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Dunkle Häfen - Band 1

Dunkle Häfen - Band 1

Titel: Dunkle Häfen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
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uns auf den Rückweg, begleitet von dem Diener. Dieser brachte uns in ein düsteres Lagerhaus, wo es stark nach Fisch und altem Holz roch. Der Geruch hing in den verwitterten Deckenbalken und Mauern. Der Kontakt war ein gedrungener Mann mit einem schmierigen Grinsen, der mir sofort unsympathisch war. Er war gut gekleidet, doch es passte irgendwie nicht zu ihm. Seine flinken Frettchenaugen waren die eines Betrügers. Ich ahnte, dass ich sehr auf der Hut sein musste. Fast wünschte ich, ich hätte die Geschäfte Thomas überlassen, wie er es gewollt hatte. Und dennoch musste ich das tun, denn ich und nicht er war der Kapitän.
    "Nun, meine Herren... und Damen ", sein Blick verweilte berechnend auf mir.
    Sicher verglich er mich mit Bess und kam zu der Ansicht, er könne mich leicht übers Ohr hauen. In meiner Verkleidung musste ich ja auch unzurechnungsfähig aussehen.
    "Was bringt Ihr mir denn dieses Mal?"
    Sein Benehmen zeigte, dass er mit den launischen Piraten umzugehen wusste. Trotz aller offensichtlichen Falschheit dieses Mannes hören sie gerne Schmeicheleien.
    "Ach, wo ist übrigens die Dame Bess?"
    "Sie ist tot!" , fuhr ich ihn an, als wäre er daran schuld.
    Aber der Gedanke an Bess schmerzte einfach immer noch.
    "Ich bin jetzt Kapitän."
    Es war mir nicht entgangen, dass er sich hauptsächlich an Thomas wandte. Mich mochte er als weibliche Begleitung betrachten. Und eigentlich war es ihm ja auch nicht zu verdenken, denn auch ich würde mir eine Frau an der Seite eines Piraten nicht als den Kapitän denken. So war die Welt nun mal. In seiner Miene war die übliche Ungläubigkeit, der ich wohl noch oft begegnen würde, sollte ich Kapitän bleiben. Er bemerkte meinen Ärger und meinte freundlich:
    "Ihr müsst mein Erstaunen verstehen, Miss. Eine so junge, hübsche Dame in diesem rauen Geschäft..."
    Ich glaubte ihm kein Wort.
    In diesem Aufzug konnte man mich erst recht nicht als hübsch bezeichnen. Sein aufdringlicher Blick störte mich und machte mich nervös. Ich hasse es, wenn man mich so abschätzig ansieht.
    "Kommen wir jetzt zum Geschäft ", sagte ich, während ich dachte: Wie schnell kann man in solche Kreise absinken.
    Ich mache gemeinsame Sache mi t Mördern und Schwerverbrechern.
    Thomas kalte Augen waren auf mich gerichtet, als ich mit dem Feilschen begann.
    "Schlagt einen Preis vor, Miss ", überließ der Frettchenmann es mir.
    Ich hatte mich schon kundig gemacht und setzte den Preis viel zu hoch an.
    "Ausgeschlossen!" , versetzte er wütend. "Ihr wollt mich beleidigen!"
    Ich erwiderte, dann würde mich mir einen anderen suchen, der mit sich reden ließe.
    Die Regeln des Feilschens waren wohl überall die Gleichen. Der eine will verkaufen, der andere kaufen und irgendwo in der Mitte trifft man sich gewöhnlich. Für mich ging es dabei jedoch um mehr als Geld, wieder einmal hatte ich mich zu beweisen, vor diesem schmierigen Mann und vor meiner Mannschaft. Letztendlich erzielte ich einen durchaus guten Preis, das konnte ich an dem unzufriedenen Gesichtsausdruck des Mannes sehen. Somit waren wir Schiff und Ware los und hatten volle Taschen bis zum Bersten. Der Krieg hatte die Preise in die Höhe getrieben. Wir zogen mit unseren Geldsäcken davon, sehr zufrieden.
    Die Männer wollten in die Stadt und etwas von ihrem Geld sehen und ich beschloss, die Zeit zu nutzen, um mich der Vergangenheit zu stellen. Als wir das Geld verteilt und den Rest für den Proviant beiseitegelegt hatten, trennten wir uns.
    Zusammen mit Edward machte ich mich auf den Weg zu den Ruinen des Goldenen Drachen . Meine Füße kannten den Weg noch sehr gut. Es war, als wäre ich nur ein paar Tage weggewesen. Die verkohlten Überreste waren fortgeschafft worden und dort stand jetzt ein neues, nichtsdestotrotz schon baufälliges Gebäude. Die Vergangenheit war ausgelöscht, nur in den Köpfen gab es sie noch. Stumm standen wir in der ehemals vertrauten Straße. Edward sagte kein Wort, aber ich wusste, er trauerte nicht um sie. Er hatte keine besondere Zuneigung zu den Verstorbenen, manchmal denke ich sogar, er hasste sie. Besonders Lettice. Lettice, die kein Grab bekommen hat, keiner wird jemals Blumen zu ihren Füßen niederlegen.
    Vergib mir , flüsterte ich lautlos.
    Von den Geistern jedoch, die hier ruhelos verweilten, hatte ich keine Vergebung zu erwarten. Ich fühlte ihre Unversöhnlichkeit, die von den dunklen Nischen ausging, in denen sie lauerten. Madame war dort und ihre letzten Worte hallten hier auf ewig wieder. Es war kein

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