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Dunkle Häfen - Band 1

Dunkle Häfen - Band 1

Titel: Dunkle Häfen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
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Moment. Edward war auch aufgewacht und sah mich an. Gleich darauf stand er auf.
    "Warte, ich komme mit."
    Er wusste, was ich vorhatte. Ihn an meiner Seite zu wissen stärkte mich, wie es das immer getan hatte. Ich trat festen Schrittes an Deck, nur meine Hände, die den Pistolenknauf umkrampften, verrieten meine Anspannung. Parry hielt sich auf dem Vorderdeck auf, er befand sich auf dem Platz, von dem ich zu kommandieren pflegte. Um ihn herum standen einige Männer. Ich handelte keine Sekunde zu früh, eher viel zu spät. Ich zog zwei Männer heran, von denen ich sicher wusste, dass sie Bess immer treu gedient hatten. Sie würden nicht an Bess Entschluss, mich zum Kapitän zu machen, rütteln. Sie reagierten dennoch überrascht auf meine Anweisung, auf meine nachdrückliche Wiederholung des Befehls machten sie sich jedoch an dessen Ausführung.
    Parry wusste nicht, wie ihm geschah, als er an den Armen gepackt wurde.
    "Was soll das?" , herrschte er die beiden an und versuchte, sich loszumachen.
    Die brachten ihn zu mir, während die anderen Männer überrumpelt zusahen. Als Parry mich gewahrte, verzog er verächtlich das Gesicht.
    "Du nimmst dir zu viel heraus, Weib!" , zischte er.
    Ich blickte ihn starr an und fühlte mich zunehmend bedroht, als sich die gesamte Mannschaft um uns herum versammelte. Die meisten waren gegen mich, da konnte ich mir nichts mehr vormachen. So durfte ich nicht zulassen, dass ein einziger von ihnen den Mut fasste und sich gegen mich stellte, denn dann würden alle folgen.
    "Lasst mich sofort los!" , befahl Parry wieder den beiden Männern, die ihn hielten. "Ihr lasst euch doch wohl nicht von diesem Weib Befehle erteilen? Ich dachte, es wäre alles klar!"
    Gemurmel in der Mannschaft. Ich fühlte die Stimmung sich gegen mich wenden. Die Männer verglichen mich mit Parry: Er erfahren und ein kräftiger Mann, ich dagegen jung und nicht besonders groß, eine ruhige Frau. Ich hatte meine Chance gehabt und in ihren Augen vielleicht nicht bestanden.
    "Du hast einen Fehler begangen, Parry!" , sagte ich nun kalt und hielt seinem Blick stand.
    "Mir wäre keiner bewusst, außer dem, dass ich zu lange gewartet habe!" , erwiderte er.
    Ein paar zustimmende Zwischenrufe kamen von den Zuschauern. Ich musterte einen Moment jeden einzelnen von ihnen, versuchte sie auf die alte Weise zu verunsichern. Mein Hemd klebte mir feucht am Körper, kleine Schweißtropfen standen auf meiner Stirn.
    "Meine Mannschaft!" , begann ich, um sie daran zu erinnern, dass sie das noch immer waren. "Wie könnte ihr Verrat und Intrige an Bord gutheißen? Ihr alle wusstet davon. Was wolltet ihr dadurch erreichen? Ein Schiff wie ein dekadenter Hof, wo jeder gegen jeden kämpft, wo man hinterrücks vergiftet? Können wir uns das denn leisten? Nein, denn wir müssen zusammenhalten! Als Thomas in meinen Armen starb, sprach er mir seine Anerkennung aus. Wir haben uns gegenseitig mit unserem Leben verteidigt. So sollte es sein! Aber Parry hat gegen unsere Piratengesetze verstoßen und wenn er sein Vorhaben geschafft hätte, wären sie nichts mehr wert. Habt ihr nicht alle ein Papier unterschrieben, in dem ihr euch zu den Gesetzen bekennt? Parry jedoch hat mich nicht herausgefordert und in einem ehrlichen Zweikampf gestellt, wie es darin steht! Er hat sein Wort gebrochen und nun muss er bestraft werden!"
    Ich atmete heftig nach dieser langen Rede. Die Mannschaft schwieg erst einmal, nachdem sie anfangs gemurrt hatte.
    "Das wagst du nicht!"
    Noch immer war er sehr sicher und noch immer zerrann mein Einfluss auf diese Bestie, die sich aus vielen zornigen Menschen zusammensetzt. Ich holte alles an Schauspielkünsten aus mir heraus, was ich besaß, denn als ich wieder zum Sprechen anhob, ging es um alles:
    "Es gibt nur eine Strafe für dieses Verbrechen: Den Tod!"
    Schweigen antwortete mir auf meinen Ausruf. Parry wurde nun doch blass. Normalerweise hatte ja der Quartermeister bei Bestrafungen ein Wörtchen mitzureden, aber Thomas war tot und so lag das beim Kapitän. Ich hielt kurz inne, in der Hoffnung, dass das alles letztendlich nur ein Traum gewesen sei. Das war es jedoch auch nach dieser Pause nicht. Ich fasste also Parry erneut ins Auge.
    "Du wirst erschossen! Jetzt gleich! " Es hallte über das ganze Schiff.
    Oh ja, Ramis hat einen Menschen zum Tode verurteilt. Nicht einmal ein Zittern war in ihrer mühsam emotionslosen Stimme.
    Parry regte sich wieder.
    "Das kannst du nicht! Keiner wird auf dich hören! Männer, nehmt diese Frau fest!

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