Dunkle Häfen - Band 1
ganzen feurigen Blut hasst, was?"
"Sie war dumm, Herr und Eurer nicht wert."
"Und, bist du das?"
"Ich kenne meinen Platz und ich werde Euch nie verraten. Das hat die trotz ihres blauen Blutes nicht getan."
Talamara dachte an den vergangenen Abend, als ihr Herr zu ihr gekommen war und ihr mitteilte, dass er einen Auftrag für sie hätte. Sie nickte nur und zuckte nicht einmal mit der Wimper, als er ihr befahl, zum Haus der jungen Lady Amanda zu gehen und diese zu töten. Bevor Talamara ging, zerrte er sie zum Bett und schlief unsanft mit ihr. Dann verließ sie lautlos das Haus. Erhitzt und voller eifersüchtigem Hass auf diese Frau handelte sie dennoch kaltblütig. Es war nicht das erste Mal, dass Talamara jemanden für James aus dem Weg räumte, denn sie war zuverlässiger als jeder gedungene Mörder. Weil sie so treu war - und auch weil sie nicht zählte - kannte sie ihn weitaus besser als die restliche Welt. Die konnte nicht hinter die glänzende Fassade blicken, die er um sich errichtet hatte. Auch seine junge Frau, die er vor nicht allzu langer Zeit geheiratet hatte, kannte ihn kaum. Ihr gegenüber verhielt er sich tadellos und Lady Cecilia schien zufrieden damit zu sein. Sie war eines der adretten Mädchen aus dem Hochadel, deren Herkunft und Vollkommenheit auf dem Heiratsmarkt wichtiger waren als sie selbst. Jetzt war sie schwanger, ein Mittel, um einen Erben zu bekommen. Talamara sah sie kaum, die Lady hielt sich selten in London bei ihrem Mann auf. Und selbst wenn sie es tat, mied sie die unheimliche Fremde. Wäre Talamara nicht Talamara gewesen, hätte sie die Ehefrau bedauern können, aber sie bedauerte nie.
Es war leicht gewesen, in das Haus der Familie von Lady Amanda zu gelangen. Jeder Einbrecher hätte leichtes Spiel gehabt, mehrere Fenster standen offen. Unauffällig in ihrer dunklen, engen Kleidung huschte Talamara ins Haus. Ein Mal musste sie sich rasch in einer dunkle Ecke verstecken, weil eine Dienerin den Gang entlang kam. Das Zimmer von Lady Amanda war an der Stelle, an der es James beschrieben hatte. Sie schlief, als ihre Feindin, von der sie nichts ahnte, heranpirschte. Ihr Gesicht war schlaff und entspannt, ein zerzaustes Haarbüschel hing in ihrem Mundwinkel. Talamara hielt sich nicht lange mit Betrachtungen auf, sie packte das Kinn der Frau und leerte die Hälfte der Giftflasche in den offenen Mund. Ihr Opfer wollte aufschreien, verschluckte sich an der Flüssigkeit und hustete heftig. Lady Amanda wehrte sich panisch, als Talamara ein Kissen auf ihren Mund drückte. Doch nach einigen wilden Zuckungen erstarb jegliche Regung und die Lady sank leblos in sich zusammen. Das Gift tötete schnell. Talamara lehnte die junge Frau an ihr Bett, so dass es aussah, als wäre sie dorthin gefallen. Den Rest des Giftes goss Talamara in den halbvollen Schlaftrunk, der auf dem Nachttischchen gestanden hatte, ein mit Wasser vermischter Wein. Den Kelch kippte sie sodann neben der Hand der Toten um und stellte die leere Giftflasche an seinen alten Platz. Kissen und Decken brachte Talamara soweit in Ordnung, dass sie nicht zu zerwühlt aussahen. Gleich darauf gab es keine Anzeichen eines Kampfes mehr, keine verräterischen Hinterlassenschaften. Es sah wie Selbstmord aus. Talamara verschwand still durch das Fenster.
James hatte die entzückende Lady Amanda auf einem königlichen Ball kennen gelernt. Mit Verachtung betrachtete er damals die Menge der verliebten Idioten, die das Mädchen umgab. Diese weichlichen Hofschranzen! Sogar sein berechnender Partner St John schien ihrem Charme erlegen, was James aber auch nicht sehr überraschte, da Henry neben der Politik zwei Dinge liebte: Frauen und Alkohol. Immerhin schloss er sich nicht der Gruppe von jammernden Zurückgewiesenen an. Die Frau selbst reizte James nicht besonders, sie war einfach nur hübsch und es gab viele wie sie. Im Prinzip ähnelte sie seiner Frau, auch wenn es der nie eingefallen wäre, mit einer ganzen Schar Männer zu kokettieren. Aber Lady Amanda war hübsch und damit in diesen Kreisen gewöhnlich. Zu viele Frauen, deren einziges Kapital ihre Schönheit war. Wenn sich hinter der Fassade Geist verbarg, dann wurde er nicht gerade gefördert. Lady Amanda konnte zwar hervorragend plaudern und flirten, aber Ernsthaftigkeit lag ihr nicht. Schnell wurde sie auf die schillernde Persönlichkeit aufmerksam, von der man am ganzen Hof sprach. Und sie stellte fest, dass Fayford für ihren Charme unempfänglich blieb. Er interessierte sich
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