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Dunkle Häfen - Band 2

Dunkle Häfen - Band 2

Titel: Dunkle Häfen - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
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stieß, damit sie schneller ging.
    Als sie an Deck traten, entdeckte sie zuerst den Lord, der vor dem Landungssteg stand und ungeduldig wartete. Einen flüchtigen Moment trafen sich ihre Blicke, doch er wandte sich gleich wieder ab. Plagte auch ihn die Erinnerung oder war sie für ihn nur eine von vielen gewesen...? Sie befanden sich in einer Hafenstadt, die Ramis nicht kannte. Viel mehr bekam sie davon auch nicht mit, denn rasch wurde sie wieder in eine Kutsche verfrachtet, einem schrecklich ungefederten Gefährt, in dem sie mit dem Riesen si tzen musste. Fayford zog es vor zu reiten, eine kluge Entscheidung, wie Ramis auf der anschließenden Fahrt schmerzhaft feststellen musste. Das Rumpeln und Hüpfen schien endlos zu dauern, aber ihr Ziel war auch nicht wünschenswerter.
    Sie übernachteten einmal auf einem Landsitz, der wohl einem von Fayfords Freunden gehörte, denn man begrüßte ihn dort freudig. Sie wurde als Gefangene behandelt und durfte an dem Luxus nicht teilhaben - was nicht anders zu erwarten gewesen war. Man sperrte sie in eine Gesindekammer. Wenigstens hatte die Kutschfahrt erst einmal ein Ende.
    Doch früh am nächsten Morgen reisten sie wieder ab. Ramis rieb sich die müden Augen, als sie wieder auf ihrem Platz saß. Ihr Magen knurrte, ihr Hinterteil schmerzte und ihr war Übel. Sie hätte heulen können, so elend fühlte sie sich. Während der Fahrt versuchte sie gar nichts zu denken. Der Riese hockte gleichmütig da und behielt sie im Auge. Ramis hatte schließlich genug vom sinnlosen Herumstarren und zog den Vorhang vom Wagenfenster zurück. Dort ritt Fayford, also rutschte sie auf die andere Seite, um hier hinauszusehen, vom stummen Riesen beobachtet. Niedergeschlagen sah sie die Landschaft vorbeiziehen. Es regnete. Ihre allerletzte Reise. Hätte da nicht wenigstens die Sonne scheinen können, ein letzter Gruß an sie? Doch die Sonne zeigte sich nicht mehr und schließlich erreichten sie die Vororte von London, die im Nieselregen verschwanden.

Zurück am Anfang
     
    So kehrte Ramis also nach London zurück. Das mit dem geschlossenen Kreis hatte durchaus etwas sehr Wahres. Sie kam auf einem Karren, verließ die Stadt auf einem Karren und kehrte nun in einer Kutsche zurück. Plötzlich schien es, als wäre sie nie fortgewesen und ihr gesamtes Leben ein einziger Traum. Sollten all die Jahre nur eine sinnlose Hinauszögerung ihrer Hinrichtung gewesen sein? Nein, das war nicht wahr! Es war nicht sinnlos gewesen, das hatte Ramis auch dem Marquis gesagt. Man hatte ihr ein Geschenk gemacht, ein großes sogar, nämlich dreiundzwanzig Jahre, die sie nach ihrer Flucht aus London leben durfte. Dennoch schien sie nur ein kleines Rad in einem gewaltigen Getriebe gewesen zu sein, ohne Auswirkung. Man würde sie bald vergessen haben. Schwermut überkam Ramis und sie war auf einmal unfähig, ihre Unbeugsamkeit noch länger aufrecht zu erhalten.
    Drinnen wie draußen verschwamm alles in Grau, der Matsch spritzte unter den Rädern. Ihre Schultern sackten mutlos herunter. Nach all den Strapazen, den ausgestandenen Ängsten war sie nun, am Ende der Reise, nur noch müde. Ramis hatte es satt. Sie war nur noch eine alte Frau, die in das Gefängnis zurückkehrte, aus dem sie vor über zwanzig Jahre ausgebrochen war. Das junge Mädchen, das damals so verzweifelt von hier geflohen war, hatte nicht gewusst, was es erwartete, doch trotz allem hatte es sein Leben noch vor sich und besaß die Zuversicht der Jugend. Zum aller ersten Mal war es frei gewesen, auch wenn ihm der Tod noch immer vor Augen gestanden hatte. Aber nun kehrte Ramis ohne Hoffnung zurück, wusste nur zu genau, was sie erwartete. Mit einem Mal war sie des Lebens müde, sie hatte mit allem abgeschlossen. Nur der Schmerz von damals war noch da. Sie kannte diese Stadt, jeden Stein, auch wenn sie sich wie alle Städte ständig veränderte. Aber es war die Seele, die sie kannte. Auch die Stadt wusste, dass sie wieder da war, sie umschloss sie wie eine Heimkehrende mit ihren grauen Armen und würde sie nie wieder loslassen. Der Gedanke, Maple House auf einmal wieder ganz nahe zu sein, raubte ihr den Atem. Sie war nicht mehr das Mädchen. In diesem Haus lag so viel begraben. Hier lag ihr erstes Kind und mit ihm ein Leben unter der Erde. Ihre Kindheit, in der sie nicht Kind sein durfte. Ungeweinte Tränen brannten ihr in den Augen. Als alte Frau kam sie zurück, ebenso arm und mittellos wie bei ihrer Abreise. Viel hatte sie gewonnen und wieder

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