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Dunkle Häfen - Band 2

Dunkle Häfen - Band 2

Titel: Dunkle Häfen - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
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Sache zu machen. Und außerdem musste sie die Übriggebliebenen aus ihrer alten Mannschaft begrüßen, das zumindest war Ramis ihnen schuldig.
     
    Der Wind hatte sich gelegt und man konnte die Windlage fast schon als Flaute bezeichnen. Deshalb waren die Männer zur Untätigkeit gezwungen. In Grüppchen lungerten sie an Deck herum und schlugen sich die Zeit tot. Flauten waren stets ein Grund zu großer Sorge für den Kapitän. Nicht nur die schwindenden Vorräte und das Festsitzen an einem Fleck wurden zum Problem, nein auch mit Streit und Rebellion musste man häufig fertig werden. Aber Ramis zweifelte nicht, dass William seine Mannschaft im Griff hatte, mochte er auch noch so jung sein. Sie verließ ihre Kajüte und trat an Deck. Ihr Sohn war nirgends zu sehen. Der verbliebene Rest von der Fate hockte zusammen und würfelte. Als sie die Frauengestalt nahen sahen, schauten sie Ramis entgegen. Ramis blickte in die wettergegerbten, vom Alter gezeichneten Gesichter und wusste, wie sehr sie sich nun von ihnen unterschied. Die ehemalige Piratin zögerte, sich zu den Männern zu setzen. Auch hier stand die Zeit unleugbar zwischen ihnen. Damals hatten die meisten hier zu den Jüngeren gehört, jetzt waren sie frühzeitig gealtert. Das Meer forderte früh seinen Tribut. Ein verlegenes Schweigen breitete sich aus. Dann überwand Ramis sich.
    "Es ist schön, euch wiederzusehen, Leute."
    Blicke wurden ausgetauscht.
    "Es ist wirklich lange her ", meinte einer bedächtig. "Du hast dich sehr verändert. Wirkst wie 'ne richtige Dame."
    "Das ist nur äußerlich" , gab sie ein wenig sentimental preis. "In Wirklichkeit wünsche ich mir die alte Zeit zurück."
    Wieder eine Pause. Schließlich nickte einer. Wiley, wie sie sich erinnerte. Als er auf die Fate gekommen war, war er noch ein grüner Junge gewesen. Er hatte sich oft mit Edward gestritten, bevor dieser gegangen war. Über acht Jahre war das nun her.
    "Ich weiß, Käpt'n. Geht uns allen so. Es is' irgendwie nich' mehr dasselbe."
    Ja, ja, seufzten die anderen. Wo war die Zeit geblieben?
    Insgeheim freute es Ramis sehr, dass die Männer sie immer noch Käpt'n nannten. Und nun war das Eis gebrochen und sie setzte sich zu ihnen, um über 'die alte n Zeiten' zu plaudern. Henry McGregor, ihr alter Navigator, erzählte ihr auch, wie es ihnen ergangen war, nachdem Ramis verschwunden war, während er auf seinem Tabak kaute.
    "Als wir herausgefunden hatten, dass du entführt worden bist, sind wir sofort zum Haus des Engländers gegangen, aber es war schon zu spät. Es hieß, du wärst abtransportiert worden, mit einem Schiff. War 'ne komische Situation. William, der kleine Kerl, wollte dir sofort nach. Alle waren zie mlich durcheinander. Murrey, dein Stellvertreter, war plötzlich gänzlich unfähig und wir hatten niemanden mehr, der uns Befehle gab. Wie die Aasgeier zankten alle um den Kapitänsposten. William stand nur da, aber er war doch zu klein. Aber da war diese Frau, Fanny. Sie kam aus ihrer Kammer hervor und unterstützte den Jungen. Sagte, du seist nicht tot. Ich glaube, sie hat sich für ihn verantwortlich gefühlt. Wollte für ihn sorgen, bis er alt genug war. Eigentlich waren wir auch ganz froh, dass sich jemand um alles kümmerte. Jedenfalls segelten wir nach England und suchten den Anlaufhafen für dein Schiff. Sind wochenlang vor den Küsten getrieben, niemand wusste was. Durch einen Zufall haben wir es doch noch rausgekriegt, wo das Schiff hinsollte. Ist aber nie angekommen. Irgendwann haben sie auch die Trümmer und die paar Überlebenden entdeckt. War 'ne schlimme Zeit danach. William weigerte sich zu glauben, dass du tot wärst. Wir hielten es einfach für die Art des Jungen, damit fertig zu werden. Fanny dagegen hat es zerbrochen. Sie lebte nur noch für den Jungen. Wir anderen dachten schon daran, aufzuhören. Wir hatten uns so an dich gewöhnt, nach den zehn Jahren. An Bord herrschte nur noch Trübsal und Hoffnungslosigkeit. Kein Leben mehr, so was. Als Pirat braucht man Willen, um zu überleben. Der war weg. Doch wohin hätten wir sollen? Außerdem war da noch William. Als er hörte, was wir vorhatten, ging er zu jedem einzelnen und bat ihn zu bleiben.
    ‚ Wir werden weitermachen ‘, sagte er.
    Klang verrückt bei einem solch grünen Kerl.
    ‚ Wenn es keinen anderen gibt, werde eben ich Kapitän sein. Ich kann das, ich habe es bei meiner Mutter gesehen.‘
    Wir horchten alle auf. Der Käpt'n hätte wohl 'ne nette Legende abgegeben oder wär' was für'n Gedicht

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