Dunkle Küsse: Ein Vampirthriller (German Edition)
gerade oben an der Straße gesehen? Mit so einem großen Kerl? Du hast ihn voll erwischt. Mächtiger Schlag für so eine kleine Lady.«
Ich richte mich auf. »Er hat’s verdient, das Arschloch. Hält sich für Gott weiß wie toll. Glaubt, er könnte mich wie Dreck behandeln und ich würd mir das gefallen lassen. Ich brauch den Wichser nicht. Ich brauch überhaupt keinen.«
Ich lasse einen Hauch von Verzweiflung in meiner Tirade mitschwingen. Er hört ihn ganz genau heraus, und damit habe ich gerechnet. Leute wie der suchen stets nach einer Schwäche. Ganz gleich, ob Mensch oder Vampir, bei solchen Typen funktioniert das immer.
Sein Gesicht nimmt einen mitfühlenden Ausdruck an – man muss schon genau hinsehen, um die Wahrheit hinter der aufgesetzten Maske zu erkennen. Die Augen bleiben hart und kalt, doch die Stimme wird geradezu zärtlich. »Was kann ich denn für dich tun, Kleine? Du bist doch nicht zufällig hier runtergekommen. Kann ich dir helfen?«
Ich fange an, nervös herumzuzappeln. »Ich habe gehört, ich könnte hier kaufen, was ich brauche.«
Er legt den Kopf schief und macht schmale Augen. »Warum hier?«
Ich brause auf. »Warum hier? Gloria.« Ich spucke den Namen förmlich aus. »Die Bullen in meinem Viertel kennen mich. Die beobachten mich die ganze Zeit. Ich glaube, Davids Miststück, Gloria, hat mich verpfiffen. Sie will mich loswerden.« Ich schiebe eine Hand in die Hosentasche. »Ich habe Geld. Kannst du mir nun helfen oder nicht?«
Er streckt die Hand aus, damit ich nicht noch offensichtlicher werde. Er blickt sich um und sagt: »Immer mit der Ruhe, chica . Ich kann dir helfen. Komm mit zu meinem Zelt. Ein Mädchen sollte hier nicht mit Geld herumwedeln. Es gibt auch andere hier unten, die nicht so nett zu dir wären.«
Ich habe noch immer niemanden gesehen, außer den beiden Kindern. Trotzdem lasse ich meine Schultern betreten herabsinken. »Danke. Ich musste so was noch nie machen. Auf der Straße kaufen, meine ich.«
Er legt mir eine Hand auf den Arm, nimmt mich am Handgelenk und zieht mich sacht vorwärts, bis ich ihm zu dem Zelt am Ende der Reihe folge. Ich stolpere zum Schein, und er fängt mich auf und stützt mich mit einem Arm um die Schultern. Als er mich an sich zieht, spüre ich die Waffe, die unter dem übergroßen Westernhemd an seinem Hosenbund steckt.
Eine große Waffe.
Sein Arm bleibt um meine Schultern geschlungen, bis wir das Zelt erreichen. Der zweite Typ, den wir mit Guzman gesehen haben, steht wie ein Wachmann davor. Mein Begleiter wirft die Zeltbahn zurück, die als Tür dient, beugt sich vor und sagt etwas auf Spanisch.
Na toll. Warnt er Guzman, dass er jemanden mit hereinbringt, oder sagt er ihm, er solle auf mich schießen?
Er tritt ein. Wenn ich jetzt zögere, ist es vorbei. Ich wappne mich, mache mich bereit zur Verteidigung und trete geduckt in das Zelt.
Die Luft drinnen stinkt nach Marihuana und ungewaschenen Männern. Schlimmer noch, sie ist feucht wie in einem Dampfbad und ebenso warm. Meine Haut prickelt vor Abscheu.
Guzman sitzt im Schneidersitz auf der Pappe, die den Boden des Zeltes bildet. Meine Sorge, gleich von einem Kugelhagel empfangen zu werden, war völlig unbegründet. Er zeigt nicht das geringste Interesse an mir. Er hält ein Handy in der Hand und schaut immer wieder darauf hinab, als erwarte er einen Anruf.
Mein freundlicher Drogenhändler muss sich tief bücken, als er ganz nach hinten in das Zelt kriecht. Er greift in einen Rucksack und fragt über die Schulter hinweg: »Was ist dein Stoff?«
Ich zapple nervös und kratze mich an den Armen und an der Brust. Das typische Junkie-Jucken ist der Effekt, den ich erzielen will, doch die stickige Atmosphäre in dem Zelt lässt die Geste eher zu einem Schaudern werden.
Er beobachtet mich und lächelt wissend. »Aha, la chiva also.«
Heroin. Das Wort kenne ich.
Er wendet mir erneut den Rücken zu, als wollte er nicht, dass ich seinen Vorrat sehe, doch es ist offensichtlich, dass er etwas in ein Tütchen schüttet. »Hast du dein Besteck?«, fragt er über die Schulter. »Ich kann dir auch eine Nadel verkaufen.«
Er verschließt das Tütchen und schiebt den Rest zurück in den Rucksack. Als er sich zu mir umdreht, schüttele ich den Kopf. »Hab alles.« Ich schiebe die Hand in die Tasche. »Wie viel?«
Das Handy in Guzmans Hand schrillt laut. Er bedeutet uns, still zu sein, und klappt es auf. Er lauscht einen Moment lang, dann: »Estás seguro.« Wieder Schweigen. Dann spricht er
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