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Dunkle Häfen - Band 2

Dunkle Häfen - Band 2

Titel: Dunkle Häfen - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
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weil die Laterne sie blendete. Nur das Blut an der einen Hand konnte sie ausmachen.
    "Was jetzt, Mylord?" , raunte es von hinten.
    Überrascht rang sie nach Luft.
    "Fayford! Ich hätte es mir denken können! Konntet Ihr nicht es nicht mehr bis morgen abwarten? Oder..."
    Eine Ahnung raubte ihr den Atem. Er wollte doch nicht seine persönliche Rache...?
    "Wie scharfsinnig, Madame. Nein, ich kann tatsächlich nicht bis morgen warten. Ihr werdet sehen."
    Die Antwort wurde ihr abgewürgt, denn der andere hinter ihr, wohl ein Handlanger, stopfte ihr einen Knebel in den Mund. Dann schulterte er sie einfach und folgte anscheinend dem Engländer. So genau konnte sie das allerdings nicht sagen, weil sie mit dem Kopf nach hinten hing. Sie merkte lediglich, dass man die Treppe hinaufging. Dann gelangte n sie ins Freie, wo der Kerl sie kurzerhand in eine Kutsche beförderte und eine Decke über sie stopfte. Eine Zeit lang war das Holpern des Gefährts ihre einzige Begleitung. Sie machte sich Gedanken, wo die Reise hingehen sollte. Noch schien ihre eigene Reise nicht zu Ende sein, auch wenn es bald soweit sein konnte. Abermals wurde sie umgeladen und sie roch Flusswasser.
    In einer kleinen Kabine nahm der große Kerl ihr die Decke wieder ab und sperrte die Tür zu. Es musste sich um eines der Seine-Schiffe handeln, die zwischen Paris und dem Meer hin- und herfuhren. Noch immer hatte es keiner ihrer Entführer für nötig befunden, ihr mitzuteilen, was sie mit ihr vorhatten. Gutes konnte es jedoch nicht bedeuten. Niemals würde Fayford ihr das Leben schenken und noch weniger die Freiheit. Doch was passierte hier eigentlich? Tat Fayford nicht etwas Ungesetzliches oder war es abgemacht? Da der Raum fensterlos war, hockte sie erneut im Dunkeln. Draußen mochte es ohnehin Nacht sein. Es stank nach verfaultem Fisch hier drinnen.
     
    Sie wusste nicht so recht, wie lange sie unterwegs waren, ab und an stellte ihr der verschwiegene Riese eine Schale mit Wasser oder Brühe hin und machte für eine Weile ihre Fesseln los, damit sie essen konnte. Irgendwann ging en sie wieder an Land, wofür Ramis wieder in die Decke gepackt wurde. Den Lord hatte die Gefangene die ganze Zeit über nicht mehr zu Gesicht bekommen, aber jetzt konnte sie durch eine Lücke seine sich beim Laufen bewegenden Beine sehen. Dumpf drang von draußen Möwengeschrei herein und der salzige Geruch des Meeres stahl sich durch den Stoff. Sie sehnte sich danach, die unendliche Weite des Ozeans sehen zu können, doch alles, was sie davon mitbekam, war ein wenig Hafenwasser, das unter der Laufplanke, die sie hoch liefen, platschte. Soweit sie das feststellen konnte, war es Nachmittag und am Hafen mussten viele Leute sein. Sie bewegte sich und sofort wurde der Zugriff des Riesen fester. Dabei hätte sie schon wegen des Knebels nicht auf sich aufmerksam machen können. In dem Schiff, das viel größer war als das alte, brachte man sie wieder in eine Kajüte. Die war verhältnismäßig geräumig und eine breite Matratze lag auf dem Boden. Ansonsten hatte man nur eine leere Truhe an eine Wand gekettet, die keinen Nutzen zu haben schien. Der Riese nahm ihr sogar die Fesseln ab. Auf das Geräusch des Riegels und des Schlüssels, mit dem sie eingeschlossen wurde, achtete sie nur nebenbei. Sie hatte es aufgegeben, über ihr Ziel und ihre weitere Zukunft nachzudenken. Es hatte keinen Sinn. Sie rollte sich auf der Matratze zusammen. Ein Zustand zwischen Wachen und Schlafen überkam sie und letztendlich merkte sie nicht mehr, wie sie wirklich einschlief.
    Sie träumte, über einen Friedhof zu gehen. Auf den bemoosten Grabsteinen, überwuchert mit Gestrüpp, konnte sie verwitterte Inschriften entziffern. Hier lagen Leute, die gar nicht alle tot sein durften. Dem Jahr nach waren sie gerade erst gestorben, nämlich 1721. Martha, gest. 1721, Edward, 1693-1718, William, 1704-1721, Sir Edward, gest. 1698, Lady Harriet, gest. 1721, Lettice, gest. 1700, Adélaide, gest. 1721, Marquis d'Agny, gest. 1721. Außerdem hatte man eine lange Reihe englischer und französischer Könige hier beerdigt, am Ende Louis XV. Ein Stück weiter fand sie weitere Gräber, in noch schlechterem Zustand als die anderen. Sie schob das Unkraut beiseite, um die Namen darauf lesen zu können. Auf einem stand Mutter und auf einem Vater. Dazwischen lag ein kleinerer Stein. Mit einem plötzlichen Schmerz beugte sie sich vor, um besser lesen zu können. Ein Spruch stand über dem Namen: Der Tod ist das Versinken im Nebel des

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