Dunkle Häfen - Band 1
Ich bin euer Kapitän!"
Die Mannschaft schwankte und zögerte noch.
"Haltet ihn fest!" , befahl ich rasch den Männern, die ihn hielten.
"Das wagst du nicht!" , brüllte Parry jetzt, als er erkannte, dass ich es doch wagte. "Und es ist ein großer Fehler, du bist am Ende!"
Ich hob die Pistole und drückte ab. Der Knall drang erst viel später von meinen Ohren zu meinem Gehirn vor. Ich wagte Parry nicht anzusehen, wollte seine Augen nicht sehen, aber ich musste und das würde den Augenblick bis in die Ewigkeit in meinem Kopf festhalten. Ich durfte nicht wegrennen und die Distanz zu meiner Anordnung aufrechterhalten. Parry rührte sich bald nicht mehr. Ich kam mir abscheulich vor und das war ich auch, selbst wenn es geschah, um mich selbst zu retten.
Ich habe schon zu viele Leben auf dem Gewissen.
"Jeder, der sich das gleiche zuschulden kommen lässt oder es noch vorhat, soll sich jetzt melden, dann ergeht es ihm genauso!"
Ich hatte gewonnen, das konnte ich in ihren Mienen lesen. Sie schauten mich fast mit Respekt an, was mich noch mehr erschreckte. Ich machte auf dem Absatz kehrt und verschwand in meiner Kajüte.
Zuweilen muss man etwas tun, was man nicht will, sage ich mir jetzt. Er wollte mich töten und ich habe mich lediglich verteidigt. Er war böse. Es klingt irgendwie sehr fadenscheinig, ich versuche mich zu rechtfertigen. Wer sich rechtfertigt, ist sich zumeist einer Schuld bewusst. Ich weiß jedoch nicht einmal, ob es eine Schuld ist. Wer richtet über mich, wer sagt, ob ich ihn zum Tode verurteilen durfte? Ich frage mich, ob ich mich noch weniger kenne, als ich denke. Die wehleidige, aber recht harmlose Ramis verschwindet immer mehr und weicht einer hartherzigen Ramis, einer, die tötet, ohne zu bereuen. Tja und wehleidig bin ich noch immer. Was hilft es denn zu klagen? Ich habe es nun einmal getan und ob man mich verurteilt, liegt nicht mehr in meiner Hand. Ich bin aber auch schuldig vor mir selbst.
Bauernopfer
Der Hof befand sich in Aufruhr. Man hatte eine junge Lady tot in ihrem Zimmer entdeckt. Alles schien auf einen Selbstmord hinzuweisen, obwohl dafür nicht das geringste Motiv zu finden gewesen war. Die Dame war vor einer Weile mit ihren Eltern an den Hof gekommen, um dort eine glänzende Partie zu machen. Das kecke Mädchen aus Cornwall hatte jedoch keine Lust gehabt, sich so schnell zu binden. Da es hinreißend ausgesehen hatte, war um es herum bald eine große Verehrerschaft versammelt gewesen, mit der es flirtete, ihr allerdings auch nicht mehr gestattete. Nun war Lady Amanda tot. Man vermutete, ein abgewiesener Verehrer könne sie ermordet haben, doch dafür gab es keinen Beweis. Offensichtlich war sie an dem Gift gestorben, das sie getrunken zu haben schien. Der Kelch lag noch halb in ihrer Hand, der vergiftete Wein am Boden verschüttet. Es war eindeutig Wein aus dem eigenen Haus, lag es da nicht nahe, die Sache ruhen zu lassen? Wer wusste schon, was im Kopf einer jungen Frau zuging und ob sie wirklich glücklich gewesen war? Niemand sah die verwischten Spuren des Kampfes, der ihrem Tod vorrausgegangen war. Das Kissen, mit dem sie erstickt worden war, hatte aufgeschüttelt dagelegen. Die Augen der Lady drückten nicht mehr die Panik ihres Todeskampfes aus, in ihrer Starrheit wirkten sie friedlich, nur merkwürdig verdreht.
James war nur kurz im Haus gewesen, um der Toten seine Aufwartung zu machen. Da ihre Tochter sich sehr für den charmanten Mann erwärmt zu haben schien, hatten die Eltern ihn ins Zimmer gelassen. Er hatte die hübsche Frau einen Augenblick betrachtet. Der Tod stand ihr gut, befand er. Bedauerlich, dass sie ebenso dumm gewesen war wie schön. Nichts wussten sie, diese Narren. Sein Gesicht war eine undurchschaubare Maske, als er den Eltern sein Beileid aussprach und sich verabschiedete. Ungehalten unterdrückte er den Impuls, die alte Lady anzufahren, seine Hand loszulassen, die sie tränenreich festhielt. Wenn sie geahnt hätten, was für eine kleine Hure ihre Tochter gewesen war, dann würden sie nicht so trauern.
Talamara erwartete ihren Herrn im Haus.
"Nun, Herr?" , fragte sie ruhig, als er in sein Zimmer trat.
"Du hast gute Arbeit geleistet, meine kleine Mörderin. Niemand wird mir auf die Spur kommen."
Sie lächelte zufrieden wie eine schnurrende Katze.
"Natürlich nicht. Ich war vorsichtig." Gierig kam sie zu ihm und schmiegte sich an ihn.
Er umfasste ihre Taille und zog sie an sich.
"Wie immer. Du bist immer vorsichtig, selbst wenn du mit deinem
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