Dunkle Herzen
Gebieters«, erinnerte ihn Atherton in demselben milden Tonfall, mit dem er einen aufmüpfigen Schüler zur Tafel beorderte. »Stellst du Seine Macht in Frage? Oder die meine?«
»Nein, nein. Es ist nur so – einige von uns sind der Meinung, daß wir uns ein bißchen zurückhalten sollten, bis Gras über die Sache gewachsen ist. Blair Kimball schnüffelt auch schon herum und stellt zu viele Fragen.«
»Der Fluch des Reporterberufs«, erwiderte Atherton, lässig mit der Hand winkend. »Er wird nicht lange hierbleiben.«
»Aber Rafferty schon«, beharrte Bob. »Und wenn die Sache mit Sarah erst einmal rauskommt …«
»Diese Hure hat nur bekommen, was sie verdient hat.«
Atherton beugte sich vor. »Wo kommt diese plötzliche Schwäche her? Ich muß sagen, das beunruhigt mich.«
»Ich möchte lediglich Ärger vermeiden. Schließlich muß ich an meine Frau und meine Kinder denken.«
»Ach ja, deine Frau.« Atherton lehnte sich wieder zurück und tupfte sich mit einer Papierserviette den Mund ab. »Vielleicht interessiert es dich zu hören, daß deine Bonnie Sue mit einem anderen Mann herumvögelt.«
Bob wurde erst aschfahl, dann puterrot. »Das ist eine Lüge! Eine gemeine Lüge!«
»Vorsicht.« Athertons Gesichtsausdruck blieb unverändert, dennoch wurde Bob von neuem bleich. »Alle Frauen sind Huren«, erklärte der Bürgermeister ruhig. »Das liegt in ihrer Natur. Aber ich muß dich daran erinnern, daß es von dem einmal eingeschlagenen Weg kein Abweichen mehr gibt. Du trägst das Mal. Schon andere haben versucht, sich von uns abzuwenden – und den Preis dafür bezahlt.«
»Ich will doch keinen Ärger«, murmelte Bob.
»Selbstverständlich nicht. Es wird auch keinen Ärger mehr geben, außer dem, den wir uns selber schaffen. Der Junge wird Clare im Auge behalten, und andere beobachten Lisa MacDonald. Und dich.« Er lächelte. »Ich habe zwei Aufgaben für dich. Erstens wirst du denjenigen, die unzufrieden sind, klarmachen, daß es nur einen Hohenpriester gibt und daß dessen Wort gilt. Zweitens wirst du dich in den Besitz einer bestimmten Statue aus der Kimball-Garage bringen und sie zu unserem Platz im Wald schaffen.«
»Ich soll dieses Metallding klauen? Direkt unter Clares Nase weg?«
»Laß dir etwas einfallen.« Atherton tätschelte väterlich Bobs Hand. »Ich weiß, daß ich mich auf deine Loyalität verlassen kann. Und auf deine Angst.«
Cam tätigte einen neuerlichen Anruf nach Florida. Mit viel Ausdauer und Zeitaufwand war es ihm gelungen, die Spur des ehemaligen Sheriffs von Fort Lauderdale nach Naples,
von Naples nach Arcadia, von Arcadia nach Miami und von dort bis hin zu einer kleinen Stadt in der Nähe des Lake Okeechobee zu verfolgen. Parker war innerhalb von sechs Monaten von einer Stadt zur anderen gezogen. Für Cam sah das sehr nach einer Flucht aus.
Aber wovor?
»Sheriff Arnette.«
»Sheriff Arnette, hier spricht Sheriff Rafferty aus Emmitsboro, Maryland.«
»Maryland, wie? Wie ist denn das Wetter da?«
Cam blickte aus dem Fenster. »Sieht nach Regen aus.«
»Fast dreißig Grad und sonnig«, erklärte Arnette genüßlich. »Nun, Sheriff, was kann ich für Sie tun?«
»Ich versuche, den Mann aufzuspüren, der vor mir das Amt des Sheriffs hier bekleidet hat. Er heißt Parker, Garrett Parker. Er und seine Frau Beatrice müssen vor ungefähr einem Jahr in Ihre Gegend gezogen sein.«
»Ich erinnere mich an die Parkers«, erwiderte Arnette. »Sie haben ein Häuschen am See gemietet und sich einen Wohnwagen angeschafft. Sie sagten, sie wollten auf Reisen gehen.«
Cam rieb sich seinen schmerzenden Nacken. »Wann sind sie losgefahren?«
»Gar nicht. Beide liegen seit zehn Monaten auf dem Cypress Knoll Friedhof.«
»Sie sind tot? Alle beide?«
»Das Haus ist bis auf die Grundmauern abgebrannt. Hatte keinen Rauchdetektor. Beide lagen sie im Bett.«
»Was war die Brandursache?«
»Rauchen im Bett«, sagte Arnette. »Das Haus bestand nur aus Holz, fackelte ab wie ’ne Streichholzschachtel. Sie sagten, er war Ihr Vorgänger?«
»Richtig.«
»Komisch. Er hat jedem hier erzählt, er wäre ein pensionierter Versicherungsvertreter aus Atlanta. Haben Sie eine Ahnung, warum?«
»Schon möglich. Ich hätte gerne eine Kopie des Polizeiberichts, Sheriff.«
»Könnte ich Ihnen beschaffen – wenn Sie mir verraten, worum es eigentlich geht.«
»Ich halte es für möglich, daß der Tod der Parkers mit einem Mordfall, den ich bearbeite, zu tun hat.«
»Tatsächlich?« Arnette
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