Dunkle Herzen
die Lippen. »Versprochen.«
»Du hast mich in gar nichts hineingezogen. Ich fange eher an zu glauben, daß ich schon lange mittendrin gesteckt habe. Ich möchte endlich herausfinden, was mein Vater getan und was er nicht getan hat, und dann dieses
Kapitel abschließen. Vielleicht war das auch einer der Gründe, weswegen ich nach Emmitsboro zurückgekehrt bin.«
»Ich bin jedenfalls froh, daß du hier bist, egal aus welchen Gründen.«
»Ich auch.« Um die trübe Stimmung zu vertreiben, legte sie ihm die Hände auf die Schultern und begann, die verspannten Muskeln zu massieren, bis er zufrieden seufzte. »Allerdings wäre ich furchtbar enttäuscht, wenn du mich nicht an deiner Arbeit teilhaben lassen würdest. Wie soll ich sonst über alles, was in Emmitsboro vor sich geht, auf dem laufenden bleiben?«
»Ach so, du willst den neuesten Klatsch hören. Okay, heute nachmittag ist Less Gladhills Tochter an der Ecke Main/Dog Run ins Schleudern gekommen und hat Min Athertons Buick gestreift.«
»Genau das meinte ich.«
»Die Autos stauten sich vom einen Ende der Stadt zum anderen, und Min stand mit Plastikregenhut und weißen Gummistiefeln mitten auf der Kreuzung und leitete den Verkehr um.«
»Und dieses Schauspiel habe ich verpaßt!«
»Heirate mich, und du hast den Finger direkt am Puls von Emmitsboro.«
»Nun ja, vorher müßtest du aber eine Garage anbauen lassen.«
»Bitte?«
»Eine Garage«, murmelte sie, als sie sich über die Couchlehne beugte, um an seinem Ohrläppchen zu knabbern. »Ich brauche Platz zum Arbeiten, und mir ist inzwischen klargeworden, daß du nicht allzu begeistert wärst, wenn ich das Wohnzimmer benutze.«
Cam griff hinter sich, packte sie und zerrte sie über die Lehne, so daß sie auf ihm zu liegen kam. »Heißt das Ja?«
»Erst will ich die Pläne für die Garage sehen.«
»Also doch Ja.«
»Das war ein eventuelles Vielleicht«, stieß sie hervor, ehe sich sein Mund über den ihren senkte. Seine Hände
waren bereits emsig beschäftigt. Clare japste nach Luft und machte sich lachend los. »Ein Vorschlag zur Güte: Einigen wir uns auf ›wahrscheinlich‹.«
»Ich hätte gerne Kinder.«
Ihr Kopf fuhr hoch. »Jetzt sofort?«
Cam zog sie wieder zu sich herunter. »Wir können ja schon mal ein bißchen üben.«
DRITTER TEIL
Wer Verstand hat, der deute die Zahl des Tieres;
denn es ist die Zahl eines Menschen.
– Offenbarung –
Erstes Kapitel
In ihrem Beruf als Prostituierte war Mona Sherman eine Spitzenkönnerin. Seit ihrem vierzehnten Lebensjahr verdiente sie sich ihren Lebensunterhalt damit, ihren Körper zu verkaufen, und sie schmeichelte sich, daß Frauen ihres Gewerbes im Grunde genommen Dienst an der Gesellschaft leisteten. Sie war stolz auf ihre Arbeit und huldigte dem Grundsatz, daß der Kunde König war.
Wie ein Allroundtalent im Baseball war Mona überall einsetzbar und erfüllte für fünfundzwanzig Dollar pro Stunde jeden Wunsch. Egal, was verlangt wurde, Mona tat es, solange der Preis stimmte.
Auf ihre Weise betrachtete sie sich sogar als Feministin. Schließlich war sie eine selbständige Geschäftsfrau, die sich ihre Arbeitszeit nach Belieben einteilen konnte. Und mit den Erfahrungen, die sie auf der Straße gesammelt hatte, hätte sie ein ganzes Buch füllen können.
Mona hatte ein festes Revier und einen großen Teil Stammkundschaft, da sie eine umgängliche Frau war, die vor, während und nach der Transaktion gleichermaßen freundlich blieb. Nach zehn Jahren im horizontalen Gewerbe wußte sie um die Vorteile, die einem wohlwollende Kunden verschaffen konnten.
Sie mochte – unabhängig von Wuchs, Wesen und Wünschen – eigentlich alle Männer, mit einer Ausnahme: Cops. Schon allein den Anblick eines Gesetzeshüters haßte sie wie die Pest. Cops waren nur darauf aus, sie daran zu hindern, ihr tägliches Brot zu verdienen. Wenn sie dies unter Einsatz ihres Körpers tat, war das schließlich ihre Sache. Aber ein Cop beförderte sie dafür aus purem Spaß an der Freud hinter Schloß und Riegel. Einmal war Mona im Gefängnis von ihren Zellengenossinnen grün und blau geprügelt worden. Die Schuld an dem Zwischenfall lastete sie einzig und allein dem Cop an, der sie eingelocht hatte.
Deswegen griff sie ohne zu zögern zu, als man ihr das Hundertfache ihres üblichen Preises anbot, damit sie sich mit einem Cop traf und ihm eine Mischung aus Lügen und Wahrheit auftischte.
Die Hälfte des Geldes hatte sie im voraus erhalten, es wurde an ihre
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