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Dunkle Häfen - Band 1

Dunkle Häfen - Band 1

Titel: Dunkle Häfen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
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läuft es nach dem Sprichwort: Wie gewonnen, so zerronnen. Einen Teil brauchen die Schiffreparaturen auf und die Mannschaft wirft ihr Geld auf die übliche Weise zum Fenster heraus. Meinen Anteil lege ich mir zur Seite, wenn ich nicht gerade neue Kleidung für Edward oder mich brauche. Einst habe ich mir gewünscht, mir einfach etwas Unnötiges zu kaufen, aber nun da es soweit ist, fürchte ich mich geradezu davor. Andererseits werde ich dieses Geld bald brauchen, spätestens in der nächsten Hungerperiode. Die Holländer bestärkten uns in dem Beschluss, nach Bristol zu fahren. Sie hatten es auch als Ziel gehabt, denn die Preise für ihre Waren sind im Moment gewinnträchtig. Ich nehme an, sie sagen die Wahrheit und haben nicht vor, uns in Bristol zu verraten. Sie haben bereits die Papiere unterschrieben, in denen sie bezeugen, dass sie sich uns freiwillig angeschlossen haben.
    Bald werde ich Bristol wiedersehen. Es macht mir richtig Angst. Zu viele böse Erinnerungen warten dort auf mich. Und ich weiß nicht, wie es sein wird, als Piratin zurückzukehren. Es ist ein gewaltiger Wandel, den ich rein äußerlich mitgemacht habe. Von der Dienstmagd zum Kapitän. Wie es innerlich steht, kann ich im Moment noch nicht sagen. Wir werden sehen. Immerhin werde ich Liam treffen können, das ist ein kleiner Trost. Ich habe schon viel zu viele Freunde verloren, die ich niemals wieder sehen darf. Doch ich weiß auch, irgendwo hinter Bristol lauert London. Und es wartet...
     
    Bristol, Ende 1702
    Bristols Anblick wühlte mich mehr auf, als ich es vorausgesehen hatte. Ich stand an der Reling und dachte: Oh Gott, ich kehre zurück. Da vor mir liegt England. Ich bekam eine Gänsehaut. Wir fuhren die Mündung des Avon entlang, bis wir den Hafen erreichten. Es war kalt, fast schon Winter. Die Sonne versteckte sich wie so oft zwischen den Wolken, sie wollte uns nicht willkommen heißen. Nach drei Jahren auf See kehrte ich also zurück. Und doch schien sich hier nichts geändert zu haben, die Kais waren noch genauso wie ich sie in Erinnerung hatte. Es ist seltsam, dass wir immer erwarten, die Orte, die wir kennen, ebenso verändert zu sehen wie uns selbst. Und dann wundern wir uns, obwohl sich doch eigentlich viel geändert hat. Ja, die Häuser, sie stehen noch da, aber es sind Menschen darin gestorben oder ausgezogen, neue geboren oder eingezogen. Es ist nie mehr dasselbe. Die bunte Menschenmenge, die heute die Straßen bevölkert, sieht aus wie früher und ist doch eine andere.
    Das altbekannte beklemmende Gefühl regte sich wieder, als ich mich zwischen sie begab. Schon seit Ewigkeiten hatte ich es nicht mehr gehabt, doch nun - nach der endlosen Weite der See - erdrückte es mich wieder. Das Gefühl, in der Menge eingeschlossen und mitgerissen zu werden, um schließlich in der Anonymität unterzugehen. Oh ja, nun konnte ich mich wieder nur zu gut daran erinnern. Aber ich sagte mir, das seien alles kindische Ängste gewesen und ich hätte nichts zu befürchten. Auf diese Weise verbannte ich es dorthin zurück, wo es hergekommen war und nun wartet es auf eine günstigere Situation, um mich zu überfallen.
    Für den Landgang zog ich mir den unauffälligen braunen Rock über und die scheußliche Haube. Die anderen verwandelten sich ebenso in brave Bürger und dann gingen wir los, um Bess Kontaktmann hier zu finden. Thomas begleitete uns, da er mich natürlich für unfähig hielt, den Weg zu finden und das Schiff zu verkaufen. Ich nahm auch Edward mit, weil er bereits die Absicht geäußert hatte, durch die Gassen zu streunen und ich fürchtete, er könnte auf alte Bekannte stoßen. Man durfte uns hier nicht erkennen. Es war ohnehin riskant genug, denn die Prise wurde hier erwartet, zwar erst einige Zeit später, weil sie in Irland hätte Halt machen sollen, doch es bestand die Gefahr, dass der Händler hörte, dass die Prise hier im Hafen lag. Er hätte gewiss Verdacht geschöpft.
    Das Ha us des Kontaktmanns lag mitten in der Stadt, durch seine zwielichten Geschäfte hatte er ordentlich verdient. Auf dem Weg beschwerte sich Edward bei mir, weil er sich eigentlich die Stadt anschauen wollte und seinen alten Feinden von der Brigade der Straßenkinder stolz erzählen wollte, wie weit er es gebracht hatte. Als wir vor dem Haus standen, kam ein Diener heraus und verwies uns auf ein Lagerhaus am Hafen.
    "Hier ist es für alle Beteiligten zu gefährlich", begründete er. Dort werde man sich dann über das Weitere unterhalten.
    So machten wir

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