Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkle Häfen - Band 2

Dunkle Häfen - Band 2

Titel: Dunkle Häfen - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
Vom Netzwerk:
gar nicht mehr, sondern beschäftigte sich mit seiner Nachbarin. Meine Aufmerksamkeit ließ schon wieder nach, als hastig ein Diener heran stürzte. Er eilte zu Guillaume und berichtete ihm etwas. Der wurde ein ganzes Stück bleicher und sprang auf.
    "Ei n weiterer Gast", meinte er atemlos.
    Ich suchte seinen Blick, aber er schüttelte nur den Kopf. Er ging mit dem Diener hinaus. Als er wiederkam, machte er eine höchst seltsame Miene. Hinter ihm kamen einige weitere Gestalten zum Vorschein. Die Augen der Anwesenden richteten sich sofort auf den prächtig gewandeten Jungen in der Mitte. Ich sog scharf die Luft ein. Auf der Stelle verließen alle ihren Platz, um sich zu verbeugen oder zu knicksen. Als Gastgeberin trat ich dem König entgegen und sank ebenfalls in einen Knicks.
    "Willkommen, Sire. Darf ich fragen, welche Tatsache uns mit Eurer Anwesenheit beglückt?"
    Louis lächelte mich an.
    "Erhebt Euch, Madame - und Ihr anderen auch!" , befahl er mit Blick auf die Gäste. "Ich hoffe, Ihr könnt mir verzeihen, dass ich ohne Einladung hier hereingeplatzt bin, aber ich wollte einfach an dieser Zusammenkunft teilnehmen."
    "Es stört uns keinesfalls, Sire. Wenn wir gewusst hätten, dass Ihr kommen wolltet, hätten wir Euch natürlich eingeladen. Aber... Nun, da Ihr da seid: Habt Ihr denn Hunger?"
    Louis nickte, woraufhin ich nach einem weiteren Stuhl schickte. Ich sorgte dafür, dass der König zwischen Fayford und mir zu sitzen kam. Leicht betreten beobachteten die anderen, wie man erneut auftrug. Die Begleiter des Königs schienen nur eine Schutzfunktion zu haben, denn sie bezogen Posten hinter Louis, ohne mein Angebot, mitzuessen, anzunehmen. Der schien allerdings keine Formalitäten zu wünschen und forderte uns auf, weiter zu speisen. Ich fing kurz einen Seitenblick von Fayford auf, der sich soeben den Mund mit einer Serviette abwischte.
    Dann waren alle fertig und wir begaben uns in den Salon nach nebenan. Genügend Sitzgelegenheiten standen bereit und für die Gelangweilten wurden im Esszimmer Tische zum Kartenspielen aufgebaut, ein Billardtisch war ebenfalls da. So schritt der Abend voran und die Stimmung wurde stetig aufgeheizter, doch eine gewisse Schwüle schlich sich ein. Glühende Augen glitten träge umher und maßen die Anwesenden. Die Damen und Herren begutachteten einander wie auf dem Viehmarkt. Ich lag auf meinem Diwan und schwenkte langsam meinen Fächer, auf dem ein roter Drache über einen Berg hinwegflog. Der König, der sich bis jetzt auf seine königlichen Pflichten besonnen hatte und mit jedem gesprochen hatte, setzte sich nun neben mich. Seine Augen waren schon recht klein vor Müdigkeit. Wäre dieser elfjährige Junge mein Sohn gewesen, hätte ich ihn längst ins Bett geschickt. Es musste lange nach Mitternacht sein.
    "Wo ist denn Charlotte?" , fragte er geistesabwesend.
    "Es ist schon spät, Sire. Sie schläft längst in ihrem Zimmer."
    Natürlich hatte ein Kind nichts auf solchen Gesellschaften zu suchen, auch wenn das nicht für königliche Kinder galt. Charlottes Kindermädchen war , lange bevor das Fest begonnen hatte, mit ihr zu Bett gegangen.
    "Würdet Ihr mich dorthin bringen, damit ich sie sehen kann?"
    Ich blinzelte erstaunt. Sein Interesse überraschte mich, aber ich fand nichts Schlimmes daran.
    "Wollt Ihr? Na, wenn Ihr meint... Kommt mit."
    Ich benachrichtigte Guillaume und führte danach den Jungen aus dem Salon. Seine Begleiter schliefen offensichtlich schon oder waren zu abgelenkt, jedenfalls entging es ihnen.
    "Ein schönes Haus habt Ihr ", ließ Louis verlauten, als wir die Treppe hinaufstiegen.
    "Es ist gewiss nicht so prächtig wie Eures."
    "Ich fühle mich dort oft eingesperrt. Ich habe keinen Raum, den ich wirklich für mich habe und in den ich mich zurückziehen kann."
    "Würdet Ihr lieber wieder nach Versailles zurück?"
    "Ich weiß es nicht genau. Ich war fünf Jahre alt, als wir dort weggegangen sind. Außerdem ist Versailles die Schöpfung meines Urgroßvaters und ich habe das Gefühl, dass er dort noch zu lebendig wäre. Ich meine, seine Persönlichkeit war so stark, dass sie das Leben immer noch beeinflussen würde. Wie fandet Ihr Versailles?"
    "Es war richtig überwältigend. Ja, es hat einen überrumpelt mit seinen Ausmaßen. Doch ich war in einer schlechten Zeit dort. Schwermut lag auf dem Palast."
    Louis seufzte.
    "Damit bin ich aufgewachsen. Wisst Ihr noch, wie Ihr mich entführen solltet?"
    Ich lachte und nickte.
    "Was für eine Aufregung das gab! Aber leise

Weitere Kostenlose Bücher