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Dunkle Häfen - Band 2

Dunkle Häfen - Band 2

Titel: Dunkle Häfen - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
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Herzogspaar den Tod wünschten! Sie waren überall im Weg! Doch ich war nicht einmal wichtig in dieser Verschwörung! Das waren andere!"
    Sie war selbstsüchtig. Um ihren Kopf zu retten, würde sie alle anderen verraten. Dennoch war ihm klar, dass sie in Bezug auf die Urheber des Ganzen log. Natürlich war sie eine treibende Kraft, auch ohne ihren brennenden Hass hätte sie nicht gezögert, jemanden skrupellos in den Tod zu schicken. Und ihr Einfluss war trotz ihrer vorrübergehenden Verbannung noch immer groß genug dazu.
    "Wer war es dann? Ich will alle Namen wissen!"
    Um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, schob er sie noch weiter über den Abgrund, der tief genug war, um einen Menschen zu töten. Sie japste und begann, ihm eine lange Reihe Namen aufzuzählen. Die meisten waren hochgestellte Persönlichkeiten. Bei so manchem erstaunte es ihn jedoch. Bei Philipe d'Orléans allerdings nicht im Geringsten. Er merkte sich jeden Namen. Weder Adélaide noch der Engländer waren darunter. Als denjenigen, der die Tat ausgeführt hatte, nannte sie einen Jungen namens Jean, ein Gassenjungen, der einst offenbar im Haus des Herzogs gelebt hatte, bis Ramis ihn herausgeworfen hatte.
    "Jetzt lasst mich gehen!" , verlangte die Comtesse, als sie geendet hatte.
    Er schüttelte den Kopf.
    "Ich habe einen Schwur geleistet, jeden einzelnen von Euch seiner Strafe zu überführen. Ihr seid eine rachsüchtige Bestie, die viel mehr als zwei Menschenleben zerstört hat. Nur der Tod ist eine gerechte Strafe für Euch. Den Rest wird Gott regeln."
    Sie erblasste.
    "Das wagt Ihr nicht! Jeder wird Euch des Mordes verdächtigen!"
    "Deshalb ", sagte er ohne Freude. "Wird es auch wie ein Unfall aussehen. Oder wie Selbstmord. Keiner der Verschwörer wird mich belangen, aus Angst, dass die Verschwörung ans Licht kommt. Und sonst weiß niemand von Eurer Teilnahme daran. Euer Tod wird eine gewisse Genugtuung sein."
    "Aber Ihr liebt mich doch!"
    Er ließ das Messer fallen und wuchtete sie über das Geländer. Sie verlor das Gleichgewicht und mit einem durchdringenden Schrei stürzte sie die zehn bis zwanzig Meter in die Tiefe. Reglos beobachtete er, wie sie auf dem Pflaster aufschlug. Es krachte, als ihre Knochen brachen. Eine Weile stand er noch da, bis er sich sicher war, dass sie sich nicht mehr rührte, dann verließ er die Terrasse und kehrte zu seiner Kutsche zurück. Er fühlte keine Freude über ihren Tod. Es gab keine Freude mehr.
     
    Siehst du, wie mir die Zeit zwischen den Fingern verrinnt?
    Siehst du, wie sich der Tod in das finstere Loch hier hereinschleicht?
    MORGEN. Es wird der letzte sein.
    Wenn es hell wird, holen sie mich.
    Irgendwann in dieser Nacht schmierte sie diese Zeilen in krakeliger Schrift auf die letzte Seite ihres Tagebuches, das ihr der Marquis gebracht hatte. In der Dunkelheit konnte sie es nicht lesen, doch die Worte waren trotzdem da. Sie schwebten im Raum und dröhnten unaufhörlich in ihrem Kopf. Morgen, morgen , hämmerte es. Auf einmal war das Leben so unendlich kostbar. Es gab noch so viel zu tun, so viel zu erleben. Sie widerstand dem ständigen Drang, ihren Kopf gegen die Wand zu schlagen, um die Gedanken auszulöschen. Sie hatte das Bedürfnis, sich selbst zu verletzen, nur um zu spüren, dass sie noch lebte. Sie wusste nicht mehr, wie sie die Nacht durchstehen sollte. Schließlich presste sie sich an den kalten Stein und weinte wie ein Kind.
     
    Das Quietschen der aufschlagenden Tür riss Ramis beinahe brutal aus ihrer Wirrnis. Sie zuckte so heftig zusammen, dass sie auf den Boden zurücksank. Mit den Armen versuchte sie sich vor dem grellen Licht zu schützen. Es war doch noch nicht Morgen, oder? Nein, das durfte nicht sein! Das musste eine neuerliche Ausgeburt ihrer Einbildung sein! Jemand packte sie grob an den Armen und zog sie hoch. Wie ein Kaninchen wurde sie ganz steif und rührte sich nicht. Es musste schon der Henker sein. Eine Hand berührte ihre zerkratzte Wange. Der Schmerz von Fingern auf der Wunde brachte sie endgültig zurück. Als sie ihren Arm sinken ließ und die Augen öffnete, war das Licht immer noch schrecklich hell. Ein riesiger Mann, dessen Schemen sie neben sich ausmachen konnte, fasste ihre Arme und drückte sie ihr auf den Rücken. Vor Ramis stand ein weiterer Mann. Sie kniff die Augen zusammen, bis sie endlich ein wenig mehr erkennen konnte. Der Kerl hinter ihr hielt sie wie ein Schraubstock und begann, sie geschickt zu fesseln. Vor sich konnte sie weiterhin nichts sehen,

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