Dunkle Herzen
sich selbst denken.«
»Trotzdem haben Sie mich angerufen?«
»Ja, weil mir die Sache nicht mehr aus dem Kopf ging. Ich konnte meinen Kunden nicht mehr meine ungeteilte … Aufmerksamkeit schenken.« Sie nahm einen tiefen Zug und ließ den Rauch wie ein Drache durch die Nasenlöcher entweichen. »Ich hab’ in der Zeitung gelesen, was mit Biff passiert ist. Ist mir schwer an die Nieren gegangen; daß er totgeprügelt worden ist, meine ich. Er hat sich mir gegenüber immer sehr großzügig gezeigt.«
»Jede Wette. Und?«
Wieder streifte Mona die Asche ab. Die Familie von vorhin kam zurück, kletterte in einen Kombi und fuhr in nördlicher Richtung davon. »Ich wollte ja gar nicht mehr daran denken, aber ich konnte nichts dagegen machen. Es erschien mir so ungerecht, daß der arme Biff so leiden mußte. Sie wissen sicher, daß er in ein paar üble Geschäfte verwikkelt war.«
»Welche Art von Geschäften?«
»Drogen.« Ohne ihn aus den Augen zu lassen, inhalierte
Mona langsam. »Ich sag’s Ihnen gleich, ich hab’ mit diesem Scheiß nichts am Hut. Ab und zu mal ein Joint, okay, aber keine harten Sachen. Ich hab’ zu viele Mädchen gesehen, die daran kaputtgegangen sind, und dazu ist mir mein Körper zu schade.«
»Der ist Ihr Kapital und als solcher ein Heiligtum, ich weiß. Worauf wollen Sie hinaus, Mona?«
»Biff hat immer mit seinen kleinen Nebenverdiensten angegeben, besonders wenn er, nun ja, befriedigt war. Offenbar hatte er in D.C. einen Verbindungsmann sitzen, einen Haitianer. Biff machte für ihn den Muli, also den Kurier.«
»Hat der Haitianer auch einen Namen?«
»Biff nannte ihn René. Muß ’ne große Nummer gewesen sein, hatte ein tolles Haus, schicke Autos und immer ’nen Haufen Klasseweiber um sich rum.« Sie hatte sich in Fahrt geredet. »Biff wollte es unbedingt auch soweit bringen. Er sagte, wenn er ein einziges Mal auf eigene Faust ein Ding drehen könnte, würde er René nicht mehr brauchen. Als ich ihn zum letztenmal sah, erzählte er mir, er wäre selbst groß eingestiegen und würde in Kürze eine Ladung erwarten, die er ohne René an den Mann bringen wollte. Dann hat er noch groß getönt, daß er mit mir nach Hawaii fahren würde«, fügte sie hinzu, ihrer Fantasie freien Lauf lassend. Eine Reise nach Hawaii war schon lange ihr Traum. »Ein paar Tage später les’ ich dann, daß er tot ist. Biff, meine ich.«
»Ja.« Cam musterte sie prüfend. »Warum rücken Sie damit erst jetzt heraus?«
»Wie ich schon sagte, ich bin kein großer Freund von Cops. Aber Biff war ein prima Kerl.« Um die Wirkung ihrer Worte noch zu verstärken, versuchte Mona, ein paar Krokodilstränen hervorzupressen, was ihr jedoch nicht recht gelingen wollte. »In der Zeitung stand auch, daß er ein Mädchen vergewaltigt und umgebracht haben soll, aber das leuchtet mir überhaupt nicht ein. Warum sollte Biff einen Teenager vergewaltigen, wenn er es sich leisten konnte, sich eine richtige Frau zu kaufen? Na, und da hab’ ich
mir überlegt, daß dieser René sie vielleicht beide umgelegt hat, und da Biff ein guter Kunde war und so, da dachte ich mir, das sollte ich jemandem sagen.«
Das klang alles sehr hübsch, fand Cam. Ausgesprochen plausibel. »Hat Biff mit Ihnen jemals über Religion gesprochen?«
»Religion?« Mona mußte ein Grinsen unterdrücken. Auf diese Frage hatte man sie vorbereitet und ihr die entsprechende Antwort eingeschärft. »Komisch, daß Sie mich das fragen. Dieser Bursche, dieser René, steckte bis zum Hals in so ’ner krankhaften Scheiße. Teufelsanbetung. Santa … Santer …«
»Santeria?«
»Genau, so nannte sich das. Santeria. Irgendein haitianischer Quatsch. Biff fuhr voll darauf ab. Fand es gruselig, und andererseits machte es ihn an. Ein paarmal brachte er schwarze Kerzen mit, und ich tat so, als wär ich ’ne Jungfrau. Fesselspielchen gehörten auch dazu.« Sie grinste. »Der Kunde kriegt das, wofür er bezahlt.«
»Natürlich. Hat er je davon gesprochen, es mit einer echten Jungfrau zu … probieren?«
»Die Jungfräulichkeit wird heutzutage stark überbewertet, Sheriff. Wenn ein Mann harte Dollars auf den Tisch legt, erwartet er eine Frau mit Erfahrung. Biff stand auf die ungewöhnlicheren Positionen. Eine echte Jungfrau würde einfach nur mit geschlossenen Augen daliegen. Nein, wenn ich Sie wäre, würde ich diesen René mal unter die Lupe nehmen.«
»Das habe ich auch vor. Halten Sie sich weiterhin zur Verfügung, Mona.«
»Hey.« Sie strich sich über die
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