten Kräften schafften sie es schließlich, das F euer unter Kontrolle zu bringen und bald darauf war es gelöscht. Erschöpft standen alle da. Der Rauch verzog sich allmählich und jetzt nahte auch Thomas, der das Kommando über das Schiff hatte, während Bess weg war. Der Brand war in all der Aufregung und dem Durcheinander kaum aufgefallen. Das andere Schiff stand inzwischen völlig in Flammen, es war nicht mehr zu retten. Die Piraten schafften so viel von der Beute mit auf die Fate wie sie konnten. Sie hatten einige Gefangene bei sich. Voller Entsetzen sah Ramis, dass noch einige Überlebende der gegnerischen Besatzung drüben war, einige verwundet und ein paar hielt man auf dem Schiff fest. Sie waren dazu verurteilt, bei lebendigem Leib zu verbrennen. Ein Mann sprang über Bord, auch er würde sterben müssen, in den kalten Fluten. Ramis war unwohl, obwohl sie gewusst hatte, wie sie mit ihren Feinden verfuhren. Piraterie war brutal und das meistens völlig sinnlos oder zur Verbreitung von Angst und Schrecken. Ein Pirat konnte zugleich ein guter Kamerad und ein erbarmungsloser Schlächter sein. Doch war Ramis selbst besser, gnädiger gewesen? Nein...
Bess lud ihre Beute neben Ramis ab, ohne auf deren Miene zu achten, die eine tiefe Abscheu ausdrückte.
"Das war harte Arbeit ", stöhnte sie.
Über ihren Arm verlief eine dünne Wunde, die dennoch stark blutete.
"Wir haben
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