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Dunkle Häfen - Band 2

Dunkle Häfen - Band 2

Titel: Dunkle Häfen - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
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sein und ich teile nicht das Interesse erschreckend vieler Damen an nur drei Themen: Mode, Männer und Klatsch. Bald stellte er fest, dass ich einige Erfahrung mit dem Meer hatte. Ich verschwieg ihm natürlich den wahren Grund und behauptete an der Küste aufgewachsen zu sein. Der Marquis liebt das Meer zwar nicht, aber er hat immerhin recht viel Zeit darauf verbracht und kann sich darüber unterhalten. Wenn wir das tun, vermisse ich den salzigen Geruch und den Wind, der alles klebrig macht, jedoch auch so unvergleichlich erfrischend ist, umso mehr. Der Marquis ist nicht so misstrauisch, was meine Vergangenheit betrifft, dafür aber andere.
    Meine Lügen bringen mich oft in Bedrängnis. Einmal wollte Adélaide wissen, woher die lange Narbe an meinem Unterarm stammt. Diese Narbe verabscheue ich geradezu, denn sie war mir an dem Tag beigebracht worden, als ich Fayford zum ersten Mal sah und ist eine stetige Erinnerung an mein Entgleisen. Adélaide jedenfalls machte ich weis, ich sei als kleines Kind hingefallen und habe mich an einer Sense, die im Gras lag, verletzt. Ich habe natürlich noch zahlreiche andere Narben, die allerdings verborgener sind. Über meinen Hände n trage ich zum Beispiel immer Handschuhe, die die Rauheit und die Spuren der schneidenden Taue und Klingen bedecken. Mein ganzes Leben habe ich mit diesen Händen gearbeitet und gekämpft und man sieht es ihnen an. Kaum etwas zeichnet die Edelfrau deutlicher aus als ihre gepflegten Hände. Die war ich eben nie und ich hatte nie den Luxus, meine Hände zu schonen.
    Immerhin lernte ich die Umgangsformen am Hof recht rasch und inzwischen kann man mich kaum noch als die Fremde erkennen, die ich stets bin. Fremd, fremd, fremd. Man kann nicht anders als fremd sein, wenn man sich selbst fremd ist. Doch das alles lernte ich hinter einer Maske zu verstecken, dafür habe ich wohl eine Begabung und ich hatte auf diese Weise recht wenige Schwierigkeiten, die Etikette hier zu erlernen. Dennoch muss ich den Leuten hier anfangs als Rüpel erschienen sein, obgleich so viele von ihnen im Innersten keine Moral kennen. Die Comtesse de Magnon ist eine von ihnen. Als ich ihr an einem dieser trüben Tage zufällig begegnete, tuschelte sie mir hämisch zu:
    "Na, Fräulein Kuhmagd, betört Ihr uns wieder mit Eurem frischen Stallduft? Man sagt, Euer Zimmermädchen muss sich jedes Mal übergeben, wenn sie Eure entzückenden Kleider wegräumt."
    Kühl erwiderte ich ihren Blick. Doch die Comtesse war noch nicht fertig.
    "Der Marquis d'Agny erzählte mir, Ihr hättet einen Arzt konsultieren müssen, weil Ihr ein e hässliche Warze am Fuß hattet", stichelte sie und lachte hell auf.
    Ich war stark versucht, ihr eine Ohrfeige zu verpassen. Das mit der Warze war eine glatte Lüge und ich wollte später den Marquis fragen, ob er das wirklich gesagt hatte. Wie er mir dann versichert hat, habe er nicht dergleichen gesagt, er habe nur erwähnt, dass mich eine arge Druckstelle an der Ferse plage und ich deswegen den Arzt rufen lassen solle...
    " Damit habt Ihr sicher Erfahrung", erwiderte ich der Comtesse verächtlich. "Aber Ihr solltet den Arzt aufsuchen, weil Ihr so aus dem Maul stinkt!"
    Ihr Lächeln schwand.
    "Welche Wortwahl!" , zischte sie. "Das geht vielleicht im Kuhstall an, aber wir sind hier in Versailles. Ich weiß nicht, warum der König eine Kuhmagd wie Euch hier erlaubt."
    Damit wendete sie mir ihren schmalen Rücken zu und schwebte davon.
    "Solange so eine Kuh wie Ihr herum latscht, wäre jeder Bettler eine Zierde für dieses Schloss! Passt nur auf, dass Ihr keine Kuhfladen auf dem Teppich hinterlasst!"
    Den letzten Satz gab ich ein wenig zu laut von mir, so dass mich mal wieder alle schockiert anstarrten. Tja, vor Patzern, die mir meine impulsive Wut einträgt, bin ich noch immer nicht gefeit. So war es jetzt den ganzen Winter gegangen und ich wusste, es kann nicht so weiter gehen. Entweder ich bringe sie um oder sie mich. Ob der Frühling Änderung mit sich bringt? Ich sehne mich nach dem Licht, das Wärme in meine erstarrten Glieder bringt.
     

Frühling
     
    Der nahende Frühling erweckte Frühlingsgefühle in den Bewohnern von Versailles. Eifrig wurde wieder geflirtet und getändelt, neue Liebschaften waren Anlass für wilde Gerüchte. Nach dem Winter schäumten die Gemüter über vor Unbekümmertheit und machten den unweigerlichen Verfall ihres bisherigen Lebens vergessen. Romantische Spaziergänge durch den Garten waren derzeit sehr beliebt. Adélaide hatte sich

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