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Dunkle Häfen - Band 1

Dunkle Häfen - Band 1

Titel: Dunkle Häfen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
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Kampf mit den Spaniern, als der einäugige Parry uns half, den Brand an Deck zu löschen. Ich hatte ihn immer als einen pflichtbewussten Mann eingeschätzt. Doch auch in ihm hatte wohl die Saat der Gier nach Macht gewuchert.
    "Er hielt eine Rede vor der Mannschaft und sagte, es sei besser so, wenn du weg wärst. Eine Frau könne kein Piratenkapitän sein. Und selbst wenn du noch leben würdest, man solle dich dort auf der Insel lassen. Er wünschte deinen Tod, Tante."
    Ich war, ehrlich gesagt, schockiert. Wie weit reichte eigentlich die Abneigung gegen mich?
    "Fanny wusste ebenso wie ich, dass sie uns bald loswerden wollten", fuhr mein Junge fort. "Wir fassten einen Entschluss, der die einzige Möglichkeit zu sein schien. Und wir würden dich nicht dort draußen lassen. Du warst nicht tot, das wusste ich. Also ging ich mit einer Fackel zur Pulverkammer. Ich verstreute das Pulver auf dem Boden und zündete die Fackel an. Es war ein Risiko, ja Tante, ich weiß, aber das war es wert. Fanny teilte unterdessen der Mannschaft mit, dass ich die Fackel fallen ließe, wenn wir nicht sofort wenden würden. Sie haben es mir geglaubt."
    "Nur ein fallender Funken und alles wäre in die Luft geflogen!"
    Gab es denn immer neue schreckliche Enthüllungen? Gar nichts war in Ordnung gewesen, während ich weg war.
    "Es ist aber nicht passiert. Wenn ich es nicht getan hätte, wärst du nicht hier. Nun ist es nicht mehr wichtig. Fanny versorgte mich mit Essen und neuen Fackeln. Ab und zu wechselten wir uns ab. Die Männer wussten, dass wir entschlossen genug waren, dich um jeden Preis abzuholen. Sie hatten keine andere Wahl."
    Edward lehnte sich an mich und erst in diesem Moment fiel mir die Anspannung auf, die sein Gesicht zeichnete. Es musste furchtbar gewesen sein. Die ganze Verantwortung lastete auf seinen Kinderschultern.
    "Die Sache hat wenigstens ein Gutes", meinte ich lächelnd, um ihn aufzuheitern. "Die Flüsse sind aufwärts geflossen und du und Fanny habt zusammengearbeitet."
    "Tante, das ist nicht zum Scherzen. Diese Frau ist unerträglich unverschämt."
    "Aber Edward! Sie wehrt sich nicht einmal gegen dich!"
    Er schüttelte böse den Kopf. Ich verstand das nicht, sagte seine Miene aus.
    " Du wirst Parry bestrafen müssen", sprach Edward nach einer Weile aus, was mir auch schon gedämmert war. "Er wollte deinen Tod."
    Oh, daran musste er mich nicht erinnern. Und obwohl die Zeit drängte, wollte ich nur noch schlafen. Heute würde ich gar nichts mehr tun können, am nächsten Tag dann. Außer schreiben und damit bin ich jetzt auch fertig. Ich werde diese Tage auf der Insel nicht vergessen. Es war eine Zeit, in der ich ganz allein mit mir war, eine Zeit, in der ich erkannte, wie wenig den Menschen vom Tier trennt. Ohne unsere Gerätschaften, unsere Bauten und unsere Zivilisation werden wir ihnen sehr ähnlich. Ich habe Wurzeln gefunden, aber nicht die, die ich suchte. Es sind andere, viel ältere. Einen Moment war ich ganz nah am Ursprung gewesen.
     
    September 1705, Karibik
    In dieser Nacht blieb ich von einem Meuchelmord verschont. Als ich am nächsten Morgen aufstand, wusste ich, dass ich heute handeln musste. Das wurde umso deutlicher, sobald ich an Deck trat. Die Männer hatten mich erwartet, ihre Mienen waren die von Verschwörern. Jetzt sollte ich etwas tun, sonst war auch mein letztes Ansehen dahin und nichts mehr würde sie halten. Dann hätte ich auch mein Leben verwirkt. Als Kapitän durfte ich nicht die geringste Aufwiegelei dulden, das war eine der ersten und wichtigsten Lektionen, die man zu lernen hatte. Denn Parry würde mir von nun an im Weg stehen, er hatte die Macht geschmeckt. Gegen Meuterei gab es nur eine Art, um darauf zu reagieren. Unter den Piratengesetzen waren keine, die meinen Rang und mein Leben schützten, wenn er mich herausforderte. Ich hatte mich trotz aller Schwierigkeiten der Illusion hingegeben, dass die Mannschaft mich inzwischen ganz selbstverständlich anerkannte und ich sicher vor ihnen war. Doch wie es eben so war, musste man auch darum ständig kämpfen, um es zu erhalten. Und nun stand ich vor einer der schwersten Entscheidungen meines Lebens. Ich hatte nur selten Entscheidungen treffen müssen, die wirklich von Bedeutung waren. Die meisten hatte mir schon das Schicksal entrissen. Vielleicht war auch das keine wahre Entscheidung, denn ich hatte keine andere Wahl. Also kehrte ich rasch in meine Kajüte zurück. Ich packte meine Pistole, band mir meinen Säbel um und sammelte mich einen

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